Carl von Gärtner (um 1799-1835)

Carl von Gärtner war ein deutscher Gitarrist und Kunstpfeifer. Er verkörperte den Typus des reisenden Virtuosen in der nachgiulianischen Ära.

Am Ende des 18. Jahrhunderts in Hessen-Kassel geboren, strebte er schon früh eine Karriere als Reisevirtuose an. Im Jahr 1817 begann er eine Tournee durch Europa und gab Konzerte in Italien, Frankreich, England, Dänemark, Schweden, Russland, Deutschland, Österreich und der Schweiz. 1819 war er der erste, der Mauro Giulianis Grand Concerto pour la Guitarre (op. 30) in Paris aufführte. Im selben Jahr spielte er in Kopenhagen vor Mitgliedern der königlichen Familie. 1820 unternahm er eine einjährige Konzertreise durch Schweden, die wesentlich zur Popularität der Gitarre in Schweden beitrug. In Finnland war er der erste Gitarrist, der ein öffentliches Konzert gab. Von Gärtner benutzte eine neue Methode zur Erzeugung künstlicher Flageoletts. 1824 beanspruchte er für sich, der Erfinder der neuen Flageolett-Technik zu sein. Von Gärtners Pionierleistung wurde bereits zu seinen Lebzeiten gewürdigt. Das Brockhaus-Konversationslexikon von 1827 nannte ihn einen der bekanntesten Gitarristen seiner Zeit und die Königliche Musikakademie in Stockholm verlieh ihm 1832 die Ehrenmitgliedschaft. 

Von Gärtner war seit 1831 mit der Sängerin Rosa Nerl verheiratet, mit der er auch gemeinsam auftrat. Seine Tätigkeit beschränkte sich auf das virtuose Konzertieren, das - Jahre vor Luigi Legnani - auch artistische Einlagen auf dem Instrument einschloss. Als Komponist blieb er unbedeutend. Nach seinem Tod 1835 geriet er bald in Vergessenheit.

1 Hessen-Kassel: Der Herkunftsort

"Die lange ersehnte Rückkehr des Churfürsten zu den biedern Hessen." Friedrich Campe. 1820.
"Die lange ersehnte Rückkehr des Churfürsten zu den biedern Hessen." Friedrich Campe. 1820.

Carl von Gärtner stammte aus der Landgrafschaft Hessen-Kassel. Möglicherweise wurde er in der Haupt- und Residenzstadt Kassel geboren. Die Quellenlage ist hier jedoch nicht eindeutig.

In den Konzertanzeigen, die er zwischen 1817 und 1820 veröffentlichte, bevorzugte von Gärtner die Herkunftsangabe "Hessen-Cassel". Eine Ausnahme bilden die Anzeigen, die der Gitarrist 1819 in Paris veröffentlichte. Hier gab von Gärtner an, aus "Cassel" zu stammen. Es ist anzunehmen, dass von Gärtner in Paris bewusst die Herkunftsangabe "Cassel" wählte, um auf französische Befindlichkeiten Rücksicht zu nehmen.

Das 1803 zum Kurfürstentum erhobene Hessen-Kassel wurde 1807 von Napoleon I. aufgelöst und dem neu gegründeten Königreich Westphalen zugeschlagen. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig ging das Königreich Westphalen unter. Das Kurfürstentum Hessen wurde restituiert und Kurfürst Wilhelm I. kehrte am 21. November 1813 unter dem Jubel der Bevölkerung nach Kassel zurück. Hätte von Gärtner als Herkunftsort "Hessen-Cassel" angegeben, wäre dies vom Pariser Publikum möglicherweise als Affront aufgefasst worden. Mit der neutralen Herkunftsangabe "Cassel" war er auf der sicheren Seite. Die Pariser Zeitung Le Camp-Volant gab von Gärtners Herkunft mit "Cassel en Westphalie" an und ließ damit keinen Verdacht aufkommen, dass sich die Herrschaftsverhältnisse in Kassel geändert haben könnten (CV 27/1819, S. 3). 

In seiner späteren Laufbahn bezog sich von Gärtner in der Öffentlichkeit nur noch selten auf seine Herkunft. Wenn er dies tat, gab er abwechselnd mal "Cassel", mal "Hessen-Cassel" als Herkunftsort an. Es ist davon auszugehen, dass er die Begriffe entsprechend dem damaligen Sprachgebrauch synonym verwendete. Mit "Cassel" war zu Beginn des 19. Jahrhunderts häufig die Landgrafschaft Hessen-Kassel gemeint.

Das Geburtsjahr Carl von Gärtners ist nicht bekannt. Man kann aber davon ausgehen, dass er kurz vor der Jahrhundertwende in Hessen-Kassel geboren wurde. Grundlage für die Datierung ist die Tatsache, dass er im Oktober 1817 als "junger Künstler" und im Februar 1819 als "noch sehr junger Mann" bezeichnet wurde. Von Gärtner wird also etwa achtzehn Jahre alt gewesen sein, als er seine Karriere als reisender Gitarrenvirtuose begann.

2 Venedig: Bildungs- und Studienaufenthalt

Der Dogenpalast in Venedig. Vedute von G. Migliara. 1815.
Der Dogenpalast in Venedig. Vedute von G. Migliara. 1815.

Über von Gärtners Kindheit und Jugend gibt es keine Quellen. Dennoch lassen sich einige Aussagen über seine Entwicklungsjahre machen.

Gegenüber dem Musikschriftsteller Georg Ludwig Peter Sievers (1775-1830) äußerte von Gärtner in Paris, er sei "in Venedig erzogen" worden und habe "auch dort seine musikalische Bildung erhalten" (AMZ 21/1819, Sp. 210). Tatsächlich finden sich in den vorliegenden Quellen biografische Bezüge zu Italien und insbesondere zu Venedig. So bezeichnete sich von Gärtner zu Beginn seiner musikalischen Laufbahn als "Professor der Tonkunst", eine in Italien übliche Bezeichnung für einen Berufsmusiker. Auch spielte er bevorzugt Werke italienischer Komponisten. Zu seinem Repertoire gehörten neben Kompositionen von Carulli, Giuliani und Molino eine Arie von Francesco Bianchi, Variationen von Angelica Catalani, ein sizilianisches Scherzando, venezianische Bagatellen, ein Lied der Gondoliere in Venedig und eine venezianische Cavatine. Vor dem Hintergrund eines Studienaufenthaltes in Venedig wird auch plausibel, warum der junge Carl von Gärtner die Laufbahn eines Reisevirtuosen einschlug und als Instrument die Gitarre wählte.

Trotz der biografischen Bezüge zu Italien ist gegenüber von Gärtners Behauptung, er sei "in Venedig erzogen" worden, eine gewisse Skepsis angebracht. Denn es gibt Textstellen, die darauf hindeuten, dass Venedig die erste große Station auf seiner Reise durch Europa war. In einer Konzertanzeige aus dem Jahr 1820 heißt es: "Herr v. Gaertner hat sich mit großem Erfolg in Venedig, Paris, London und Stockholm hören lassen" (Örebro Tidning 24/1820, S. 4 übers.). Und in einer posthum erschienenen Anzeige findet sich die Aussage, von Gärtner habe sich "in den größten Städten Deutschlands, Italien, Rußland, Schweden, sc. sc. hören“ lassen (Münchener Tagblatt 336/1835, S. 1468). In diesem Fall hätte er Venedig erst 1818 besucht und den dortigen Aufenthalt bei seiner Ankunft in Paris 1819 als Bildungs- und Studienaufenthalt verklärt. Um hier verlässliche Aussagen treffen zu können, bedarf es weiterer Quellen.

3 Dresden: Das erste Konzert

Das kleine Hoftheater in Dresden. Kolorierte Lithografie von C. H. Beichling. 1820.
Das kleine Hoftheater in Dresden. Kolorierte Lithografie von C. H. Beichling. 1820.

Historisch fassbar wird Carl von Gärtner erstmals im Jahr 1817, als er in Dresden im Rahmen einer Theateraufführung ein Gitarrenkonzert gab. Die Dresdner Abend-Zeitung berichtete in ihrer Ausgabe vom 3. Oktober über die Aufführung im Moretti-Theater: "Am 23. September. Der Spieler. Schauspiel in 5 Akten, von Iffland. Herr Reinecke vom Ständischen Theater in Prag, gab bei seiner Durchreise den Lieutenant Stern als Gastrolle. (...) Ein Herr C. Gärtner, welcher sich Churfürstl. Hessischer Professor der Tonkunst nannte, spielte im zweiten Akt eine Phantasie auf der Guitarre, und blies, wie der Anschlagzettel besagte, ein Flöten-Concert von Devienne ohne Instrument, indem er sich mit der Guitarre accompagnirte. Fertigkeit auf diesem so beschränkten Instrumente war ihm nicht abzusprechen, aber ohnerachtet mancher Sonderbarkeiten, die er darauf anbrachte; z. B. Spielen mit der linken Hand ohne Hülfe der rechten, Uebersetzen der letztren über die erste u. s. w. war ein reiner Geschmack in seinem Spiele nicht zu finden. Jenes Blasen ohne Instrument bestand nun überdies in einem bloßen Pfeifen, welches aber ohnerachtet dieser poetischen Umschreibung bei wahrhaften Kunstfreunden keinen Beifall finden konnte" (AZ 237/1817, S. 4). 

Von Gärtners Konzert bestand nur aus zwei Stücken, einer eigenen Fantasie und einem Flötenkonzert von François Devienne (1759-1803). Es diente als Pausenfüller zwischen dem zweiten und dritten Akt des Schauspiels "Der Spieler" (1796). Im Rahmen der Theateraufführung war es relativ unbedeutend. Dennoch erregte Carl von Gärtner mit seinem Konzertbeitrag mehr Aufmerksamkeit als Ludwig Reinecke, Sohn des berühmten Schauspielers Johann Friedrich Reinecke (1747-1787). Zwei Dinge zogen die Aufmerksamkeit der Kritiker auf sich: von Gärtners Akrobatik am Instrument und das künstlerische Pfeifen des Gitarristen.

Karl August Böttiger. Gemälde von G. von Kügelgen. 1812.
Karl August Böttiger. Gemälde von G. von Kügelgen. 1812.

Der Schriftsteller Karl August Böttiger (1760-1835) ging in seiner Theaterkritik ausführlich auf die musikalische Einlage ein. Er lobte die Fertigkeiten des jungen Gitarristen, bemängelte aber, dass "ein reiner Geschmack in seinem Spiele" fehle. Unter "Geschmack" verstand man damals "das Vermögen das Schöne zu empfinden" (Sulzer 1771, S. 461). "Der Künstler von Geschmack sucht jedem Gegenstand, den er bearbeitet, eine gefällige, oder der Einbildungskraft sich lebhaft darstellende Form zu geben" (ebd. S. 462), erklärte der Philosoph Johann Georg Sulzer (1720-1779). Genau diesen künstlerischen Anspruch vermisste Böttiger bei von Gärtner. Dessen Musik konnte ihm nicht gefallen, weil sie nicht im tiefsten Sinne schön war.

Von Gärtner präsentierte sich bei seinen Auftritten nicht als Künstler im üblichen Sinne, sondern vielmehr als Virtuose, der die Erwartungen, die an einen Künstler gestellt wurden, durch die Zurschaustellung seines Könnens übertreffen wollte. Statt das Publikum mit ausdrucksstarkem Spiel zu berühren, versuchte er es mit technischen Kunststücken und akrobatischen Einlagen in Staunen zu versetzen. Auch seine Pfeifdarbietung diente dazu, die Zuhörer zu verblüffen und Bewunderung für seine imitatorischen Fähigkeiten hervorzurufen. Emotional wurden die Zuhörer durch die Flötenimitation kaum berührt. Zumindest bei Böttiger hinterließ das "bloße Pfeifen" keinen bleibenden Eindruck.

Böttigers Kritik enthält neben dem sachlichen Urteil zwei bemerkenswerte biografische Details. Zum einen überrascht, dass Carl (von) Gärtner kein Adelsprädikat in seinem Namen führte. Die Vermutung liegt nahe, dass er sich das Adelsprädikat erst später zulegte. Zum anderen fällt auf, dass er sich als "churfürstl. hessischer Professor der Tonkunst" bezeichnete. Diese ungewöhnliche Selbstbezeichnung lässt sich am besten vor dem Hintergrund eines Italienaufenthaltes verstehen. Der Begriff "professore" wurde in Italien nicht nur als akademischer Titel, sondern auch als Bezeichnung für einen Berufsmusiker verwendet. Mit der selbst gewählten Bezeichnung wollte von Gärtner darauf hinweisen, dass er ein Berufsmusiker aus dem Kurfürstentum Hessen war. Beim Rezensenten löste der hochtrabende Titel verständlicherweise Befremden aus.

Carl Maria von Weber. Gemälde von T. Lawrence. 1814.
Carl Maria von Weber. Gemälde von T. Lawrence. 1814.

Auch Carl Maria von Weber (1786-1826), Musikdirektor der Deutschen Oper in Dresden, war von der Leistung des Gitarristen enttäuscht. Am 15. September hatte er einen Brief des jungen Musikers erhalten, vermutlich mit der Bitte, im Dresdner Hoftheater auftreten zu dürfen (vgl. WeGA, Tagebücher A060258). Am 1. Oktober besuchte er ein Konzert und vertraute seinem Tagebuch seine Enttäuschung an: "Concert des Herrn Gärtner. elend" (ebd. A060274). Zwei Tage später schrieb er an seine Verlobte, die in Prag engagierte Sängerin Caroline Brandt: "Abends in einem elenden Guittarre Concert" (WeGA, Korrespondenz A041322).

Weit weniger einfühlsam äußerte sich der Korrespondent des Berliner Volksblattes Der Gesellschafter über das Konzert. Er goss Häme über den "Herrn Professor" aus, der versprochen hatte, ein "Wunder-Conzert" zu geben (G 170/1817, S. 680). Die Diskrepanz zwischen der Selbstdarstellung des Virtuosen und seiner tatsächlichen Leistung nahm er zum Anlass, sich über von Gärtner lustig zu machen und seine Leser mit Spott und Schadenfreude zu unterhalten1.

4 Prag: Der Aufbruch zu einer langen Reise

Prag. Panoramagemälde von Christian Ezdorf. 1821.
Prag. Panoramagemälde von Christian Ezdorf. 1821.

Etwa Mitte Oktober verließ von Gärtner Dresden. Spätestens am 25. traf er in Prag ein. An diesem Tag gab er eine Anzeige auf, die zwei Tage später im Allgemeinen Intelligenzblatt zur Kaiserlich-Königlichen privil. Prager Zeitung erschien: "Carl Gärtner aus Hessen-Cassel, wird sich Donnerstag den 31. Oktober im k. k. privil. Redouten-Saale in einem Concert von Ferdinando Carulli, und einem von ihm selbst komponirten Solo, (theilweise ohne die rechte Hand gespielt) auf der Guitarre hören lassen. Aus besonderer Güte für den jungen Künstler wollen der Herr Doctor der Med. Franz Mertlick ein Adagio Concertante von Paolo Maschek mit Accompagnement des Forte-Piano, nebst einem Solo auf der von ihm selbst neu erfundenen Harmonica spielen, Demois. Nina Herbst den Taucher von Schiller declamiren und Demois. Hanner den Gesang übernehmen. Das Nähere werden die Anschlags-Zettel melden. Die Hälfte der Einnahme ist nach Abzug der Unkosten für das neue Armen-Haus bestimmt" (AIPZ 300/1817, S. 1243).

In Prag organisierte von Gärtner das Konzert, in dem er auftrat, selbst. Diese Praxis sollte er fortan beibehalten: In kleineren Städten versuchte er, mit ortsansässigen Amateuren ein gemeinsames Musikprogramm auf die Beine zu stellen. Wo dies nicht möglich war, trat er allein auf. In größeren Städten organisierte er Vokal- und Instrumentalkonzerte mit professionellen Solisten und Orchestermusikern. Die Konzertprogramme wurden meist kurzfristig zusammengestellt und nicht selten erst am Tag der Aufführung vollständig veröffentlicht.

In Prag hatte der junge Gitarrist das Glück, tatkräftige Unterstützer zu finden. In relativ kurzer Zeit stellte er ein beachtliches Programm auf die Beine. Der Prager Arzt Franz Mertlick, Vater des späteren Glasharmonikavirtuosen Anton Johann Mertlick (1803-1838), spielte zwei Stücke auf der Harmonika, darunter eine Komposition von Pavel Mašek (1761-1826). Er hatte die Harmonika zwar nicht neu erfunden, wie es in der Ankündigung hieß, aber er hatte sie wohl verbessert (vgl. AZ 188/1824, S. 752). Die junge Schauspielerin Nina Herbst trug gekonnt Schillers Ballade Der Taucher (1797) vor. Und die Amateursängerin Hanner stellte ihre Gesangskünste erneut in den Dienst der Wohltätigkeit (vgl. PZ 141/1817, S. 555).

Von Gärtner selbst führte im Prager Redoutensaal zwei Werke auf, seine Fantasie und das Concert pour la Guitarre, Deux Violons, Violoncelle et 2 Cors ad libitum (op. 8) von Ferdinando Carulli. Das Gitarrenkonzert trat an die Stelle der Pfeifdarbietung und entsprach sicher mehr dem allgemeinen Bedürfnis nach schöner Musik als die virtuose Flötenimitation. Nach dem Konzert kam es zu einer ungewöhnlichen Geste. Von Gärtner spendete die Hälfte des Konzerterlöses dem Prager Armenhaus. Vermutlich war die Zusage dieser Spende eine nicht unwesentliche Bedingung für die Mitwirkung der Solisten.

Als von Gärtner Prag verließ, brach er zu einer großen Europareise auf. Anfang 1819 sollte er in Paris eintreffen. Auf welchem Weg er nach Paris gelangte, ist bis heute nicht geklärt. Möglicherweise reiste er über Venedig und Oberitalien nach Frankreich. Dafür spricht, dass von Gärtner einmal Venedig vor Paris, London und Stockholm als erste Station seiner Europareise nannte. Denkbar ist auch, dass er durch deutsche Provinzen nach Frankreich reiste. Für die zweite Hypothese spricht, dass von Gärtner fast immer Paris als erste und wichtigste Station seiner Europareise angab. Vermutlich betrachtete er die Zeit vor seinem Frankreichaufenthalt eher als Vorbereitungsphase denn als Teil einer groß angelegten Konzertreise.

5 Paris: Die Gelegenheit, sich einen Namen zu machen

Plan des Hôtel des Menus-Plaisirs in der Rue Bergère in Paris. 1780.
Plan des Hôtel des Menus-Plaisirs in der Rue Bergère in Paris. 1780.

Ab Januar 1819 hielt sich Carl von Gärtner in Paris auf. Spätestens seit dieser Zeit führte er das Adelsprädikat in seinem Namen. Georg Ludwig Peter Sievers, der Korrespondent der Allgemeinen musikalischen Zeitung, meldete seine Ankunft in der Weltstadt: "Ein Herr Carl von Gärtner, aus Cassel gebürtig, der, wie es heisst, ein grosser Guitarrenspieler seyn soll, ist ebenfalls in Paris angekommen und wird sich am siebenten Februar im Saale der Menus-Plaisirs hören lassen. Hier, wo man täglich einen Carulli, Plouvier, Meissonnier in Gesellschaften hört, wo der gewaltige Sore noch fortwährend in Andenken lebt und wo es überdem fast in jedem Hause einen höchst geübten Dilettanten auf der Guitarre giebt, wird er mit bedeutenden Schwierigkeiten zu kämpfen haben" (AMZ 21/1819, Sp. 118). 

In Paris agierte von Gärtner deutlich professioneller als zuvor. Er versuchte, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zu ziehen. Dementsprechend investierte er mehr Zeit und Geld in die Selbstvermarktung und betrieb einen größeren Aufwand bei der Vorbereitung seines Konzerts. Zwischen dem 27. Januar und dem 7. Februar schaltete er mindestens neun Anzeigen in regionalen und überregionalen Zeitungen2. Als Veranstaltungsort wählte er den kleinen Saal der Menus-Plaisirs du Roi in der Rue Bergère.

Der Ort war nicht zufällig gewählt. Das Hôtel de Menus-Plaisirs, das ursprünglich eine Art Lagerhaus war, in dem das Material für die Feste des Hofes aufbewahrt wurde, beherbergte die Königliche Musik- und Schauspielschule. Von Gärtner konnte hier Schüler des Konservatoriums ansprechen und talentierte junge Musiker als Solisten für sein Konzert gewinnen. Fast zwei Wochen dauerte es, bis das Programm stand3Am 7. Februar erschien es auf der Titelseite des Journal général de France:

Journal général de France Nr. 1600. 7. Februar 1819. S. 1.
Journal général de France Nr. 1600. 7. Februar 1819. S. 1.

"Kleiner Saal der Menus Plaisirs du Roi, Faubourg Poissonnière, Rue Bergère.

Heute findet von 2 bis 4 Uhr nachmittags ein großes Vokal- und Instrumentalkonzert zugunsten von Herrn Charles de Gaertner aus Kassel, einem Virtuosen auf der Gitarre, statt.

PROGRAMM.

Erster Teil. - Symphonie von Crommer; eine Szene aus Dido, gesungen von Mademoiselle Keyfer [sic]; großes Gitarrenkonzert, begleitet von einem großen Orchester, komponiert von Mauro Giuliani, in Wien, op. 30, zum ersten Mal aufgeführt von Herrn Charles de Gaertner; Pot-pourri für das Violoncello, komponiert von Bernard Romberg, aufgeführt von Herrn Pelletier.

Zweiter Teil. - Fragment einer Symphonie von L. Beethoven; Klavierkonzert, komponiert von Fild [sic], aufgeführt von Herrn Herz junior; gepfiffener Unfug, ohne Instrument, begleitet auf der Gitarre, komponiert und aufgeführt von Herrn Charles de Gaertner (nach wiederholten Aufforderungen); Oboenvariationen, komponiert und aufgeführt von Herrn Brod; das Gebet der Vestalin von Spontini, gesungen von Mademoiselle Keyfer; Fantasie für Gitarre allein, in der mehrere neue Erfindungen angewandt werden, komponiert und aufgeführt von Herrn Charles de Gaertner.

Das Orchester wird von Herrn Banman geleitet.

Eintrittskarten sind erhältlich bei den Herren Carli, Boulevard Montmartre, Nr. 14; Hentz Jouve, Palais-Royal, Nr. 96, Galerie de Pierre, und in der Rue Bergère, Faubourg Poissonnière, Nr. 3" (JGF 1600/1817, S. 1 übers.).

Das Programm hatte von Gärtner, dem Anlass entsprechend, umgestaltet. Im ersten Teil des Konzerts erklang das Grand Concerto pour la Guitarre (op. 30) von Mauro Giuliani. Das Konzert war die perfekte Visitenkarte, um sich als Gitarrenvirtuose einem anspruchsvollen Publikum zu präsentieren. Von Gärtner war der erste, der das Werk in Paris spielte. Er selbst wies in seinem Programm auf die Uraufführung hin. Im zweiten Teil präsentierte er sich als Kunstpfeifer und Gitarrenakrobat mit eigenen Kompositionen. Die Pfeifdarbietung stellte er als musikalischen Scherz und seine Gitarrenkunststücke als spieltechnische Neuerungen dar. 

Die Kritik, die drei Tage später im Journal de Paris erschien, war vernichtend: "Herr Charles de Gaërtner, der sich selbst bescheiden als Virtuose auf der Gitarre bezeichnet, hat im kleinen Saal der Menus-Plaisirs ein Konzert gegeben. Die französische Höflichkeit verbietet es uns, die Gründe zu nennen, warum wir ihm den Titel eines Virtuosen streitig machen, aber als wir ihm zuhörten, erinnerten wir uns an den Satz, den Silvia in der Komödie Les Jeux de l'Amour et du Hasard an Dorante richtet: In Ihrem Land ist man ein Mann von Verdienst zu einem günstigen Preis. Herr Gaërtner hatte in seinem Programm angekündigt, er müsse einen Unfug aufführen und sich dabei auf der Gitarre begleiten. Dieser Unfug, der diesen Namen in der Tat verdient, ist nichts anderes als ein mit dem Mund gepfiffenes Konzert. Die Neuheit dieses Schauspiels [spectacle] war zunächst erstaunlich, aber die Zuschauer machten nicht mit, und Herr Gaërtner wurde von ihnen weder in der Terz noch in der Quinte begleitet. Die Pfeife ist ein Instrument, das noch nicht in Konzerten verwendet wird, aber um ihren Gebrauch durchzusetzen, würden ein paar Musiker von der Stärke des Herrn Gaërtner genügen" (JP 41/1819, S. 2 übers.).

Dass der Verfasser der Rezension nicht um eine differenzierte und ausgewogene Beurteilung des Konzerts bemüht war, erschließt sich dem Leser sofort. Obwohl sich von Gärtner in der Konzertankündigung als Gitarrenvirtuose vorgestellt hatte, beurteilte der Autor seine Leistung als Kunstpfeifer. Das leicht abgewandelte Zitat aus der Komödie von Pierre Carlet de Marivaux (1688-1763) nutzte er pointiert, um sich über von Gärtners vermeintliche Virtuosität und die in seinem Land geltenden Qualitätsmaßstäbe lustig zu machen. Gleichwohl erkannte er einen Schwachpunkt des Konzerts. Von Gärtner bot dem Publikum, zumindest im zweiten Teil des Konzerts, ein Spektakel, ein Schau-Spiel, bei dem nicht die Musik, sondern er selbst als Akteur im Mittelpunkt stand. Spektakulär war von Gärtners Interaktion mit dem Konzertpublikum. Der junge Musiker brach mit den Konventionen des Konzertlebens, indem er die Zuhörer aufforderte, ihre passive, rezeptive Rolle aufzugeben und aktiv an seinem Konzert teilzunehmen. Er veräußerlichte die Musik zu etwas, das man zwar mitmachen, aber nicht innerlich genießen konnte.

Die ehemalige École royale de musique et de déclamation (1816-1831) in Paris.
Die ehemalige École royale de musique et de déclamation (1816-1831) in Paris.

Im Gegensatz zu seinem französischen Kollegen verfasste der Musikschriftsteller Georg Ludwig Peter Sievers (1775-1830) eine differenzierte Kritik, die einen tieferen Einblick in das Konzertgeschehen bot: "Der Guitarrist, Hr. Carl von Gärtner, aus Cassel gebürtig, der, nach seiner eigenen Aussage, in Venedig erzogen worden und auch dort seine musikalische Bildung erhalten, hat am siebenten Februar im Saale der Menus-Plaisirs du Roi sein angekündigtes Concert gegeben. Da sich in diesem Gebäude zugleich die königliche Musikschule befindet, so betrachten die Zöglinge des Conservatoriums, die hier auf ihrem eigenen Grund und Boden zu seyn glauben, jedes in demselben gegebene Concert als eine Mine, deren Ausbeute ihnen allein zugehört. Daher wird das Orchester bey dergleichen Concerten gewöhnlich bloss aus diesen Zöglingen gebildet. Ein deutsches Publicum, nach Paris versetzt, würde dabey nichts verlieren, denn diese französischen Musik-Zöglinge könnten viele deutsche Musikmeister in die Lehre nehmen. Nicht so die Pariser Liebhaber: diesen, an den Vortrag des italienischen Orchesters gewöhnt, geht dabey vieles an ihrem gewohnten Vergnügen ab. Hr. Carl von Gärtner, ein noch sehr junger Mann, scheint mir unter allen Guitarre-Künstlern, die ich habe öffentlich spielen hören, der erste, der vollendetste zu seyn: um sich von den Schwierigkeiten, die er auf seinem Instrumente besiegt, einen richtigen Begriff zu machen, muss man sie gehört, oder vielmehr auf dem Papiere gesehen haben. Nichts destoweniger hat das Spiel desselben, besonders sein von dem ganzen Orchester begleitetes, übrigens sehr brav gesetztes Giardini‘sches Concert unbefriedigt gelassen: die Summe des physischen Tons einer Guitarre ist zu gering, als dass er einen grossen Saal auszufüllen vermöchte. Nach diesem Concerte hat Hr. v. G. Variationen geblasen - mit seinem eignen Munde, ein Unternehmen, welches ihm, trotz der Vollendung, welche er dabey gezeigt, nichts als ein schaales Bonmot eingebracht hat; er habe sich selbst ausgepfiffen, meynte ein Witzling. Mich hat dabey nur das Einzige gewundert, dass der Künstler von Anfang bis zu Ende im Verhältnisse zu der begleitenden Guitarre zu tief gepfiffen hat. Eine Vergleichung zwischen Hrn. v. G. und dem hiesigen Carulli anzustellen, ist mir nicht wol möglich, da ich letztern nie öffentlich und nie so grosse Schwierigkeiten vortragen gehört habe. Ich glaube aber, Hr. v. G. dürfte auf keine Weise dabey verlieren" (AMZ 21/1819, Sp. 210f.). Sievers ging auch auf die Leistungen der Solisten ein. Scharf kritisierte er die Leistung der jungen Gesangssolistin Kaiffer, der er vorwarf, nicht singen zu können (ebd. Sp. 211). Umso mehr lobte er den etwa zwanzigjährigen Cellisten Pelletier, der "auf seinem Instrumente eine so wunderbare Vollendung, ein so gemüthvolles ... Spiel" zeige (ebd. Sp. 212).

Ohne die tonal unstimmige Pfeifdarbietung zu verschweigen, setzte sich Sievers ausführlich mit von Gärtners Gitarrenspiel auseinander. Sein Lob, von Gärtner sei von allen Gitarristen, die er gehört habe, der vollendetste, war sicher ehrlich gemeint. Es bezog sich aber nur auf dessen technische Fähigkeiten. Das Gitarrenspiel selbst hatte Sievers unbefriedigt gelassen, weil der Klang des Instruments den Raum nicht auszufüllen vermochte. Mit dieser wohlwollenden Kritik, die sich mehr gegen das Instrument als gegen den Spieler richtete, konnte von Gärtner zweifellos zufrieden sein. In der Gitarrenmetropole Paris nutzte sie ihm allerdings wenig. Die Kritik erschien am 31. März in Leipzig.

Carl von Gärtner war nach Paris gegangen, um sich als Gitarrist einen Namen zu machen. Mit seinem Auftritt in den Menus-Plaisirs war ihm das nicht gelungen. Vielleicht konnte er mit Giulianis Gitarrenkonzert op. 30 punkten. Die Sympathien des Publikums verspielte er jedoch mit seinem musikalischen Unfug. Die Tagespresse reagierte mit Hohn und Spott. Auch musste er sich mit Ressentiments auseinandersetzen, die ihm als Zugereisten entgegengebracht wurden. Dennoch war der Paris-Aufenthalt nicht umsonst. Bei der Planung und Durchführung des Konzerts hatte von Gärtner wichtige praktische Erfahrungen gesammelt. Er hatte Kontakte zu jungen Talenten und angehenden Berufsmusikern geknüpft und gelernt, ein großes Konzert mit Orchester und fünf Solisten zu organisieren. Wohl auch deshalb bezeichnete er sich später als Schüler des Königlichen Musikkonservatoriums in Paris. Wie lange von Gärtner in der Seinemetropole blieb, ist nicht überliefert. Sicher ist, dass er die Stadt spätestens Mitte 1819 wieder verließ.

6 London: Zwischenstation

Die Waterloo Bridge in London. Gemälde von C. Deane. 1821.
Die Waterloo Bridge in London. Gemälde von C. Deane. 1821.

Von Frankreich aus reiste Carl von Gärtner mit dem Schiff nach Dänemark und Schweden. Einen Zwischenstopp legte er in London ein. Der Aufenthalt in London ist durch zwei Zeitungsanzeigen belegt, die von Gärtner aufgab. In der Örebro Tidning vom 17. Juni 1820 heißt es: "Herr v. Gaertner hat sich mit großem Erfolg in Venedig, Paris, London und Stockholm hören lassen" (ÖT 24/1820, S. 4 übers.). Und die Wiener-Zeitung berichtete am 19. März 1824: "Carl von Gärtner, kürzlich von seiner Kunstreise, aus Paris, durch England, Dänemark, Schweden und Rußland, in Wien angekommen" (WZ 65/1824, S. 288). Quellen, die über von Gärtners London-Aufenthalt nähere Auskunft geben könnten, sind bisher nicht bekannt. Es ist anzunehmen, dass sich der deutsche Gitarrist im Sommer 1819 in der englischen Hauptstadt aufhielt. Vermutlich wurde er dort von spanischen Gitarristen zu einem Fandango mit Trommelimitation inspiriert, den er im winterlichen Schweden uraufführen sollte. 

Mit der Schiffsreise nach Skandinavien nahm von Gärtners Europareise klare Konturen an. London markierte den westlichsten Punkt seiner Reise.

7 Kopenhagen: Ein königliches Konzert

Das Königliche Theater in Kopenhagen, 1837.
Das Königliche Theater in Kopenhagen, 1837.

Anfang bis Mitte Oktober traf von Gärtner in Kopenhagen ein. Er fand eine Wohnung am Frederiksholms Kanal 243, eine ideale Lage, um das Zentrum der Stadt zu erkunden.

In der dänischen Hauptstadt bereitete er ein großes Vokal- und Instrumentalkonzert vor. Das Konzert sollte am 31. Oktober im Königlichen Theater am Kongens Nytorv stattfinden. Vom 23. bis zum 29. Oktober schaltete er täglich eine Anzeige in der wichtigsten Kopenhagener Tageszeitung Kiøbenhavns Kongelig alene priviligerede Adressecomptoirs Efterretninger (KAE 251/1819, S. 1f.; 252/1819, S. 1; 253/1819, S. 1; 254/1819, S. 1; 255/1819, S. 1f.; 256/1819, S. 2). Bei der Zusammenstellung des Konzertprogramms wurde er von Mitgliedern der königlichen Kapelle und den königlichen Sängerinnen Løffler und Zrza unterstützt. Vier Tage vor der Aufführung stand das Programm fest:

Kiøbenhavns Adressecomptoirs Efterretninger Nr. 254. 27. Oktober 1819. S. 1.
Kiøbenhavns Adressecomptoirs Efterretninger Nr. 254. 27. Oktober 1819. S. 1.

"Konzert.
Mit königlicher allergnädigster Erlaubnis wird der Unterzeichnete die Ehre haben, am Sonntag, den 31. Oktober, abends um 7 Uhr im königlichen Theater ein großes Vokal- und Instrumentalkonzert unter Leitung von Ritter Hr. Professor, Musikdirektor und Konzertmeister Schall, und unterstützt von der königlichen Kapelle und den königlichen Sängerinnen Frl. Zrza und Løffler, mit folgendem Inhalt aufzuführen:
Erster Teil.
1) Ouvertüre zu Die zwei Tage, von Cherubini.
2) Arie von F. Paer, gesungen von Frl. Zrza.
3) Konzert für Gitarre, komp. von Carulli, mit Begleitung des Orchesters, aufgeführt vom Unterzeichneten.
4) Duett von Mozart, gesungen von Frl. Løffler und Zrza.
5) Concertino, das der Unterzeichnete ohne Instrument mit dem Munde bläst und auf der Gitarre begleitet, komponiert vom Unterzeichneten (ein Scherz).
Zweiter Teil.
1) Ouvertüre zu Eine Torheit von Mehul.
2) Konzert für Klarinette in f-Moll, komponiert von Crusell, gespielt von Hrn. Petersen.
3) Fantasie sentimentale für Gitarre solo, teilweise ohne Einsatz der rechten Hand gespielt, komponiert vom Unterzeichneten.
4) Arie von Hrn. Kuhlau, gesungen von Frl. Løffler.
5) Siciliana und Polonaise in e-Moll und A-Dur mit Begleitung des ganzen Orchesters, komponiert von M. Giuliani, vorgetragen vom Unterzeichneten.
Karten, sowohl für ganze Logen als auch für einzelne Plätze, sind täglich von 8 Uhr morgens bis 4 Uhr am Nachmittag zu den üblichen Preisen bei Hrn. Kassierer Gall, wohnhaft in der Pilestræde Nr. 124, erhältlich. 

Carl von Gaertner, aus Hessen-Kassel" (KAE 254/1819, S. 1 übers.).

Claus Nielsen Schall. Gemälde von Louis A. F. Aumont.
Claus Nielsen Schall. Gemälde von Louis A. F. Aumont.

Die floskelhafte Einleitung der Anzeige stammte nicht aus von Gärtners Feder, sondern war die Standardformulierung für Konzertankündigungen des Königlichen Theaters. Trotz der phrasenhaften Formulierung muss es für den jungen Gitarristen aus Hessen-Kassel tatsächlich eine "Ehre" gewesen sein, mit der Königlichen Kapelle zu musizieren. Wie kam es zu dieser Ehre?

Eine mögliche Erklärung ist, dass es in Kopenhagen kaum Konzertangebote für Gitarrenliebhaber gab und von Gärtner mit seinem Angebot genau zur rechten Zeit kam. Zwar gab es im Musikalienhandel Gitarrennoten und ein von Frederik Wolf Carl Pedersen (1778-1854) herausgegebenes Journal før Guitarre (vgl. KAE 77/1819, S. 3), aber als konzertantes Instrument war die Gitarre im öffentlichen Konzertleben so gut wie nicht präsent. Die einzige Ausnahme bildeten die Konzerte des Geigers und Gitarristen Frederik Carl Lemming (1782-1846), der am 11. Februar und 8. Mai 1818 im Königlichen Theater Solo-, Kammermusik- und Orchesterwerke für Gitarre aufführte (vgl. KAE 33/1818, S. 1; KAE 105/1818, S. 1). Eine andere mögliche Erklärung ist, dass der Bruder des Musikdirektors, der Gitarrist Peder Schall (1762-1820), sich für den jungen von Gärtner einsetzte und ihn förderte. Für die zweite Hypothese spricht eine Danksagung von Gärtners an seine Förderer und Unterstützer kurz vor seiner Abreise.

Wilhelmine Rosine Funck (geb. Løffler). Gemälde von J. A. Bech. 1823.
Wilhelmine Rosine Funck (geb. Løffler). Gemälde von J. A. Bech. 1823.

Der musikalische Rahmen des Gitarrenkonzerts ließ keine Wünsche offen. Die Qualität der Königlichen Kapelle, die unter der Leitung von Claus Nielsen Schall (1757-1835) zu einem der führenden Orchester Europas geworden war, stand außer Frage. Gesangliche Glanzpunkte setzten die königlichen Sängerinnen Løffler und Zrza.

Die Schauspielerin und Sängerin Wilhelmine Rosine Løffler (1795-1848) debütierte am 29. Mai 1815 als Caroline in Marsolliers Singspiel Alexis. Ab 1819 war sie fest am Königlichen Theater engagiert. Den Quellen zufolge verfügte sie über einen schönen, gut ausgebildeten Sopran, den sie mit musikalischem Feingefühl einsetzte. Der Fabrikant und Buchverleger Francis James Zachariae (1852-1936) äußerte sich lobend über ihr Gesangstalent: "Frl. Løffler hatte eine zu kleine Gestalt, war aber von ihrem Wesen her anmutig und verstand es, Gefühl sowohl in ihr Spiel als auch in ihren Gesang zu legen, und erregte in der Oper große Bewunderung. Ihr Gesang war sicher, ihre Stimme weich und biegsam" (Zachariae 1917, S. 126 übers.).

Eleonora Zrza. Lithografie von Wilhelm H. M. Heuer. 1833.
Eleonora Zrza. Lithografie von Wilhelm H. M. Heuer. 1833.

Die Schauspielerin und Sängerin Eleonora Zrza (1797-1862) debütierte am 25. April 1816 als Charlotte in Weyses Singspiel Sovedrikken und erhielt 1817 ein festes Engagement am Königlichen Theater. Als Schauspielerin konnte sie laut Zachariae nicht überzeugen: "Fräulein Eleonore Zrza machte sofort, sobald sie auf der Bühne erschien, einen günstigen Eindruck durch ihre gute Figur und ihr lebhaftes Gesicht mit den dunklen Augen, aber ihre dramatische Trägheit, ihr völliger Mangel an schauspielerischer Begabung, zerstörte ebenso schnell die Sympathie, die ihr Auftreten hervorgerufen hatte" (ebd. S. 128). Als Sängerin hingegen war sie eine tragende Säule der dänischen Oper. Ihre Stimme entwickelte sie zu einer Perfektion, die in Dänemark bis dahin unbekannt war: "Mit ihrer prächtigen Stimme, einem Sopran von ungewöhnlicher Höhe und Klangfülle, gab sie ihr Bestes. Und die Energie, die sie nicht aufwenden wollte, um 'sich zu produzieren', setzte sie für ihren Gesang ein und brachte sie dazu, als Koloratursängerin das bis dahin Unerhörte zu leisten" (ebd.).

Von Gärtner hatte sich sorgfältig auf das Konzert vorbereitet. Er spielte alle Stücke, die er seit Paris in seinem Repertoire hatte. Auch bei der Programmgestaltung hatte er sich Mühe gegeben. Sein Programm wirkte runder und seriöser als zuvor in Paris. Am Anfang und am Ende des Gitarrenprogramms standen die Konzerte von Carulli und Giuliani. Die schwächeren Eigenkompositionen waren in der Mitte platziert. Sie erhielten einen seriöseren Anstrich, indem sie dem Publikum als "Concertino" und "Fantasie sentimentale" vorgestellt wurden. Es ist davon auszugehen, dass von Gärtner auch auf der Bühne vollen Einsatz zeigte, denn Mitglieder der königlichen Familie waren zu seinem Konzert gekommen.

Von Gärtners Auftritt im Königlichen Theater war offensichtlich ein Erfolg. Zeitungen in ganz Dänemark - in Aarhus, Odense, Ribe und Aalborg - berichteten über das Konzert. Die Berichte gaben jedoch im Wesentlichen nur den Inhalt des Konzertprogramms wieder4. Exemplarisch sei hier aus Fyens Stifts Kongelig allene privilegerede Adresse-Avis zitiert: "Am Sonntag, den 31. Oktbr., gab Herr Carl v. Gaertner von Hessen-Kassel, unterstützt von der königl. Kapelle, ein großes Konzert im Königl. Theater zur größten Zufriedenheit des Publikums. Mit einer ausgezeichneten, bisher hierzulande unbekannten Fertigkeit spielte er sogar ein ganzes, von Curelli [sic] komponiertes Konzert auf der Gitarre. Dieses Instrument wird im Allgemeinen als eines der einfachsten angesehen, was es im Grunde auch ist, wenn es nur zur Begleitung von Liedern verwendet wird; aber so, wie es von Hrn. Gaertner behandelt wird, der die schwierigsten Passagen auf ihm ausführt, wie auf einer Harfe, gehört es sicherlich zu einem der schwierigsten. Mit Bewunderung sah man ihn viele Dinge tun, ohne die rechte Hand zu benutzen. Mit dem Munde blies er auch ein Concertino zum Vergnügen der Zuhörer" (FSA 149/1820, S. 595 übers.).

 Frederik VI. und Königin Marie mit den Prinzessinnen Caroline und Wilhelmine. Gemälde von C. W. Eckersberg. 1821.
Frederik VI. und Königin Marie mit den Prinzessinnen Caroline und Wilhelmine. Gemälde von C. W. Eckersberg. 1821.

Der Erfolg des Konzerts entsprach wohl dem, was sich Gärtner zu Beginn seiner langen Reise erhofft hatte. Dass aber Mitglieder der königlichen Familie sein Konzert besuchten, war mehr, als er erwartet hatte. Und so schrieb er am 27. Dezember, kurz vor seiner Abreise aus der dänischen Hauptstadt, eine Dankesbotschaft an alle, die ihn gefördert und unterstützt hatten: "Nachdem der höchste Wunsch sich vor Ihre Mäjestäten hören lassen zu dürfen, allergnädigst Endesunterzeichneten gewähret wurde, und nun seine Zeit hier um ist; so erstattet er durch dieses allen seinen Freunden, die so angenehm den Aufenthalt in Copenhagen ihm versüßten, seinen innigsten Dank, und sagt Ihnen ein herzliches Lebe wohl! Carl von Gaertner, Guitarriste" (KAE 305/1819, S. 1).

Ungewöhnlich und Ausdruck persönlicher Dankbarkeit: Von Gärtner ließ den Text in deutscher Sprache auf der Titelseite der Adressecomptoirs Efterretninger veröffentlichen. Mit gestärktem Selbstvertrauen konnte er nun seine Reise fortsetzen. Von Dänemark aus setzte er nach Schweden über. 

8 Schweden: Die erste nationale Tournee

Am 7. Januar 1820 kam von Gärtner in Helsingborg an (vgl. Inrikes Tidningar 8/1820, S. 1). Zu dieser Zeit war die Gitarre in Schweden noch nicht sehr bekannt. Vor 1814 wurde sie in den schwedischen Zeitungen kaum erwähnt. Ab 1814 erschienen dann, wenn auch selten, Anzeigen, in denen Gitarrenunterricht, Musikalien oder Gitarren angeboten wurden. Gelegentlich wurde die Gitarre auch als Begleitinstrument in Veranstaltungshinweisen erwähnt. Die meisten dieser Anzeigen wurden in Stockholm geschaltet, so dass man davon ausgehen kann, dass sich in der Hauptstadt bereits vor 1820 eine kleine Gitarrenszene gebildet hatte. Diese Vermutung wird durch die Auswertung zeitgenössischer Konzertberichte gestützt.

Die erste Erwähnung der Gitarre im Zusammenhang mit einem öffentlichen Konzert erfolgte am 26. November 1814 in der Malmö Tidning. In einem Instrumental- und Vokalkonzert des Waldhornisten H. J. Tengwall wurde eine Gitarre verwendet, wahrscheinlich als Begleitinstrument zum Gesang (vgl. MT 47/1814, S. 3). Als Konzertinstrument tauchte die Gitarre dann 1819 in den Konzerten des königlichen Kammermusikers J. G. Mayer auf. Der Harmonikavirtuose führte am 17. April im großen Saal der Stockholmer Börse ein Rondo für Harmonika und Gitarre auf (vgl. DA 85/1819, S. 1; 86/1819, S. 2; 87/1819, S. 2). Am 24. Juli spielte er sowohl das Rondo als auch andere Stücke für Harmonika und Gitarre in Bloms großem Saal in Göteborg. Der konzertierende Gitarrist war Carl Fredrik Braunstein (vgl. GT 81/1819, S. 3; GP 59/1819, S. 4).

Ebenfalls als Gitarrist tätig war der aus Rathenow stammende Friedrich Wilhelm Hildebrand (1785-1830), der 1816 als Konzertmeister an die Königliche Hofkapelle in Stockholm berufen wurde (vgl. Sparr 1997). Er veröffentlichte die ersten in Schweden komponierten Gitarrenwerke: Verschiedene Tänze und ein Marsch für die Guitarre (1818) und Sex Swenska Folk-Wisor satta för Guitarre (1819)5. Am 14. Dezember 1819 trat er als Gitarrist in einem Konzert des Königlichen Kammermusikers Megelin in der Stockholmer Börse auf. Er spielte Andante und Polonaise für Flöte und Gitarre von Joseph Küffner (DA 287/1819, S. 2; 288/1819, S. 3; 289/1819, S. 2; 290/1819, S. 2 übers.).

Vor von Gärtners Ankunft in Schweden gab es nur wenige öffentliche Auftritte professioneller Gitarristen. Kein Gitarrist hatte je eine Tournee durch das Land unternommen. Für den Deutschen war dies ein ideales Umfeld, um als Gitarrist auf sich aufmerksam zu machen, aber auch um sich als aufstrebender Virtuose weiterzuentwickeln und sein Können ohne Konkurrenzdruck unter Beweis zu stellen.

8.1 Malmö, Linköping und Norrköping

Das Rathaus von Malmö am Stortorget. Zeichnung von L. Messmann. 1859.
Das Rathaus von Malmö am Stortorget. Zeichnung von L. Messmann. 1859.

Von Helsingborg aus machte sich von Gärtner auf den Weg nach Stockholm. Zunächst fuhr er an der Küste entlang nach Süden. In Lund und Malmö gab er zwei Anzeigen auf, die am 12. Januar in Lunds Weckoblad und am 15. Januar in Malmö Tidning erschienen. Er kündigte ein "vollstimmiges Instrumental-Konzert" an, das am 17. Januar im St. Knuts-Saal in Malmö stattfinden sollte. Der prunkvolle Knutssaal befand sich im zweiten Stock des Malmöer Rathauses. Er erinnerte an den Spiegelsaal im Schloss von Versailles und war Schauplatz besonderer Feste und Bälle. Auf dem Programm standen ein Gitarrenkonzert, ein gepfiffenes Concertino mit Gitarrenbegleitung und mehrere Solostücke für Gitarre. Weitere Inhalte des Konzertes sollten durch Aushänge bekannt gegeben werden (vgl. LW 2/1820, S. 3; MT 2/1820, S. 3). 

Von Malmö aus reiste von Gärtner in nordnordöstlicher Richtung nach Linköping. Dort ging er genauso vor wie in Malmö. Am 2. Februar erschien seine Anzeige im Linköpings Bladet, am 5. gab er im Versammlungssaal der Stadt ein Instrumentalkonzert (vgl. LB 9/1820, S. 3). Seine Reise war ganz auf Effizienz ausgerichtet. Von Gärtner bemühte sich, die Aufenthalte in den kleineren Orten so kurz wie möglich zu halten und die winterliche Strecke nach Stockholm so schnell wie möglich zurückzulegen.

Das Rathaus am Tyska Torget in Norrköping. Foto um 1895.
Das Rathaus am Tyska Torget in Norrköping. Foto um 1895.

Spätestens am 7. Februar traf er in der Industriestadt Norrköping ein. Am 9. Februar veröffentlichte er in der Zeitung Norrköpings Tidningar das Programm für ein großes Instrumentalkonzert. Das Konzert hatte er zusammen mit dem örtlichen Leihbibliothekar, Amateurfagottisten und -flötisten G. R. Tengwall6 organisiert. Es sollte am 13. Februar im oberen Saal des Rathauses stattfinden.

Das in kurzer Zeit zusammengestellte Programm konnte sich sehen lassen. Offensichtlich nutzte man in Norrköping die Ankunft des Virtuosen, um das örtliche Musikleben zu beleben: "Erste Abteilung. 1) Ouvertüre; 2) Flöten-Konzert von Hugott, ausgeführt von einem Amateur; 3) Konzert für Gitarre von Giullani, mit Begleitung des Orchesters, ausgeführt von Herrn Gärtner; 4) Flöten-Duette, ausgeführt von einem Amateur und Herrn Tengwall; 5) Fantasie für Gitarre solo, komponiert und ausgeführt von Herrn Gärtner. Zweite Abteilung: 6) Fagott-Konzert von Stumpf, ausgeführt von Herrn Tengwall; 7) Concertino, gepfiffen, mit Begleitung der Gitarre, komponiert und ausgeführt von Herrn Gärtner; 8) Fagott-Konzert von Winter, ausgeführt von Herrn Tengwall; 9) Polonaise für Gitarre von Carulli, mit Begleitung des Orchesters, ausgeführt von Herrn Gärtner; 10) Finale" (NT 11/1820, S. 3 übers.). 

8.2 Stockholm

Die Börse am Stortorget in Stockholm. Foto: Okänd. 1896. Stockholms stadsmuseum.
Die Börse am Stortorget in Stockholm. Foto: Okänd. 1896. Stockholms stadsmuseum.

Von Norrköping aus reiste von Gärtner weiter nach Stockholm, dem eigentlichen Ziel seiner Schwedenreise. In der Hauptstadt bereitete er ein großes Instrumental- und Vokalkonzert vor. Das Konzert sollte im Festsaal der Börse am Stortorget stattfinden. Am 7. und 8. März kündigte er die Veranstaltung ohne nähere Angaben in Stockholms Dagligt Allehanda für Samstag, den 11. März, an (vgl. DA 55/1820, S. 2; DA 56/1820, S. 2). Die Ankündigung war etwas verfrüht, da das Konzert wegen "zwischenzeitlicher Hindernisse" nicht stattfinden konnte (DA 57/1820, S. 2 übers.). Von Gärtner verlegte den Termin auf Dienstag, den 14. März.

Am 10., 11., 13. und 14. März schaltete er weitere Anzeigen, in denen er das Programm sukzessive vorstellte. Einen Tag vor der Aufführung stand es fest (DA 58/1820, S. 2-3; DA 59/1820, S. 3; DA 60/1820, S. 2; DA 61/1820, S. 2). Neu war, dass von Gärtner in seinen Konzertankündigungen nicht mehr auf seine Herkunft aus Hessen-Kassel hinwies, sondern sich werbewirksam als "der kürzlich eingetroffene Gitarrenspieler" vorstellte:

Stockholms Dagligt Allehanda Nr. 61. 14. März 1820. S. 2.
Stockholms Dagligt Allehanda Nr. 61. 14. März 1820. S. 2.

"Mit allerhöchster Genehmigung wird am heutigen Dienstag, den 14. März, im großen Börsen-Saal, mit geneigter Unterstützung der Königl. Hof-Kapelle, ein vollstimmiges Instrumental- und Vokal-Konzert zugunsten des kürzlich eingetroffenen Gitarren-Spielers Herrn Carl von Gaertner veranstaltet, bei welchem folgende Stücke zur Aufführung gelangen werden. Erste Abteilung: 1) Ouvertüre von Rossini. 2) Konzert für Gitarre, komponiert von Carulli, aufgeführt von Hrn. v. Gaertner, mit Begleitung des Orchesters. 3) Arie von Paer, gesungen von Mademoiselle Wässelius. 4) Fantasie sentimentale, für Gitarre solo, aufgeführt von Hrn. v. Gaertner, teilweise ohne den Gebrauch der rechten Hand. Zweite Abteilung: 5) Ouvertüre von Winter. 6) Concertino, komponiert und aufgeführt von Hrn. v. Gaertner, bei dem er ohne Instrument mit dem Munde bläst, mit Begleitung der Gitarre. 7) Andante und Polonaise für Violoncello, komponiert von Bernhard Romberg, aufgeführt von Herrn Löwe. 8) Siciliana und Polonaise mit Begleitung des Orchesters, komponiert von M. Giuliani, aufgeführt von Hrn. v. Gaertner. Der Saal wird um halb sieben geöffnet, das Konzert beginnt um halb acht - Die Karten werden zum Preise von 1 Rd. Banko das Stück im Opern-Keller, sowie in der Musikalienhandlung des Herrn Östergrén in der Stora Nygatan und am Eingang zum Konzert verkauft“ (DA 61/1820, S. 2 übers.).

Innenansicht des Großen Saals im Börsengebäude. Foto: Okänd. 1896. Stockholms stadsmuseum.
Innenansicht des Großen Saals im Börsengebäude. Foto: Okänd. 1896. Stockholms stadsmuseum.

Von Gärtner war es gelungen, zwei professionelle Solisten für sein Konzert zu gewinnen, die Sängerin Jeanette Wässelius und den Cellisten Eduard Löwe.

Jeanette Wässelius (1784-1853) galt als eine der Besten ihres Fachs. Die Schriftstellerin Marianne d'Ehrenström (1773-1867) war voll des Lobes: "Mademoiselle Jeannette Wässelius war eine Schülerin von Madame Desguillons, deren Sensibilität und theatralische Gewandtheit sie nachahmte. Sie war eine ebenso gute Schauspielerin wie eine bezaubernde Sängerin. Der Umfang ihrer Stimme, die stets vom Ausdruck belebt wurde, war von hinreißender Schönheit und verlieh ihr tausend Reize in Armide - Sargine, Romeo und Julia, im Schloß von Montenero usw." (Ehrenström 1826, S. 36 übers.). 

Über Eduard Löwe (1778-1822) ist dagegen wenig bekannt. Er trat 1813 in Göteborg in mehreren Konzerten als Solist auf. Am 1. September 1815 wurde er als Cellist an der Königlichen Hofkapelle in Stockholm angestellt (vgl. Dahlgren 1866, S. 543)7Man kann also davon ausgehen, dass sich sein Spiel durch ein hohes künstlerisches Niveau auszeichnete. Gleiches kann für das Orchesterspiel der Königlichen Hofkapelle angenommen werden.

Von Gärtner wiederholte das Programm, das er im Königlichen Theater in Kopenhagen gespielt hatte. Die Resonanz auf das Konzert scheint positiv gewesen zu sein. Zum einen wurde das Konzert am 29. März in der Pariser Gazette de France erwähnt (vgl. GF 89/1820, S. 349). Zum anderen fühlte sich von Gärtner ermutigt, eine Tournee durch Schweden zu unternehmen. Drittens erregte er die Aufmerksamkeit von Dorotea Anna Josefina von Engeström (1803-1823), der Tochter des schwedischen Außenministers Graf Lars von Engeström (1751-1826). Die 16-jährige Grafentochter war eine Schülerin von Friedrich Wilhelm Hildebrand. Hildebrand widmete ihr sein erstes in Schweden komponiertes Gitarrenwerk Verschiedene Tänze und ein Marsch für die Guitarre (1818). Auch von Gärtner unterrichtete sie für kurze Zeit. Auch er widmete ihr sein erstes Gitarrenwerk.

8.3 Uppsala, Gävle, Falun, Västerås, Örebro und Karlstad

Das Gustavianum an der Akademigatan in Uppsala. Foto um 1870.
Das Gustavianum an der Akademigatan in Uppsala. Foto um 1870.

Ende März, Anfang Mai verließ von Gärtner die Hauptstadt und reiste in Richtung Norden nach Uppsala. Am 6., 10. und 13. Mai kündigte er in der Upsala Tidning ein Konzert für den 14. Mai an. Das Konzert sollte im Auditorium Gustavianum, dem Hauptgebäude der Universität Uppsala, stattfinden. Weitere Informationen über das Konzert wollte er durch Aushänge bekannt geben (vgl. UT 45/1820, S. 180; 46/1820, S. 184; 47/1820, S. 188).

In Uppsala traf von Gärtner den Theologen und Naturforscher Samuel Ödmann (1750-1829), der in einem Brief über die Begegnung berichtete: "Wir haben nun den Virtuosen Gaertner hier. Gestern Nachmittag machte er mir das Vergnügen, bei mir zu Hause auf seiner Gitarre (Citthra) zu spielen. Ich war ganz erstaunt, was man auf einem so unbedeutenden Instrument, das man gewöhnlich nicht zu hören bekommt, alles machen kann. Besonders unterhaltsam fand ich den berühmten Fandango, über den ich viel gelesen hatte, und das wunderbare Lied der Gondolieri in Venedig ..." (Sparr 1997 übers.). 

Von Uppsala aus reiste von Gärtner weiter nach Norden, nach Gävle. Die kleine Hafenstadt am Bottnischen Meerbusen bildete den nördlichsten Punkt seiner Europareise. In Gävle gab von Gärtner am 21. und 28. Mai zwei Vokal- und Instrumentalkonzerte. Die Konzerte kündigte er jeweils einen Tag vorher im Wecko-Blad Från Gefle an. Veranstaltungsort war der Festsaal des neuen Gymnasiums und Schulhauses (vgl. WG 21/1820, S. 3; 22/1820, S. 4).

In Gävle wandte sich von Gärtner nach Westen. In der alten Bergbaustadt Falun gab er am 4. Juni im Speichersaal ein Vokal- und Instrumentalkonzert. Den Termin hatte er einen Tag zuvor im Fahlu Weckoblad angekündigt (vgl. FW 12/1820, S. 3).

Weiter ging es in südsüdöstlicher Richtung nach Västerås. In der am Nordufer des Mälarsees gelegenen Stadt organisierte von Gärtner innerhalb kürzester Zeit ein weiteres Konzert. Am 9. Juni kündigte er das Konzert in der Westerås Stads Och Läns Tidning an, am 10. fand es im Versammlungssaal der Stadt statt (vgl. WSL 23/1820, S. 4).

Danach führte ihn seine Reise wieder nach Westen. In Örebro, einer Handelsstadt am See Hjälmaren, investierte von Gärtner nun etwas mehr Zeit und Mühe in die Vorbereitung seiner Konzerte. Am 17. kündigte er in der Örebro Tidning für den 19. Juni ein Gitarrenkonzert mit Orchester an. Werbewirksam wies er auf die Stationen seiner Europareise hin: "Herr v. Gaertner hat sich mit großem Erfolg in Venedig, Paris, London und Stockholm hören lassen" (ÖT 24/1820, S. 4 übers.). Das Konzert sollte im großen Versammlungssaal der Stadt stattfinden. Ein weiteres Konzert kündigte er für den Mittsommertag am 23. Juni auf dem Adolfsberg an (vgl. ÖT 25/1820, S. 4).

Von Örebro aus ging es weiter in westlicher Richtung nach Karlstad. In der Stadt am Nordufer des Vänern wohnte von Gärtner am 3. Juli bei einer Frau Hellström (vgl. CT 28/1820, S. 9). Am 15. kündigte er in der Carlstads Tidning an, dass er am Sonntag, dem 16. Juli, im Säulensaal des Freimaurerhauses ein Konzert geben werde. Die Einzelheiten des Konzerts sollten durch Aushänge bekannt gegeben werden (vgl. CT 28/1820, S. 2-3). 

8.4 Göteborg

Das Theater an der Södra Hamngatan auf einer Zeichnung von etwa 1814.
Das Theater an der Södra Hamngatan auf einer Zeichnung von etwa 1814.

Entlang des Värnernsees reiste von Gärtner nach Göteborg und erreichte die Hafenstadt Anfang August. In der Hoffnung, wieder vor einem größeren Publikum auftreten zu können, organisierte er ein Vokal- und Instrumentalkonzert im Theater an der Södra Hamngatan. Das Theater fasste knapp 1300 Zuschauer.

In der Zeit vom 11. bis zum 15. August schaltete von Gärtner sechs Anzeigen in den Zeitungen Götheborgs Tidningar, Götheborgs Allehanda und Aftonbladet, um auf sein Konzert aufmerksam zu machen (vgl. GT 92/1820, S. 2; GA 96/1820, S. 2; A 90/1820, S. 3; A 91/1820, S. 3; GT 93/1820, S. 2; GA 97/1820, S. 2). Nach und nach nahm das Programm Gestalt an. Am Tag des Konzerts stand es fest:

"Heute, Dienstag den 15., wird im großen Theater von Herrn Carl v. Gaertner, mit geneigter Unterstützung der Herren Amateure, ein vollstimmiges Vokal- und Instrumentalkonzert mit folgenden Stücken aufgeführt: erste Abteilung 1) Ouvertüre, aus Demophon von Vogel. 2) Großes Konzert für Gitarre von Mauro Giuliani, ausgeführt von C. v. Gaertner, mit Begleitung eines großen Orchesters. 3) Arie von Generali, gesungen von Frau Sevelin. 4) Duetto für Gitarre und Violine von Carulli, ausgeführt von Herrn Braunstein und Herrn v. Gaertner. Zweite Abteilung, 5) Ouvertüre aus der Oper Lodoiska von Kreutzer. 6) Duett für 2 Flöten, von Leonard de Call, ausgeführt von zwei Herren Amateuren. 7) Fantasie sentimentale für Gitarre solo, komponiert und ausgeführt von Herrn v. Gaertner, teilweise ohne Gebrauch der rechten Hand. 8) Finale. Die Preise für die ersten Plätze sind 1 Rd. und für die übrigen 32 ß. Banko die Karte, und werden verkauft in der Wohnung des Herrn v. Gaertner im Blom'schen Haus, Zimmer 38, von 8 bis 13 Uhr und von 14 bis 16 Uhr, sodann am Eingang zum Konzert, welches pünktlich um 19 Uhr beginnt" (GA 97/1820, S. 2 übers.).

Anna Sophia Sevelin um 1815.
Anna Sophia Sevelin um 1815.

An von Gärtners Konzert wirkten neben zahlreichen Amateuren auch zwei professionelle Solisten mit: Anna Sophia Sevelin (1790-1871) und Carl Fredrik Braunstein (1793-1845).

Anna Sophia Sevelin von der Königlichen Oper in Stockholm war eine der bedeutendsten Sängerinnen ihrer Zeit (vgl. CT 27/1814, S. 8)Der Schriftsteller Nils Arfvidsson (1802-1880) hob ihre Bedeutung für die schwedische Oper in den 1820er Jahren hervor: "Frau Sevelin, geb. Thunberg, die tugendhafte und angesehene Gattin des Komödianten Sevelin, war die Primadonna der Gesangsszene der 20er Jahre. In ihrer äußeren Erscheinung hatte sie etwas Ehrliches, Bescheidenes, aber sehr Prosaisches und wenig Erfreuliches, obwohl sie nicht wirklich hässlich war, aber sie hatte etwas an sich, das zwar die gebührende Wertschätzung ihrer Person nicht schmälerte, aber ihre Leistung als Bühnenkünstlerin erheblich beeinträchtigte. Ihre Stimme war ein hoher und kräftiger Sopran, sehr geübt - sie war lange Zeit unsere einzige Koloratursängerin -, aber sie muss schon früh in der Arie der Sternenkönigin in der 'Zauberflöte' gebrochen sein und hatte viel an Frische und Ton verloren, Eigenschaften, die sie in ihrer Jugend in hohem Maße besessen haben soll" (Arfvidsson 1885, S. 56f. übers.). Die Sängerin war kurz vor dem 9. August 1820 mit dem Schiff in Göteborg angekommen und von Gärtner nutzte die Gelegenheit, um sie für sein Konzert zu gewinnen8.

Carl Fredrik Braunstein war als Violinist, Oboist und Gitarrist in Göteborg tätig. Im Jahr 1815 verdiente er seinen Lebensunterhalt als Gitarrenlehrer (vgl. GT 120/1815, S. 4; GT 122/1815, S. 4). Ab 1816 gab er regelmäßig Vokal- und Instrumentalkonzerte, in denen er als Violinist (vgl. GT 20/1816, S. 2; GT 27/1819, S. 2; GT 20/1820, S. 3) oder als Violinist und Oboist (vgl. GT 25/1817, S. 2) auftrat. Außerdem wirkte er bei mehreren Konzerten als Gastviolinist mit. 1819 war Braunstein einer der ersten in Schweden, der die Gitarre als Konzertinstrument auf die Bühne brachte (vgl. GT 81/1819, S. 3; GP 59/1819, S. 4)Im Vergleich zu den Gastauftritten war Carl von Gärtners eigener Beitrag zum Konzert eher bescheiden. Er spielte drei Stücke. Auf das obligatorische Pfeifen verzichtete er zugunsten eines gemeinsamen Auftritts mit Carl Fredrik Braunstein. Beide spielten ein Duo für Violine und Gitarre von Ferdinando Carulli. 

8.5 Kristianstad, Karlskrona und Norrköping

Nur wenige Tage nach dem Konzert verließ von Gärtner Göteborg. Er beschloss, in einem großen Bogen südlich der Küste entlang nach Stockholm zurückzukehren. Auf seiner Reise wurde er zumindest teilweise von einem Amateursänger begleitet. Dieser wird in den Quellen zwar erst gegen Ende der Reise erwähnt. Da aber alle Konzerte auf dem Weg von Göteborg nach Stockholm als Vokal- und Instrumentalkonzerte geplant und durchgeführt wurden, ist es nicht abwegig anzunehmen, dass er von Anfang an dabei war.

Der Weg führte zunächst in südsüdöstlicher Richtung nach Kristianstad. In der ehemals dänischen Festungsstadt kündigte von Gärtner am 26. August seine Ankunft und die Absicht an, demnächst ein Konzert zu geben (CW 34/1820, S. 4 übers.). Innerhalb weniger Tage organisierte er ein Vokal- und Instrumentalkonzert, das am 2. September im Saal des Freimaurerhauses stattfand. Das Programm veröffentlichte er am Tag der Aufführung in der Lokalzeitung Christianstads Wecko-Blad: "Erste Abteilung: 1. Ouvertüre von Winter. 2. Großes Konzert für Gitarre von Mauro Giuliani, ausgeführt von Hrn. v. Gaertner, mit Begleitung eines großen Orchesters. 3. Waldhorn-Quartett von C. H. Kunze. 4. Arie von Bianchi, gesungen von Hrn. v. Gaertner. Zweite Abteilung: 5. Fantasie Sentimentale für Gitarre-Solo, komponiert und ausgeführt von Hrn. v. Gaertner, teilweise ohne Gebrauch der rechten Hand. 6. Pot-Pourri für Violoncello von B. Romberg. 6. [sic] Polonaise für Gitarre, komponiert von Ferdinando Carulli, ausgeführt von Hrn. v. Gaertner, mit Begleitung des Orchesters" (CW 35/1820, S. 3 übers.).

Unterstützt wurde von Gärtner von zahlreichen Amateuren, die nicht nur das Orchester bildeten, sondern auch als Solisten auftraten. Von Gärtner spielte drei Stücke aus seinem Repertoire und sang entgegen seiner sonstigen Gewohnheit eine Arie von Francesco Bianchi (1752-1810). Für diese Gesangseinlage muss es einen besonderen Grund gegeben haben. Möglicherweise war der Sänger, der von Gärtner begleitete, ausgefallen und der Gitarrenvirtuose sprang kurzerhand ein. 

Von Kristianstad aus ging es weiter in Richtung Osten nach Karlskrona. In der Inselstadt organisierte von Gärtner erneut ein Vokal- und Instrumentalkonzert mit Orchester. Am 9. September kündigte er das Konzert im Carlscrona Wekoblad an: "Am Sonntag, d. 10. Sept. 1820, wird im unteren Saal des Kellermeisters Harms von Herrn Carl von Gaertner, mit geneigter Unterstützung der Herren Mitglieder des Musikvereins, ein vollstimmiges Vokal- und Instrumental-Konzert aufgeführt werden, in welchem er sich auf der Gitarre mit einem von einem vollstimmigen Orchester begleiteten karullischen Konzert und einigen seiner eigenen Kompositionen hören lassen wird. Die übrigen Stücke, die ausgeführt werden sollen, werden durch Aushänge bekannt gegeben" (CW 72/1820, S. 2 übers.).

Der Saltängstorget in Norrköping um 1840. Lithografie von F. Södergren.
Der Saltängstorget in Norrköping um 1840. Lithografie von F. Södergren.

Von Karlskrona aus reiste von Gärtner in Richtung Norden nach Norrköping. In der ihm bereits vertrauten Stadt bereitete er sein letztes Vokal- und Instrumentalkonzert auf schwedischem Boden vor. Das Programm wurde am 27. September in der Norrköpings Tidningar veröffentlicht: "Erste Abteilung: 1) Ouvertüre aus der Oper Demophon von Vogel. 2) Großes Gitarrenkonzert von Ferdinando Carulli, ausgeführt von Herrn von Gärtner, mit Begleitung des Orchesters. 3) Kavatine von Roßina [sic], gesungen von einem Amateur, der mit Herrn von Gärtner hierher kam. 4) Duett für Flöte und Gitarre, ausgeführt von einem Amateur, sowie Herrn von Gärtner. 5) Fandongo [sic] für Gitarre mit Imitation der Basstrommel [Tambourin des Baße], komponiert und ausgeführt von Herrn von Gärtner. Zweite Abteilung: 6) Symphonie von Haydn. 7) Concertino, gepfiffen, mit Gitarrenbegleitung, komp. und ausg. von Herrn v. Gärtner. 8) Venezianische Bagatellen für drei Gitarren, ausgeführt von einem Amateur und Herrn Tengwall mit Herrn von Gärtner. 9) Concertante für Violine und Gitarre, komponiert von Molino, ausgeführt von einem Amateur mit Herrn von Gärtner. 10) Finale von Mozart" (NT 77/1820, S. 1-2 übers.). Das Konzert fand am folgenden Tag im örtlichen Theater statt.

Vergleicht man dieses Konzert mit dem ersten, das er in Norrköping gegeben hatte, so wird deutlich, wie sehr sich von Gärtner in Schweden als Gitarrist weiterentwickelt hatte: 1. Hatte von Gärtner das Konzert im Februar noch gemeinsam mit dem Amateurfagottisten G. R. Tengwall organisiert, so war er diesmal alleiniger Veranstalter. Tengwall wirkte bei einem Stück als dritter Gitarrist mit. 2. Hatte das erste Konzert noch im Rathaussaal stattgefunden, so konnte von Gärtner nun den größten Saal der Stadt nutzen. Das im Empirestil erbaute Theater am Saltängstorget bot Platz für etwa 300 Personen. 3. Hatte von Gärtner bei seinem ersten Konzert vier Gitarrenstücke gespielt, so waren es nun sechs. Er hatte sein Repertoire um einen Fandango und drei Kammermusikstücke erweitert, die er mit einheimischen Amateuren aufführte. 

8.6 Stockholm

Ch. de Gaertner: Six Laendlers pour la Guitare. Op. 1. Stockholm 1821.
Ch. de Gaertner: Six Laendlers pour la Guitare. Op. 1. Stockholm 1821.

Ende September brach von Gärtner von Norrköping nach Stockholm auf, wo er laut Stockholms Dagligt Allehanda am 5. Oktober eintraf (vgl. DA 237/1820, S. 1). In der Hauptstadt trat er nicht mehr öffentlich auf. Stattdessen verabschiedete er sich von seiner Schülerin Dorotea von Engeström mit einem Geschenk, den Six Laendlers pour la Guitare.

Es ist anzunehmen, dass von Engeström die kurzen Ländler bereits als Manuskript vorlagen. Die gefälligen, mit zahlreichen Vortragsbezeichnungen versehenen kleinen Stücke dienten vermutlich didaktischen Zwecken. Vor allem das Flageolettspiel wurde geübt. Von Gärtner ließ die Ländler bei dem deutschen Lithografen Carl Müller drucken. Sie erschienen erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1821. Am 19. September 1821 kündigte die Steindruckerei das Erscheinen von "Six Laendlers (Walser)" in Stockholms Dagligt Allehanda an (DA 219/1821, S. 3). Weitere Anzeigen erschienen bis 1825 in Norrköping, Linköping, Uppsala, Falun, Karlstad, Nyköping, Gävle und Kristianstad9. 

Einen dieser "Walzer" nahm Hildebrand in die erste Ausgabe seiner Zeitschrift Journal för Guitarre auf (vgl. Jacobsson 2015). Er stellte ihn am 28. März 1822 in der Post- och Inrikes Tidningar vor: "Da die Gitarre in Schweden in letzter Zeit immer bekannter und beliebter geworden ist, dachte ich mir, dass eine sorgfältig zusammengestellte Sammlung von Musik für dieses Instrument für dessen Freunde sehr willkommen wäre" (PIT 73/1822, S. 8 übers.). Zur wachsenden Popularität der Gitarre hatte vor allem Carl von Gärtner mit seinen Konzertreisen beigetragen. 1832 wurde er zum Ehrenmitglied der Stockholmer Musikakademie ernannt (vgl. Augsburger Tagblatt 75/1832, S. 302; Friedens- u. Kriegs-Kurier 317/1832, S. 4). Die Ehrenmitgliedschaft war ein spätes Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung seiner Leistungen. Von Gärtner hatte aber nicht nur das Instrument in Schweden bekannt gemacht, sondern auch sich selbst als Gitarrist weiterentwickelt, indem er sein musikalisches Repertoire erweiterte, pädagogische Methoden im Gitarrenunterricht anwandte und sich mit dem Verkauf eigener Kompositionen ein weiteres Standbein schuf.

9 Turku: Erster öffentlicher Auftritt eines Gitarristen in Finnland

Mitte Oktober 1820 verließ von Gärtner Stockholm und reiste über die Ostsee nach Turku, schwedisch Åbo, im russischen Großherzogtum Finnland. Hatte es in Schweden zumindest in Stockholm eine kleine Gitarrenszene gegeben, so war Finnland zu dieser Zeit ein gitarristisches Niemandsland.

Der Dom von Turku. Aquarell von C. L. Engel. 1814.
Der Dom von Turku. Aquarell von C. L. Engel. 1814.

In der Turkuer Zeitung Åbo Allmänna Tidning wurde die Gitarre vor 1820 kaum erwähnt. Am 3. Dezember 1814 wurde in einer privaten Anzeige erstmals eine Gitarre zum Verkauf angeboten: "Eine größere Gitarre in gutem Zustand steht im Nordenswan'schen Hof an der Slottsgatan zum Verkauf" (Beilage zur ÅT 142/1814, S. 1 übers.). In den Ausgaben vom 14. und 24. Oktober 1815 finden sich Anzeigen eines französischen Schriftstellers und Sprachlehrers, der in Finnland oder Russland eine Stelle als Hauslehrer oder Gesellschafter bei "Personen von Ansehen" suchte. Er unterrichtete unter anderem "Musik, & das Zupfen der spanischen Gitarre" (Beilage zur ÅT 120/1815, S. 2; 124/1815, S. 2 übers.). Ein Jahr später, am 10. Dezember 1816, suchte eine "Ausländerin" mit Kenntnissen der deutschen und französischen Sprache und der Fähigkeit, "Klavier- und Gitarrenunterricht mit Gesangsbegleitung" zu erteilen, in der Stadt eine Anstellung als Gouvernante für "junge Frauenzimmer von Stand" (Beilage zur ÅT 146/1816, S. 2 übers.). Etwa zur gleichen Zeit, ab dem 19. Dezember 1815, bot der aus Dömitz stammende Friedrich Anton Meyer (1771-1831) in seiner Buchhandlung in Turku "Musikalien für Forte-Piano, Violine, Gitarre, Flöte" an (ÅT 148/1815, S. 4 übers.; vgl. ÅT 123/1816, S. 4). Das Notenmaterial stammte aus den Verlagen Bureau de Musique und Breitkopf & Härtel in Leipzig (vgl. Beilage zur ÅT 148/1819, S. 2). Schließlich findet sich in der Ausgabe vom 30. April 1818 die Anzeige, dass in der "Buchhandlung an der Brücke" eine "gute Gitarre" zu verkaufen sei (vgl. Beilage zur ÅT 49/1818, S. 1). Damit sind alle wichtigen Ereignisse in Bezug auf die Gitarre in Turku vor 1820 weitgehend beschrieben. Die Quellen belegen, dass zumindest in den höheren Gesellschaftsschichten ein gewisses Interesse am Gitarrenspiel bestand.

Als von Gärtner am 28. Oktober 1820 in der Zeitung Åbo Tidningar ein Gitarrenkonzert mit Orchester ankündigte, war das ein Novum in der größten Stadt Finnlands: "Am Dienstag, den 31. Oktober, wird im großen Gesellschaftssaal von Herrn Carl von Gaertner mit geneigter Unterstützung der Herren Amateure ein vollstimmiges Vokal- und Instrumentalkonzert aufgeführt, zu welchem Karten zu 2 Rubel Banco Assign. oder 1 R:dl. Sw. B:co im Logis des Herrn v. Gaertner im Gesellschaftshause, im Keller der Gesellschaft, beim Konditor Solta und am Eingang verkauft werden. Die Stücke, die aufgeführt werden sollen, werden durch besondere Aushänge bekanntgegeben" (ÅT 84/1820, S. 3 übers.). Es ist nicht schwer zu erraten, welche Stücke von Gärtner am 31. Oktober in Turku spielte: die konzertanten Werke von Giuliani und Carulli, seine Fantasie sentimentale und als mögliches viertes Stück entweder das gepfiffene Concertino oder den Fandango. 

Unter den Zuhörern im Saal befand sich auch der finnische Erzbischof Jacob Tengström (1755-1832), der zu den Gründungsmitgliedern der Musikgesellschaft gehörte. Der Musikhistoriker Jukka Savijok hat herausgefunden, dass Tengström am 1. November, also am Tag nach dem Konzert, einen Brief an den Pianisten Fredrik Lithander (1777-1823) schrieb, der ebenfalls ein Mitglied der Musikgesellschaft war und inzwischen in St. Petersburg lebte. Der Brief ist nicht erhalten, aber aus Lithanders Antwort konnte Savijok den Inhalt teilweise rekonstruieren. Demnach war der Erzbischof irritiert über die technischen Kunststücke, die von Gärtner auf der Gitarre vorführte. Sollte man so auf der Gitarre spielen? War sie als Konzertinstrument überhaupt geeignet? Pikanterweise übergab er den Brief an Lithander von Gärtner selbst, der sich auf dem Weg nach St. Petersburg befand (vgl. Savijoki 2019, S. 74f.).

Es ist anzunehmen, dass von Gärtner bis Ende Januar 1821 in Finnland blieb. Wahrscheinlich hielt er sich auch in Helsinki auf. Denn die Leihbibliothek der finnischen Hauptstadt nahm Ende 1821 die druckfrischen Six Laendlers pour la Guitare in ihr Sortiment auf, ein deutliches Zeichen dafür, dass dort eine Nachfrage nach den Kompositionen des Deutschen bestand (vgl. Helsingfors 1821, S. 111). Wie in Schweden trug von Gärtners Auftreten als Gitarrist auch in Finnland zur wachsenden Popularität der Gitarre bei. In den 1820er Jahren stieg die Nachfrage nach Gitarren, Gitarrenmusik und Gitarrenunterricht stetig an. Ein weiterer Impulsgeber war Friedrich Wilhelm Hildebrand, dessen Sex Swenska Folk-Wisor satta för Guitarre am 27. Mai 1819 auch in Finnland zum Verkauf angeboten wurden (vgl. Beilage zur ÅT 61/1819, S. 1).

10 St. Petersburg: Musik auf sechs statt auf sieben Saiten

Das Große Theater in St. Petersburg. Lithogr. von J.-B. Arnout. 1839.
Das Große Theater in St. Petersburg. Lithogr. von J.-B. Arnout. 1839.

Von Gärtner reiste entweder per Schiff über den Finnischen Meerbusen oder auf dem Landweg über Wiborg nach St. Petersburg. Dort traf er etwa Mitte Februar 1821 ein. Zur gleichen Zeit trafen die Geigerin Lovisa Charlotta Borgman (1798-1884) und ihre Schwester aus Stockholm ein. Die Allgemeine musikalische Zeitung meldete von Gärtners Ankunft in ihrer Ausgabe vom 4. April 1821: "Hr. L. Maurer und zwey Violinspielerinnen aus Stockholm, auch der Guitarrenspieler Hr. Gärtner sind jetzt in Petersburg" (AMZ 23/1821, Sp. 228; vgl. IPZ 15/1821, S. 143). Von Gärtner fand eine Unterkunft am Katharinen-Kanal Nr. 44 im Zentrum der Zarenstadt. Dort angekommen, übergab er Fredrik Lithander den Brief des Erzbischofs.

Aus dem Antwortschreiben Lithanders an Tengström vom März geht hervor, dass von Gärtner drei Konzerte in St. Petersburg gab. Zwei dieser Konzerte besuchte Lithander persönlich. Über das Konzert, das er nicht besucht hatte, berichtete er, man habe ihm gesagt, es sei eine Katastrophe gewesen, weil der Gitarrist gepfiffen habe. Der Künstler musste unter dem Gelächter des Publikums die Bühne verlassen. Das zweite Konzert, diesmal im Großen Theater, wertete Lithander als Erfolg für den Gitarristen. Obwohl er weit von der Bühne entfernt saß, konnte er fast jeden Ton hören. Er notierte, dass der Virtuose den ihm gebührenden Beifall erhielt. Von Gärtners dritter öffentlicher Auftritt fand zusammen mit dem irischen Pianisten John Field (1782-1837) statt. Hier spielte er seine Fantasie teilweise nur mit der linken Hand. Von Gärtner wurde von der Bühne gebuht, ohne sein Stück beenden zu können (vgl. Savijoki 2019, S. 214f.)

Das erste Konzert war jenes, das von Gärtner am 5. März im philharmonischen Saal des Hauses der Kommerz-Gesellschaft am Englischen Kai Nr. 263 gab. In den Anzeigen, die am 25. Februar und 1. März im Intelligenzblatt der St. Petersburgischen Zeitung erschienen, kündigte von Gärtner zunächst nur ein einfaches Gitarrenkonzert an. Um möglichen Missverständnissen vorzubeugen, fügte er hinzu, er spiele "auf der 6saitigen Guitarre" (IPZ 16/1821, S. 154; IPZ 17/1821, S. 166). Offensichtlich wusste er, dass die siebensaitige Gitarre in St. Petersburg weitaus populärer war als die sechssaitige. Zu dieser Popularität hatte vor allem der Gitarrist Andrei Ossipowitsch Sichra (1773-1850) beigetragen. Einen Tag vor der Aufführung kündigte von Gärtner ein großes Vokal- und Instrumentalkonzert an:

Intelligenzblatt der St. Petersburgischen Zeitung Nr. 18. 4. März 1821. S. 178.
Intelligenzblatt der St. Petersburgischen Zeitung Nr. 18. 4. März 1821. S. 178.

„Im neuen philarmonischen Saal

Sonnabend den 5. März, wird Hr. Karl von Gaertner die Ehre haben, ein großes Vokal- und Instrumental-Konzert zu geben.

Erster Theil:

1. Ouvertüre von Spontini aus Ferdinand Cortez.

2. Großes Konzert für Guitarre, komponirt von Giardini, gesetzt von Mauro Giuliani, vorgetragen von Hr. K. v. Gaertner.

3. Neue Arie, gesungen von Dem. Phillis.

4. Fantasie, komponirt und theilweise ohne den Gebrauch der rechten Hand, gespielt von Hr. K. von Gaertner.

5. Rondo fürs Fortepiano, komponirt von Hrn. Field, gespielt von Mad. Field.

Zweiter Theil:

6. Simphonie von Beethoven.

7. Koncertino, ohne Instrument in einem Umfange von 4 Oktaven geflötet, mit Guitarren Accompagnement, komponirt und vorgetragen von Hr. K. v. Gaertner.

8. Duett aus Cendrillon, gesungen von Mad. und Hrn. Zeibig.

9. Sicilianisches Scherzando für Guitarre, mit Nachahmung des Tambourin de Basse, komponirt und ausgeführt von Hr. K. von Gaertner.

10. Finale.

Der Anfang ist um 7 Uhr. 

Billette sind zu haben bei Hr. K. v. Gaertner, wohnhaft am Katerinen-Kanal, im Hause des Kaufmanns Warwarin Nr. 44, unten die erste Thür rechts, und beim Eingang des Konzerts im philarmonischen Saale“ (IPZ 18/1821, S. 178).

In kurzer Zeit war es von Gärtner gelungen, ein hochkarätiges Solistenensemble zusammenzustellen. Ihm gehörten an: 1. die französische Pianistin Adelaide Field, Ehefrau von John Field, 2. Jenny Phillis (1798-1877), Tochter des französischen Sängerehepaars Valéry und Jeannette Phillis Andrieux (1780-1838) und Enkelin des Gitarristen Jean-Baptiste Phillis (vgl. IPZ 69/1814, S. 734; AMZ 28/1826, Sp. 128) und 3. das Sängerehepaar Benedikt und Catherina Zeibig, beide Mitglieder der "Deutschen Kaiserlichen Hof-Schauspielergesellschaft zu St. Petersburg" (Borck 1811, S 89.92.94; vgl. IPZ 31/1827, S. 377; IPZ 104/1835, S. 364). Darüber hinaus scheint von Gärtner sein Repertoire um zwei Stücke erweitert zu haben. So spielte er neben zwei älteren Stücken ein für die Gitarre bearbeitetes Konzert des italienischen Geigers Felice Giardini (1716-1796) und ein sizilianisches Scherzando mit Nachahmung des Tambourin de Basse

Das Konzert, das laut von Gärtner von Mauro Giuliani für die Gitarre bearbeitet wurde, könnte theoretisch eines von Giardinis sechs Violinkonzerten op. 15 sein. Es gibt jedoch keinen Beweis dafür, dass Giuliani tatsächlich ein Violinkonzert von Giardini für Gitarre bearbeitet hat. Um welches Werk könnte es sich also handeln? Eine Bemerkung von Gärtners gegenüber G. L. P. Sievers in Paris wirft Licht auf diese Frage. Von Gärtner behauptete gegenüber Sievers, er spiele in seinem Konzert in den Menus-Plaisirs ein "Giardini‘sches Concert" (AMZ 21/1819, Sp. 210). Tatsächlich spielte er aber Giulianis Grand Concerto pour la Guitarre (op. 30). Daraus lässt sich schließen, dass von Gärtner irrtümlich annahm, Giulianis Gitarrenkonzert sei ein für Gitarre bearbeitetes Violinkonzert Giardinis. In Paris hielt er diese Information nicht für erwähnenswert. In St. Petersburg hingegen wies er im Programmheft ausdrücklich darauf hin. Giardini hatte von 1792 bis kurz vor seinem Tod in St. Petersburg gewirkt. Die Erinnerung an ihn war in der russischen Hauptstadt noch lebendig. Offensichtlich hoffte von Gärtner, sein Gitarrenkonzert durch den Hinweis auf Giardini aufzuwerten und interessanter zu machen. Was das sizilianische Scherzando betrifft, so könnte von Gärtner seinem Fandango mit Imitation des Tambourin de Basse einen italienischen Titel gegeben haben, damit er besser in sein Programm passte. Er könnte aber auch ein neues Stück ausprobiert haben. Jedenfalls taucht das Scherzando nach seiner Abreise aus St. Petersburg in keinem seiner Konzertprogramme mehr auf.

Lithanders Brief zufolge war von Gärtners erstes Konzert eine Katastrophe. Das hielt den Pianisten John Field aber nicht davon ab, mit von Gärtner in der Stadt aufzutreten, in der er seit 1811 lebte und einen ausgezeichneten Ruf genoss. Möglicherweise beschränkte sich der Kreis der lautstarken Kritiker auf eingefleischte Liebhaber der siebensaitigen Gitarre, zu denen wohl auch Lithander gehörte. Nach Lithander übertraf der Sichra-Schüler Semyon Nikolayevich Aksyonov (1784-1853) von Gärtner in jeder Hinsicht (vgl. Savijoki 2019, S. 77). Lithander, der Tengströms Ansichten über die Gitarre als undankbares Instrument teilte, versuchte, mit von Gärtner über problematische Elemente seines Spiels, wie das Pfeifen und das einhändige Spiel mit der linken Hand, zu diskutieren. Ohne Erfolg. Von Gärtner beharrte auf seinem Standpunkt. Trotz der Kritik an seinem Spiel drückte Lithander in seinem Brief auch Mitgefühl für von Gärtner aus, nannte ihn nachgiebig und einen armen Kerl und fügte hinzu, dass es ihm nicht an Talent fehle (vgl. ebd. S. 75)Er äußerte die Hoffnung, dass die negativen Erfahrungen, die von Gärtner in der russischen Hauptstadt machen musste, einen heilsamen Einfluss auf ihn ausüben würden (vgl. ebd. S. 215). Lithander ahnte nicht, wie sehr er sich irren würde.

11 Riga und Mitau: Eine neue Gitarre größerer Bauart

Der Marktplatz in Riga mit Rathaus, Waagenhaus und Schwarzhäupterhaus. Lithografie von G.K. Šarlo. 1829.
Der Marktplatz in Riga mit Rathaus, Waagenhaus und Schwarzhäupterhaus. Lithografie von G.K. Šarlo. 1829.

St. Petersburg markierte den östlichsten Punkt der Europareise von Gärtners. Von dort ging es durch die russischen Ostseeprovinzen zurück zum Ausgangspunkt. Vermutlich reiste von Gärtner entlang der Ostseeküste nach Reval und von dort nach Riga.

In der livländischen Hauptstadt gab er zwei Konzerte. Am 15. Oktober trat er im Schwarzhäupterhaus am Rathausplatz auf, am 24. im Rigaer Theater. Die Konzerte und sein Talent als Kunstpfeifer sind im Rigaer Theater- und Tonkünstler-Lexikon (1890) dokumentiert: "v. Gärtner, Carl, Guitarrist, concertirte 15. und 24. October 1821 im Schwarzhäupter und Theater. Er verstand auch die Töne der Flöte ohne Instrument nachzuahmen und ließ sich mit dieser Kunst öffentlich hören" (Rudolph 1890, S. 69; vgl. Viedert 1829, S. 81).

Von Riga ging es weiter nach Mitau, der Hauptstadt Kurlands. In Mitau ließ sich der reisende Virtuose von Wilhelm Neumann eine neue Gitarre bauen (vgl. Wiener Zeitung 65/1824, S. 288). Die "Concert-Guitarre von größerer Bauart" wurde "nach seiner eigenen Angabe gefertigt" (Münchener Tagblatt 336/1835, S. 1468). Möglicherweise hatte der volle Klang der siebensaitigen russischen Gitarre von Gärtner dazu inspiriert, ein neues Modell anfertigen zu lassen. Der große Resonanzkörper sollte vermutlich für ein größeres Klangvolumen sorgen. Sicherlich spielten auch optische Gesichtspunkte eine Rolle bei der Konstruktion des Instruments. Mit einer auffallend großen Gitarre konnte von Gärtner seinen Status als Gitarrenvirtuose sichtbar machen. Es dauerte etwa drei Monate, bis das Instrument fertiggestellt war. In dieser Zeit gab er mindestens ein Konzert in Mitau. Das Konzert fand im November oder Dezember 1821 statt. Der Mitauer Korrespondent der Allgemeinen musikalischen Zeitung erwähnte es in der Ausgabe vom 6. Februar 1822: "Ausserdem haben (...) in diesen Tagen aber Hr. von Gärtner als Guitarrenspieler und nachher Mad. Angiolini als Sängerin, Concert gegeben" (AMZ 24/1822, Sp. 102).

12 Königsberg, Bromberg und Posen

Das Königsberger Stadttheater. Ansichtskarte 1906.
Das Königsberger Stadttheater. Ansichtskarte 1906.

Von Mitau aus reiste von Gärtner nach Königsberg. In der ostpreußischen Hauptstadt gab er zwei Konzerte, eines im Stadttheater und eines im Deutschen Haus. Die Konzerte fanden zwischen dem 1. September und dem 30. Oktober 1822 statt. In den Ankündigungen pries von Gärtner seine neue, "sehr große" Gitarre an.

Das Konzert im Stadttheater gestaltete von Gärtner in Zusammenarbeit mit Amateur- und Berufsmusikern. Als Solisten wirkten mit: der französische Klarinettist Jean-Marie Hostié; der Amateurcellist Schlick, Lehrer an der französischen Schule (vgl. AMZ 22/1820, Sp. 766; AMZ 24/1822, Sp. 700), und die neu am Stadttheater engagierte erste Sängerin Minna Schäffer, eine Schülerin der Berliner Opernsängerin Auguste Amalie Schmalz (vgl. AMZ 25/1823, Sp. 568). Von Gärtner spielte in dem Konzert zwei eigene Kompositionen, die Fantasie sentimentale und den Fandango. Wahrscheinlich spielte er auch eines der beiden Gitarrenkonzerte, die er in seinem Repertoire hatte.

Die Kritik reagierte negativ. Der Korrespondent der Allgemeinen musikalischen Zeitung hatte für von Gärtners artistische Einlagen auf der Gitarre nur Spott übrig. Mit Abscheu stellte er fest, dass der Virtuose die Saiten mit dem großen Daumennagel der linken Hand anschlug. Auch die künstlerische Leistung des Gitarristen wurde kritisiert. Der dargebotenen Musik fehle es an emotionaler Kraft und Schönheit, urteilte er. Die Leistungen der einheimischen Künstler überzeugten ihn hingegen: "Ein Herr von Gärtner leistete in seinem Concerte im Theater auf der Guitarre (und zwar auf einer sehr grossen) unerhörte Sachen: er spielte z. B. ohne die rechte Hand zu gebrauchen, mit Hülfe eines ungeheuern Nagels am linken Daumen, ahmte auch das Tambourin auf der Guitarre nach. Wie sollte er nicht entzücken! Ungeachtet dieser Fertigkeit fehlte es aber doch an Festigkeit und klang auch nicht in unserm Innern wieder. Dafür entschädigte uns der schöne Klarinettton unseres Hostié, das treffliche Violoncellspiel unseres Schlick und der Vortrag der Arie: Una voce etc. aus Sargines durch Dem. Schäffer, worin sie die Schönheit und Bildung ihrer Stimme entfaltete. Herr von G. gab noch ein Concert im deutschen Hause" (AMZ 25/1823, Sp. 577).

Panorama der Stadt Bromberg. Farblithografie von J. C. Cederholm. 1830.
Panorama der Stadt Bromberg. Farblithografie von J. C. Cederholm. 1830.

Von Königsberg aus reiste von Gärtner weiter nach Bromberg im Großherzogtum Posen. Dort traf er im Dezember 1822 oder Januar 1823 ein. Über seine Ankunft in Bromberg berichtete der Korrespondent der Allgemeinen musikalischen Zeitung. Der Autor mit den Initialen W. E. hob die Bedeutung reisender Musiker für das Musikleben der Provinzstadt hervor: "Auch fremde ausgezeichnete Künstler, Mad. Milder, Hr. Gabrielsky aus Berlin, der treffliche Guitarrenspieler Hr. von Gaertner, und mehrere andere erfreuten uns mit Concerten; und so hat unser kleiner Ort in dieser Hinsicht einen Vorzug gewonnen, dessen sich kein anderer auf dem Wege von Berlin bis Königsberg rühmen kann" (AMZ 25/1823, Sp. 173f.). 

Anhand der Korrespondenzmeldungen aus Königsberg und Bromberg wird deutlich, welche Bedeutung die Reisevirtuosen damals für die Haupt- und Provinzstädte hatten. Wurden sie in den Hauptstädten eher als Eindringlinge betrachtet, die die Routine des lokalen Musiklebens störten, so war man in den Provinzstädten dankbar für die Abwechslung, die sie boten. Von Gärtners gitarristische Leistung allein an seinen Erfolgen oder Misserfolgen in den Großstädten zu messen, wäre daher unangemessen. Erwähnenswert sind auch die Erfolge im Kleinen. Neben Bromberg besuchte von Gärtner auch die Stadt Posen. Dort ließ er beim Verleger Simon seine sechs Ländler drucken (vgl. Whistling 1828, S. 398).

13 Österreich: Gitarrenvirtuosität trifft auf Gitarrenmüdigkeit

Von Posen aus reiste von Gärtner über Schlesien nach Österreich. Sein Ziel war Wien. Der Weg dorthin führte ihn vermutlich über die schlesische Provinzhauptstadt Breslau.

13.1 Brünn

Das Königlich-städtische Nationaltheater am Krautmarkt in Brünn. Kolorierte Lithografie von František Richter. 1827.
Das Königlich-städtische Nationaltheater am Krautmarkt in Brünn. Kolorierte Lithografie von František Richter. 1827.

Gegen Ende Oktober 1823 traf von Gärtner in Brünn ein, der Hauptstadt der Markgrafschaft Mähren, die im Kaisertum Österreich ein eigenes Kronland bildete. Im Königlich-städtischen Nationaltheater gab er drei Konzerte. Diese hatte er in fünf Anzeigen mit unterschiedlichen Texten in der Brünner Zeitung angekündigt.

Das erste Konzert fand am 4. November statt: "Heute: Große musikalische Akademie des CarI von Gärtner, Eleven des Conservatoriums in Paris und Virtuosen auf der Guitarre von größerer Bauart, auf der Durchreise von St. Petersburg nach Wien begriffen" (BZ 304/1823, S. 1246; vgl. BZ 303/1823, S. 1242).

Das zweite Konzert veranstaltete von Gärtner am 8. November"Heute wird Hr. C. v. Gärtner, Eleve des Conservatoriums in Paris und Mitglied mehrerer musikalischen Vereine, eine große musikalische Akademie in zwei Abteilungen geben, worin sich derselbe zum letzten Male hören lassen wird" (BZ 308/1823, S. 1266; vgl. BZ 307/1823, S. 1260).

Am 11. November gab er ein Zusatzkonzert, diesmal mit einer Kostprobe seines Könnens als Kunstpfeifer: "Heute wird Hr. C. von Gärtner noch eine musikalische Akademie geben, worin sich derselbe auf eine neue Art ohne Instrument hören lassen wird" (BZ 311/1823, S. 1280).

Trotz dreier Auftritte war von Gärtners Erfolg in Brünn eher bescheiden. Ein Korrespondent der von Adolf Bäuerle gegründeten Wiener allgemeinen Theaterzeitung nannte die Gründe: "Hr. Carl von Gärtner, der sich auf dem Zettel einen Eleven des Conservatoirs in Paris nennt, gab im Theater einige Concerte auf der Guitarre (von größerer Bauart). Wiewohl er große Fertigkeit bewies, so vermochte er doch nicht, ein großes Publikum herbeyzuziehn. Er scheint es auch mit dem Rhythmus etwas leicht zu nehmen; oft waren kleine Stockungen merkbar, wenn er aber zuletzt gar zum 'Flöten ohne Instrument' (wie er das deutsche Pfeifen titulirte) seine Zuflucht nahm, so wollen wir hier ein Auge dabey zudrücken, womit bey der Produktion wohl zuweilen auch die Ohren zufrieden gewesen wären" (BT 12/1824, S. 47). Ohne von Gärtner der Scharlatanerie zu bezichtigen, wies der Korrespondent auf die Diskrepanz zwischen dem Inhalt der Konzertankündigungen und der Leistung des Künstlers hin. Rhythmische Fehler, spieltechnische Nachlässigkeiten und Pfeifdarbietungen waren nicht das, was man bei einem Virtuosenkonzert hören und sehen wollte. Er stellte jedoch klar, dass nicht die Art und Weise, wie der Virtuose pfiff, das Problem war, sondern dass er überhaupt im Konzert pfiff.

13.2 Wien

Ende Februar, Anfang März 1824 traf von Gärtner in Wien ein. Seine Ankunft wurde am 18. März in Bäuerles Theaterzeitung angekündigt: "Der berühmte Guitarre-Spieler von Gärtner ist in Wien angekommen, und wird im landständischen Saale Freytags den 19. März ein Concert geben. Der Ruf dieses seltenen Künstlers und der Beyfall, den er in Paris und Petersburg erndtete, sind so bedeutend, daß Wiens kunstsinnige Bewohner ihm wohl ebenfalls die gerechteste Theilnahme nicht versagen werden" (BT 34/1824, S. 136).

Carl von Gärtners Anzeige in der Wiener-Zeitung Nr. 65. 19. März 1824.
Carl von Gärtners Anzeige in der Wiener-Zeitung Nr. 65. 19. März 1824.

Der Virtuose konzentrierte sich ganz auf die Vorbereitung eines großen Vokal- und Instrumentalkonzerts, mit dem er vor allem die Kenner und Liebhaber der Gitarre überzeugen wollte. Das Konzert sollte am 19. März an prominenter Stelle im Landständischen Saal des Niederösterreichischen Landhauses stattfinden. In seiner Ankündigung in der Wiener-Zeitung nannte der Virtuose die Stationen seiner Europareise als Referenzen und prahlte einmal mehr mit seiner großen Gitarre. Gitarrenkennern verriet er den Namen des Gitarrenbauers: "Carl von Gärtner, kürzlich von seiner Kunstreise, aus Paris, durch England, Dänemark, Schweden und Rußland, in Wien angekommen, wird Freytag den 19. März um die Mittagsstunde im Saale der Ni. Oest. Herren Landstände (in der Herrngasse) die Ehre haben, ein Instrumental- und Vocal-Concert zu geben, worin er sich auf einer sehr großen Guitarre (verfertigt von Wilhelm Neumann zu Mietau in Kurland) hören lassen wird" (WZ 65/1824, S. 288).

Das Niederösterreichische Landhaus in der Wiener Herrengasse vor 1838.
Das Niederösterreichische Landhaus in der Wiener Herrengasse vor 1838.

Routiniert stellte von Gärtner ein buntes und abwechslungsreiches Programm zusammen: "1. Ouverture; 2. Guitarre-Concert; 3. Deklamation; 4. Fandango für Chitarra sola, nach spanischer Weise, mit Nachahmung des Tambourin de Basque; 5. Variationen für die Hoboe, von Hrn. Krähmer; 6. Polonoise für die Guitarre; 7. Arie aus Elisa e Claudio von Mercadante, gesungen von Dem. Langer; 8. Grosse Phantasie für Guitarre allein, theilweise gespielt ohne den Gebrauch der rechten Hand, und in einer neueren Art von harmonischen Tönen" (AMZ 26/1824, Sp. 284). 

Unterstützt wurde er dabei von professionellen Solisten. Bei seinem Konzert wirkten mit: der Oboist und Csakan-Virtuose Ernest Krähmer (1795-1837), Mitglied der k. k. Hofmusikkapelle (vgl. AMZ 24/1822, S. 796), die Opernsängerin Marie Langer, die am 14. Februar im K. K. priv. Theater an der Wien debütiert hatte (vgl. BT 26/1824, S. 102f.), und Demoiselle Weber, Schauspielerin am K. K. Hoftheater nächst der Burg.

Für das Gitarrenprogramm wählte von Gärtner ausschließlich eigene Kompositionen. Seine Fantasie hatte er zu einem großen, mit künstlichen Flageoletts verzierten Ausdrucksstück ausgearbeitet. In seinem Fandango stellte er das Tambourspiel in den Vordergrund. Außerdem hatte er laut Programmzettel den ersten Satz eines Gitarrenkonzerts und eine Polonaise komponiert, um das Wiener Publikum von seinem Können zu überzeugen. Ob er die letztgenannten Werke tatsächlich selbst komponiert hat, ist allerdings fraglich. Es ist nicht auszuschließen, dass er die Kompositionen von Carulli und Giuliani, die er in seinem Repertoire hatte, als eigene Werke ausgab, um sich als versierter Gitarrist und Komponist zu präsentieren. Das Wiener Publikum zeigte jedoch wenig Interesse. Die Kritik reagierte zurückhaltend.

Die Wiener allgemeine musikalische Zeitung schrieb am 27. März: "Concert des Hr Carl v. Gärtner am 19. März. (Auf seiner Rückreise von St. Petersburg nach Paris) ließ sich auf einer sehr großen Guitarre hören. Er spielte den ersten Satz und die Polonaise eines von ihm comp. Concertes; ferner Fandango für Guitarre solo nach spanischer Weise mit Nachahmung des Tambourin de Basque, und zum Schluße des Concertes eine große Fantasie für Guitarre solo, theilweise gespielt ohne den Gebrauch der rechten Hand, und in einer neueren Art von harmonischen Tönen, auch von seiner Composition. - Die Zeit wo man Guitarre Concerte frequentirte ist vorüber, und da schon der berühmte Legnani seine Rechnung hier nicht fand, so konnte Hr. v. Gärtner, der es in der Kunst bei weitem nicht auf den hohen Grad, wie obiger gebracht hat, auf kein zahlreiches Auditorium rechnen, denn wahrhaftig, der Saal war sehr leer. Dergleichen Instrumentenspielereien machen in häuslichen Zirkeln viel Vergnügen, aber im Concertsaale thun sie die entgegengesetzte Wirkung. Demungeachtet hatte auch Hr. v Gärtner seine Verehrer die nach jedem Stücke recht wacker darauf losklatschten. Der erste Satz von einer Sinfonie in Cdur von Jos. Haydn, Variationen für Oboe, nett vorgetragen von Hrn Krähmer, eine Arie von Mercadante, gesungen von Dlle. Marie Langer, und eine Declamation von der k. k. Hof-Schauspielerinn Dem. Weber waren die übrigen Bestandtheile dieser sehr sparsam besuchten Mittagsunterhaltung" (AMZK 8/1824, S. 47). 

Der Landständische Saal. Fresko von Antonio Beduzzi. 1710.
Der Landständische Saal. Fresko von Antonio Beduzzi. 1710.

Und Bäuerles Theaterzeitung urteilte in ihrer Ausgabe vom 3. April: "Freytag den 19. März ließ sich Hr. v. Gärtner auf seiner Rückreise von Petersburg nach Paris im landständischen Saale 'auf einer sehr großen Guitarre' hören. Es ist schon für einheimische als vorzüglich anerkannte Künstler so schwer ein volles Haus zu haben, daß Hr. v. Gärtner als Fremder, der unser liebes Wien nur so en passant auf seiner Rückreise mitnahm, sich um desto weniger wundern konnte, daß der Saal trotz der 'sehr großen Guitarre' sehr wenig besucht war. Die Zuhörer fanden überdies, daß diese 'sehr große Guitarre' weder einen sehr stärkern noch einen sehr anmuthigeren Ton als eine gewöhnliche habe, und sich vor dieser nur durch eine technische Größe auszeichne. Was sein Spiel betrifft, ist dasselbe mehr anmuthig als feurig, mehr weich als kräftig zu nennen. Der erste Satz seines Concertes sprach am meisten an, am wenigsten die Fantasie; die Gedanken darin ermangeln melodischer Fülle, die Ausführung besonnener Klarheit. Als Zwischenstück des Concertes zeichnete sich die gediegene Declamation der Dem. Weber im Gedichte 'Glaube und Muth' am vortheilhaftesten aus. Schade, daß Dem. Langers heute etwas umflorte Stimme nicht wie gewöhnlich den Sieg des Kenner-Beyfalls erlangen konnte. Hr. Hildebrandt, der vorzüglich in den Concert-piécen seine Taktfestigkeit dokumentirte, verdient mit Auszeichnung genannt zu werden. S. S." (BT 41/1824, S. 163f.). 

Vier Gründe wurden von der Kritik genannt, warum es von Gärtner nicht gelungen war, die Aufmerksamkeit und Anerkennung des Publikums zu gewinnen: 1. Die Gitarre hatte ihren Status als Modeinstrument verloren. Mit der Ankündigung, er werde sich auf einer "sehr großen Guitarre" hören zu lassen, konnte von Gärtner in Wien keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlocken. 2. Für den Konzertsaal war die Gitarre nicht geeignet, auch nicht von Gärtners große Gitarre. Diese zeichnete sich weder durch ein größeres Tonvolumen noch durch klangliche Vorteile aus. 3. Von Gärtner erfüllte nicht die hohen Erwartungen, die an einen Virtuosen gestellt wurden. Dies war schon Luigi Legnani nicht gelungen. Umso weniger konnte es von Gärtner gelingen, der nicht die Fähigkeiten eines Legnani besaß. 4. Von Gärtner konzentrierte sich in seiner Darbietung zu sehr auf die artistischen Spielereien und zu wenig auf die Musik. Insbesondere seinem virtuosen Paradestück, der Großen Fantasie, fehlte es an melodischem Reichtum und formaler Klarheit - Eigenschaften, die eine gute Komposition auszeichnen.

Die Kritik enthielt aber auch, wenn auch versteckt, positive Aussagen über das Konzert: 1. Von Gärtner hatte Bewunderer, die ihm Beifall spendeten. 2. Sein Gitarrenspiel zeichnete sich durch Weichheit und Anmut aus. 3. Der erste Satz seines Gitarrenkonzerts sei musikalisch überzeugend gewesen. Letzteres kann als Indiz dafür gewertet werden, dass von Gärtner das Gitarrenkonzert nicht selbst komponiert hat. Denn von Gärtners Kompositionen zeichneten sich, wie mehrere Quellen berichten, weniger durch melodische Schönheit als durch spieltechnische Raffinessen aus. Auch tauchte von Gärtners Polonaise fortan in keinem Konzertprogramm mehr auf, wohl aber die Polonaise in A-Dur aus Giulianis Gitarrenkonzert Nr. 1.

Das Kärntnertortheater in Wien. Aquarell von K. W. Zajicek. 1923.
Das Kärntnertortheater in Wien. Aquarell von K. W. Zajicek. 1923.

Am 8. April spielte von Gärtner im Kärntertor-Theater im Rahmen einer musikalischen Akademie für die Balletttänzerin Théodore Alexandrine Rozier (1797-1837). Das Konzert bildete den Auftakt zur Ballettaufführung Arsena. Auf dem Programm stand: "1. Ouverture; 2. Concert für die Guitarre, componirt und vorgetragen von Hrn. von Gärtner; 3. Arie, gesungen von Dem. Sonntag; die obligate Violine ausgeführt von Hrn. Mayseder; 4. Fandango für die Guitarre Solo, gespielt von Hrn. von Gärtner" (AMZ 26/1824, Sp. 343f.). 

Von Gärtner versuchte, das Publikum mit ungewöhnlichen Klangeffekten zu beeindrucken, doch vergeblich. Sein Auftritt stand ganz im Schatten des Auftritts der k. k. Hofopernsängerin Henriette Sontag (1806-1854) und des Violinisten Joseph Mayseder (1789-1863). Die musikalischen Effekte verpufften im großen Konzertsaal.

Bäuerles Theaterzeitung würdigte die Leistung des Virtuosen, machte aber die Beschränktheit des Instruments für die geringe Wirkung seines Spiels auf das Publikum verantwortlich: "In der ersteren [= der musikalischen Akademie] entwickelte der schon öfters in diesen Blättern genannte Hr. Gärtner eine seltene Geschicklichkeit auf der Guitarre, der er ganz neue Töne zu entlocken strebte, allein mit sparsamen Beyfalle; weil das Haus für den Effekt dieses Instrumentes zu groß, die Mode der Guitarre-Virtuosen vorüber und das Publikum zur richtigen Ansicht gelangt ist, daß dieses Instrument vom Gotte der Musen blos zur Begleitung des Gesanges erschaffen worden sey. Sehr großen Beyfall erwarb sich Dem. Sonntag mit der wunderschönen Arie Rossinis, welche mit Hrn. Mayseder's Violine concertirend unsern Tonsinn schon öfters entzückend in Anspruch nahm" (BT 51/1824, S. 203f.). Die Zeitung für die elegante Welt erwähnte von Gärtners Auftritt nur beiläufig: "Die Zugabe war eine musikalische Akademie, wobei sich ein Hr. Gärtner auf der Guitare produzirte und Demois. Sonntag eine Arie von Rossini sang. Sowohl der Sängerin, als dem sie accompagnirenden Violinspieler, Hrn. Mayseder, wurde stürmischer Beifall" (ZEW 24/1824, Sp. 703).

Rund ein Jahr später trat von Gärtner wieder im Theater am Kärtnertor auf. Ob er sich in diesem Jahr in Wien aufhielt oder die Kaiserstadt verließ, ist nicht bekannt. Fest steht, dass er in dieser Zeit seine Six Laendlers pour la Guitare bei dem Leipziger Verleger Adolph Wienbrack in den Druck gab. Wienbrack kündigte das Erscheinen des Werkes am 25. Februar 1825 in der Leipziger Zeitung an (LZ 48/1825, S. 471). Eine weitere Ankündigung erschien am 16. März im Intelligenzblatt zur allgemeinen musikalischen Zeitung (IAMZ 2/1825, Sp. 10) und eine dritte am 16. April im Intelligenzblatt der Zeitung für die elegante Welt (IZEW 8/1825, Sp. 8). 

In Wien herrschte ein Überangebot an Ländlern. Allein im Anzeigenteil der Wiener Zeitung, Jahrgang 1824, wurden sieben verschiedene Ländlerkompositionen angeboten: 12 Ländler für eine Guitarre von Franz Stoll, Zwölf National-Ländler für eine Guitarre sowie 12 Original-Ländler für zwey Guitarren von Anton Oberleitner, 12 Ländler für eine oder zwey Guitarren von Franz Seegner, Bravour Ländler für eine Guitarre von Anton Spina, 12 Ländler für eine Guitarre von Andreas Schulz und 12 Ländler für eine Guitarre von Joseph Fahrbach. Es ist anzunehmen, dass von Gärtner in Wien keinen Verleger für seine Ländler fand und sich deshalb nach einer Alternative umsah. Die beste Alternative zu Wien war die Verlagsstadt Leipzig. Vermutlich reiste er persönlich nach Leipzig, um sich vorzustellen und seine Geschäfte erfolgreich abzuschließen. Da der Weg von Wien nach Leipzig über Prag führte, ist anzunehmen, dass er bei dieser Gelegenheit auch seinen Fandango bei Marco Berra in Prag in Druck gab (vgl. Hofmeister 1844, S. 132).

Orchester im k. k. Hoftheat. n. d. Kärnthnerthore. Lithografie von Franz Stöber. 1821.
Orchester im k. k. Hoftheat. n. d. Kärnthnerthore. Lithografie von Franz Stöber. 1821.

Warum sich von Gärtner 1825 in Wien aufhielt, ist unklar. Vermutlich hatte er die Hoffnung nicht aufgegeben, sich in Wien als Gitarrist einen Namen machen zu können. Vielleicht waren es auch persönliche Kontakte, die ihn nach Wien führten.

Am Ostersonntag, dem 3. April 1825, nahm von Gärtner an einer großen musikalischen Akademie im Kärtnertor-Theater zugunsten der öffentlichen Wohltätigkeitsanstalten teil. Das Konzert mit elf Programmpunkten wurde am Karsamstag in der Wiener-Zeitung angekündigt. Als Solisten traten auf: die Opernsängerin Henriette Sontag, die Pianistin Leopoldine Blahetka (1809-1885), der Hornist Eduard Constantin Lewy (1796-1846), der Geiger Georg Hellmesberger (1800-1873) und der Flötist Johann Sedlatzek (1789-1866). An dritter Stelle stand Carl von Gärtner mit seiner Großen Fantasie für Gitarre (vgl. WZ 75/1825, S. 332; AMZ 27/1825, Sp. 343f.).

Die Presse überschüttete die Beteiligten mit Lob. Nur bei Carl von Gärtner hielt sie sich mit Lob zurück. Kritik wurde vor allem an seinem "undankbaren Instrument" geübt. Die Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode urteilte: "Hr. Carl Gärtner spielte ein Solo für die Guitarre von seiner eigenen Composition mit bedeutender Kunstfertigkeit, die er sogar durch den Gebrauch der Linken ganz allein bewies. Da dieses Tonstück überhaupt auf bloße Fingerfertigkeit berechnet war und das Instrument in einem Raum von solchem Umfang keine vortheilhafte Wirkung macht, so konnte auch der Vortrag nicht besonders günstig wirken, was durch die Länge eben auch verhindert wurde" (WZKL 42/1825, S. 352). Und die Berliner allgemeine musikalische Zeitung klagte: "Weniger ergötzte Herr Karl von Gärtner auf seinem undankbaren Instrument, der Guitarre; hätte er seinen Fleiss doch einem belohnenderen Instrument gewidmet“ (BAMZ 18/1825, S. 143). Bäuerles Theaterzeitung und die Dresdner Abend-Zeitung gingen auf von Gärtners Konzertbeitrag gar nicht erst ein, sondern erwähnten den Gitarristen nur namentlich (vgl. BT 45/1825, S. 183; AZ 140/1825, S. 560). In einem Punkt waren sich alle Kritiker einig: Gitarrenmusik gehörte nicht in den Konzertsaal.

Einen Sonderfall stellte die Kritik des Korrespondenten der Allgemeinen musikalischen Zeitung dar. Dieser machte sich nicht einmal die Mühe, ein kritisches Urteil zu formulieren, sondern drückte ausschließlich seine ablehnende Haltung gegenüber dem Gitarristen aus. Nach von Gärtners erstem Konzert in Wien spöttelte er: "Wir machten hier ganz unerwartet eines reisenden Guitarren-Spielers erste Bekanntschaft, sehnen uns aber nicht im geringsten nach einer Fortsetzung derselben" (AMZ 26/1824, Sp. 284). Nach dem zweiten Konzert fand er "keinen Beweggrund", sein "erstes Urtheil zurückzunehmen" (AMZ 26/1824, Sp. 343f.). Und nach dem dritten Konzert stöhnte er: "Quousque tandem -!" (AMZ 27/1825, Sp. 343f.) - ein Zitat aus Ciceros erster Rede gegen Catilina: Quo usque tandem abutere, Catilina, patientia nostra? ("Wie lange noch, Catilina, wirst du unsere Geduld missbrauchen?"). Die als Konzertkritik verpackte Verhöhnung des Gitarristen markiert zweifellos einen Tiefpunkt in der Geschichte der Musikkritik.


Exkurs 1: War Carl von Gärtner der Erfinder einer neuen Flageolett-Technik?

Auf dem Programmzettel zu seinem Konzert im Landständischen Saal kündigte von Gärtner an, er wolle eine Fantasie "in einer neueren Art von harmonischen Tönen" spielen (AMZ 26/1824, Sp. 284). Was sich hinter dieser geheimnisvollen Bezeichnung verbarg, erklärte er rund einen Monat später in einem Artikel in Bäuerles Theaterzeitung. Von Gärtner rühmte sich darin, eine Technik erfunden zu haben, mit deren Hilfe er alle Töne der chromatischen Tonleiter als Flageoletts spielen könne: "Hr. Carl v. Gaertner, Guitarre-Virtuose aus Cassel, gegenwärtig auf seiner Reise von Petersburg nach Paris in Wien, hat die Erfindung gemacht, alle Scalas, in den so genannten harmonischen Tönen, auf der Guitarre spielen können. Da er jedoch es nicht für möglich fand, zwey Töne auf diese Weise zusammen zu nehmen, so verfiel er darauf, sich blos mit der linken Hand allein, oben auf dem Griffbrete der Guitarre, mit den gewöhnlichen Tönen zu accompagniren, indem er mit der rechten Hand allein die Melodie in eben erwähnten harmonischen Tonen führt. Dieses verschiedenartige Zusammenwirken der Saiten erzeugt unstreitig den angenehmsten Effekt, der nur auf der Guitarre hervor gebracht werden kann, und ist mit einer Art von Sphären-Musik zu vergleichen. Hr. v. Gaertner hat es sich zum Vergnügen gereichen lassen, diese Erfindung bereits einigen der vorzüglichsten hiesigen Herren Guitarrenspielern mit zu theilen, die ihm den ungetheiltesten Beyfall zollten. - g." (BT 46/1824, S. 184). War sein Anspruch, der Erfinder einer neuen Flageolett-Technik zu sein, tatsächlich sachlich gerechtfertigt? 

Zunächst ist man geneigt, von Gärtners Behauptungen mit Skepsis zu begegnen und sie als eine Form übertriebener Selbstdarstellung zu verstehen. Die Technik der Erzeugung künstlicher Flageoletts war spätestens seit 1819 in Paris bekannt. Von Gärtner kann sie also nicht erfunden haben. Es ist ihm aber zuzugestehen, dass er sie auf seiner Europareise selbst entdeckt und in Wien vorgestellt hat.

Nimmt man von Gärtners Aussagen jedoch wörtlich und ernst, so ergibt sich die Möglichkeit, einen neuen Blick auf die Entstehungsgeschichte der Flageolett-Technik zu werfen. Der französische Gitarrist D. Joly notierte in seiner Gitarrenschule L'Art de Jouer de la Guitare (1819): "Ein Künstler aus Paris hat soeben (wie er sagt) die Möglichkeit entdeckt, alle Töne und Halbtöne, aus denen sich die Tonleiter des Instruments zusammensetzt, in harmonischen Tönen zu durchlaufen: siehe Nr. 4 des Indicateur Musical" (Joly 1819, S. 59 übers.). Die von Joly zitierte Zeitschrift L'Indicateur musical, français et étranger erschien von Juli bis September 1819 alle zwei Wochen in Paris und wurde von César Gardeton (1786-1831) herausgegeben (vgl. Gardeton 1822, S. 250). Von Gärtner gab im Februar 1819 ein Konzert in Paris und blieb danach noch einige Zeit in der Stadt. Dort hatte er Gelegenheit, sich mit anderen Musikern auszutauschen, Anregungen zu erhalten und neue Spieltechniken auszuprobieren. Wie wichtig ihm der Kontakt zur Pariser Musikszene war, zeigt die Tatsache, dass er sich ab 1823, wenn auch etwas überheblich, als "Eleve" oder "Zögling des kgl. Musik-Conservatoriums in Paris" bezeichnete. Es ist durchaus möglich, dass sich von Gärtner bis Mitte 1819 in Paris aufgehalten hat. Spätestens dann muss er über London und Kopenhagen nach Schweden weitergereist sein. Könnte es sich also bei dem "Künstler aus Paris", der gegen Mitte 1819 die Möglichkeit entdeckte, "alle Töne" der chromatischen Tonleiter "in harmonischen Tönen zu durchlaufen", um Charles de Gaertner handeln?

Es gibt gute Gründe, diese Frage zu bejahen. Von Gärtner versuchte von Beginn seiner Karriere an, sein Publikum mit spieltechnischen Kunststücken zu beeindrucken. Er war offen für die Erprobung und Realisierung neuer Spieltechniken, die er dann in seine Kompositionen einfließen ließ. An seinem virtuosen Paradestück, der Fantasie, arbeitete er kontinuierlich weiter und entwickelte sie zur Fantasie sentimentale und zur Großen Fantasie aus. Als er 1824 künstliche Flageoletts in das Stück einbaute, war diese Technik nur einer Handvoll Gitarristen bekannt, namentlich François de Fossa (1775-1849) und seinem Freundeskreis. Die Wahrscheinlichkeit, dass er der Erfinder oder Miterfinder der neuen Flageolett-Technik war, ist daher relativ hoch. Wie innovativ und spieltechnisch versiert von Gärtner damals war, zeigt die Tatsache, dass er - lange vor Francesco Bathioli - darüber nachdachte, wie man Doppelflageoletts spielen könnte. Er fand zwar keine Lösung, spielte aber ersatzweise künstliche Flageoletts in Kombination mit natürlichen Tönen. Schließlich spricht auch von Gärtners Ankündigung in Bäuerles Theaterzeitung dafür, dass er tatsächlich der Erfinder oder Miterfinder der neuen Flageolett-Technik war. Von Gärtner legte großen Wert darauf, dass seine gitarristischen Leistungen von der Fachwelt anerkannt wurden. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass er seine Erfindung 1819 in der Pariser Zeitschrift L'Indicateur musical und 1824 in Bäuerles Theaterzeitung publik machte. Ein eindeutiger Beleg dafür, dass César Gardeton von Gärtner zumindest dem Namen nach kannte, ist der Eintrag "Gaërtner (Charles de)" in seinen Annales de la musique für das Jahr 1820 (Gardeton 1820, S. 121).

Leider ist die Musikzeitschrift, die nähere Auskunft über den "Künstler aus Paris" geben könnte, in keiner Bibliothek oder keinem Archiv mehr vorhanden. Der tatsächliche Ursprung der neuen Flageolett-Technik wird daher wohl für immer ungeklärt bleiben.


14 Deutschland: Die zweite nationale Tournee

Von Gärtners Aufenthalt in Wien 1824/25 stellt sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht eine Zäsur dar. Zum einen beendete von Gärtner 1825 seine Europareise. Zum anderen sind für die Zeit von Mai 1825 bis Januar 1827 keine Konzertauftritte von Gärtners belegt. Möglicherweise unterbrach von Gärtner seine Konzerttätigkeit und legte eine Pause ein. Es ist aber auch denkbar, dass er seinen Plan, von Wien nach Paris zu reisen, zunächst weiter verfolgte, ihn dann aber aufgab und nach Deutschland zurückkehrte.

Nach seiner Europareise sollte sich von Gärtner nur noch innerhalb der Grenzen des Deutschen Bundes bewegen. Diese Aussage muss jedoch in zweierlei Hinsicht relativiert werden. Zum einen hielt sich von Gärtner bereits seit 1823 im Gebiet des Deutschen Bundes auf. Das Kaisertum Österreich gehörte zu den Mitgliedsstaaten des Bundes. Zum anderen hielt er sich 1827 für kurze Zeit in der neutralen Schweiz auf. Dennoch kann man mit Fug und Recht behaupten, dass von Gärtner im Februar 1827 eine Rundreise durch Deutschland unternahm, genauer gesagt durch Mittel- und Süddeutschland. Diese Reise sollte allerdings weit weniger reibungslos und planmäßig verlaufen als die Schwedentour. Zum einen machten von Gärtner gesundheitliche Probleme zu schaffen. Zum anderen gab es keine klaren Ziele mehr, die er ansteuern konnte. Die Zeit, in der er die Metropolen Europas bereiste und große Vokal- und Instrumentalkonzerte gab, war vorbei.

14.1 Sachsen

Anfang 1827 hielt sich Carl von Gärtner im Königreich Sachsen auf. Am 13. Februar gab er ein Gitarrenkonzert im Königlich Sächsischen Hoftheater, also dort, wo er zehn Jahre zuvor sein Debüt als Gitarrist gegeben hatte. Das Konzert fand im Anschluss an die Aufführung des Lustspiels Die Mäntel, oder: Der Schneider in Lissabon (1826) von Carl Blum statt (vgl. Kornmann 1828, S. 26).

Schellhafers Haus in Leipzig, später Hôtel de Saxe. Stich von Joh. Chr. Püschel. 1750.
Schellhafers Haus in Leipzig, später Hôtel de Saxe. Stich von Joh. Chr. Püschel. 1750.

Am 26. März trat von Gärtner im Hôtel de Saxe in Leipzig auf. Der Saal des Hôtel de Saxe war zur damals der eleganteste und größte in Leipzig (vgl. Kneschke 1867, S. 405). Das Konzert wurde durch drei Anzeigen in der Leipziger Zeitung angekündigt. Von Gärtner stellte sich dem Publikum als "Zögling des Königl. Musikconservatoriums in Paris und Mitglied mehrerer musikalischen Gesellschaften" vor (LZ 70/1827, S. 799; LZ 72/1827, S. 815; LZ 73/1827, S. 832).

Die Resonanz auf das Konzert war überaus positiv. Die Leipziger Zeitung schrieb am 31. März: "Am 26. März gab einer der ersten und ausgezeichnetsten Guitarrenspieler unserer Zeit, Hr. Carl v. Gaertner, in Leipzig ein Concert, worin der vollendete Meister auf diesem Instrumente seinen weit verbreiteten Ruf auf eine Art bewährte, welche Kenner und Liebhaber der Tonkunst zur Bewunderung hinriß, und ihm allgemeinen Beifall erwarb. Der Künstler ist seines Instruments vollkommen Meister, und weiß es mit seltner Zartheit und Genialität zu behandeln, wie sich jeder überzeugen wird, welcher so glücklich ist, diesen ebenso genialen als bescheidenen Virtuosen zu hören. Möge der treffliche Mann auf seinen fernern Reisen überall ein Publicum finden, das ihn freundlich und wohlwollend aufnimmt, und sein hohes Talent nach Verdienst zu würdigen versteht!" (LZ 78/1827, S. 884).

Der Zeitungsartikel war eher ein Werbetext oder eine Vorlage für Korrespondenznachrichten als eine Kritik. Er geht nicht auf Einzelheiten des Gitarrenkonzerts ein, sondern lobt allgemein den "vollendeten Meister" und "genialen Virtuosen" Carl von Gärtner. Es ist anzunehmen, dass von Gärtner den Text selbst verfasste und in der Leipziger Zeitung abdrucken ließ, um die Berichterstattung zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Das Stuttgarter Morgenblatt für gebildete Stände gab die Aussagen des Artikels tatsächlich unkritisch wieder: "Zu derselben Zeit gab Hr. von Gärtner (aus Paris) im Saale des hôtel de Saxe ein Konzert auf der Guitarre, auf welchem Instrument er Meister ist" (MGS 97/1827, S. 388). Auch die Berliner allgemeine musikalische Zeitung verwendete Begriffe aus dem Artikel, äußerte aber unterschwellig Kritik: "Von fremden Virtuosen hörten wir im letztverflossenen Winter folgende: die Klavierspieler Moscheles und Ries, den französischen Flötisten Guillou, den fertigen Harfenspieler Swoboda, die Harfenistin Sigra Ferrari aus Kopenhagen, den Mandolinenspieler Vimercati und die ausgezeichneten Guitarristen von Gärtner und Zoche. Sie sehen, der Ertrag war nicht allzugross; und die unvollkommenen Instrumente hatten die Oberhand. Unter diesen Virtuosen waren blos Moscheles und Guillou glücklich" (BAMZ 50/1827, S. 407). 

Der Eintrag "Guitarre" im Brockhaus-Konversationslexikon. 7. Aufl. 1827.
Der Eintrag "Guitarre" im Brockhaus-Konversationslexikon. 7. Aufl. 1827.

Eine Folge der positiven Berichterstattung über das Konzert war, dass von Gärtners Name noch im selben Jahr in das Brockhaus-Konversationslexikon aufgenommen wurde. Unter dem Stichwort "Guitarre" hieß es in der siebten Auflage des Brockhaus: "Außer Giuliani sind neuerdings noch Zocchi, und v. Gärtner als Guitarristen bekannt geworden" (Allg. deutsche Real-Encyklopädie 1827, S. 944). Der zweite Gitarrist, dessen Name in den Brockhaus aufgenommen wurde, Friedrich Karl Ignatz Zoche-Zochetti (1792-nach 1877), war auf ähnliche Weise zu dieser Ehre gekommen. Er hatte am 2. Dezember 1826 im Leipziger Theater ein Gitarrenkonzert gegeben (vgl. LZ 283/1826, S. 3288).

14.2 Bayern, Schweiz, Baden und Hessen

Theater und Harmonie am Schillerplatz, vor 1859 Theaterplatz, in Bamberg. Foto 1891.
Theater und Harmonie am Schillerplatz, vor 1859 Theaterplatz, in Bamberg. Foto 1891.

Im April 1827 reiste von Gärtner nach Bayern, genauer gesagt in den Ober- und Untermainkreis des Königreichs Bayern. Vermutlich wählte er den direkten Weg durch die Ernestinischen Herzogtümer.

Am 6. Juli trat von Gärtner im Kauer'schen Saal in der Harmonie am Theaterplatz in Bamberg auf (vgl. Bamberger Intelligenzblatt 52/1827, S. 564). Der große Saal über der Theatergaststätte Zur Rose war ein beliebter Veranstaltungsort für Konzerte, Maskenbälle, Feste und Bankette10. Das Münchner Unterhaltungsblatt Flora berichtete in seiner Ausgabe vom 10. August über dieses und ein weiteres Konzert: "Zwei Guitarren-Conzerte, die zu Anfang des Monats Juni Hr. Carl v. Gärtner, Zögling des Musik-Conservatoriums zu Paris, gab, befriedigten ziemlich unsre Erwartung; er bewies sehr viel Fertigkeit, doch ohne besondere Kraft, und überladet sein Spiel öfters mit Charlatanerie" (Flora 158/1827, S. 656; vgl. ZEW 27/1827, Sp. 1687).

Von Bamberg aus reiste von Gärtner weiter nach Kissingen, um sich dort einer Kur zu unterziehen. Es ist anzunehmen, dass der Kuraufenthalt der eigentliche Zweck seiner Reise nach Bayern war. Die Kissinger Trinkkuren dienten der Regulierung der Verdauung sowie der Behandlung von Nieren-, Blasen-, Harn- und Atemwegserkrankungen. Von Gärtner hielt sich vom 10. bis 14. Juli in Kissingen auf (vgl. Intelligenzblatt für den Unter-Mainkreis des Kgr. Bayern 83/1827, Sp. 1680). Vom 16. bis zum 21. Juli setzte er seine Kur in Brückenau fort (vgl. ebd. 86/1827, Sp. 1736). Typische Krankheitsbilder, die in Brückenau behandelt wurden, waren Herz- und Kreislauferkrankungen, Durchblutungsstörungen, Erkrankungen der Nieren, der Blase und der ableitenden Harnwege.

St. Gallen. Kol. Umrissradierung von Joh. J. Biedermann. 1823.
St. Gallen. Kol. Umrissradierung von Joh. J. Biedermann. 1823.

Von Brückenau aus reiste von Gärtner quer durch Bayern in Richtung Schweiz. Zwischen dem 9. und 15. September nahm er Quartier im Gasthof Zum Brandenburger Haus in Ansbach (vgl. Königl. Bayer. Intelligenzblatt für den Rezat-Kreis 38/1827, Sp. 2973). Im Oktober erreichte er die Schweiz. Vermutlich hielt er sich auch dort zur Erholung auf.

Am 29. Oktober gab von Gärtner ein Konzert in St. Gallen. Der Kantonsarchivar Peter Ehrenzeller dokumentierte das Konzert für die Stadt: "Des 29. October dieses Jahres ließ uns Hr. Gärtner, (Karl v.) Zögling des K. Musik-Konservatoriums in Paris und Mitglied mehrerer musikalischer Gesellschaften - seine seltene Kunstfertigkeit auf der Guitare bewundern. Wenn wir hiemit unsere Nachricht über diesen Künstler schliessen, so geschieht dies einzig darum, weil wir zu sehr bedauern, daß Hr. v. Gärtner sein musikalisches Talent und den eisernen Fleiß, welchen diese Kunstfertigkeit erfordern mußte, auf so unverzeihliche Weise an ein so undankbares - gewiß nicht zum Solospiel bestimmtes Instrument verschwendete. Er unterhielt uns noch mit Variationen, die er mit dem Munde pfiff, recht artig, allein auch von dieser Art Uebung gilt das Obige, das - nebenbei gesagt - auch wohl eher einer andern Gesellschaft zur Unterhaltung, als in ein Konzert gehört" (Ehrenzeller 1828, S. 72f.).

Der Gasthof "Zum Goldenen Adler" in Kempten um 1900. In: Ilg 2002, S. 64.
Der Gasthof "Zum Goldenen Adler" in Kempten um 1900. In: Ilg 2002, S. 64.

Von der Schweiz aus begab sich von Gärtner ins Allgäu. Im Voralpenland nahm er seine Konzerttätigkeit allmählich wieder auf. Im Januar 1828 gab er zwei Konzerte in Kempten. Das zweite Konzert fand am 14. Januar "im Saale des Adlers in der Neustadt" statt (Neueste Weltbegebenheiten 7/1828, S. 32; 8/1828, S. 36). Gemeint war vermutlich der Gasthof Zum Goldenen Adler. Einen anderen "Adler" gab es in der Stiftsstadt nicht.

Von Kempten ging es weiter nach Eichstätt. In der Residenzstadt des gleichnamigen Fürstentums gab von Gärtner um den 13. Februar zwei Konzerte. Eines fand im Theater der Casinogesellschaft am Jesuitenplatz statt, das andere im Gasthaus Der bayerische Hof am Domplatz. Von Gärtner spielte dort Variationen der Opernsängerin Angelica Catalani (1780-1849). Vermutlich handelte es sich um die Vokalbearbeitung von Rodes Air Varié G-Dur für Violine und Klavier (op. 10), einem Standardwerk der Sängerin.

Das ehemalige Casino-Gebäude in Eichstätt. Der 1819 eingerichtete Theatersaal befand sich im Obergeschoss.
Das ehemalige Casino-Gebäude in Eichstätt. Der 1819 eingerichtete Theatersaal befand sich im Obergeschoss.

Die Zeitung Der Bayerische Volksfreund berichtete am 19. Februar ausführlich "über das unübertreffliche Spiel auf der Guitarre des Hrn. v. Gärtner aus Hessen-Cassel": "Er hat uns zwei herrliche Abende, einen im Casino und einen im großen Saale des bayerischen Hofes, verschafft, indem er uns eine Gewandtheit auf einem sonst undankbaren, mit Schwierigkeiten aller Art übersäetem Instrument zeigte, welche alle unsere Erwartungen übertraf. Seine von ihm selbst componirte Fantasieen, welche sich, - durch mehrartige Stimmung der Guitarre, alle Tonarten durchkreuzend, durch das Hervorzaubern seiner, einer Harmonika ähnlichen Töne, durch harmonisch und chromatische, in Terzien und Sexten gebundenen Läufe - einschmeichelnd dem Ohr des erstaunten Zuhörers entgegenschwingen, zeichnen scharf den unermüdeten vollendeten Künstler. Wir hatten nur einen Wunsch, nämlich, daß Hr. v. Gärtner das Pfeifen der Variationen Catalanis mit dem Munde weglassen möchte. Hr. v. Gärtner reist von hier nach München, wo unser Urtheil bestätigt werden dürfte" (BV 29/1828, S. 125).

Der Zeitungsartikel basierte offensichtlich auf einem Text, den Carl von Gärtner selbst verfasst hatte. Dieselbe Textvorlage sollte von Gärtner gut neun Monate später in Speyer verwenden. Bezeichnenderweise strich der Zeitungsredakteur die Schlussformel des Textes und ersetzte sie durch die Bitte, bei künftigen Konzerten auf das Pfeifen zu verzichten. Diese Ablehnung ist insofern bemerkenswert, als von Gärtner sein Pfeifen zunehmend professionalisiert und virtuosisiert hatte. Präsentierte er seine Pfeifvorführung in Paris noch als musikalischen Scherz, so zeigte er in St. Petersburg seine Fähigkeit, über vier Oktaven zu flöten, und in Eichstätt imitierte er die legendäre Koloratursopranistin Angelica Catalani. Geholfen hat ihm das nicht. Sein Pfeifen wurde nicht als Kunst anerkannt.

Ob von Gärtner tatsächlich, wie angekündigt, nach München reiste, lässt sich anhand der Quellen nicht feststellen. Jedenfalls reiste er in den Isarkreis und gab in Landshut zwei Konzerte. Am 26. Februar kehrte er im Landshuter Gasthof Zum Kronprinzen ein (vgl. Landshuter Wochenblatt 9/1828, S. 71). Am 2. März gab er sein zweites Konzert "im Saale des Kron-Prinzen" (ebd. S. 70). 

Gasthof zum Goldenen Kreuz in Regensburg um 1875.
Gasthof zum Goldenen Kreuz in Regensburg um 1875.

Im März 1828 reiste von Gärtner in den Regenkreis des Königreichs Bayern. In der Hauptstadt Regensburg lernte er die Kurfürstlich Hessische Hofsängerin Rosa Nerl kennen. Die beiden Künstler verstanden sich auf Anhieb gut. Am 14. und 22. März traten sie gemeinsam im Gasthof Zum Goldenen Kreuz auf. Ihre Konzerte hatten sie im Regensburger Wochenblatt und in der Regensburger Zeitung angekündigt: "Freitag den 12. [sic] März wird im Saale des goldenen Kreuzes von Rosa Nerl und Carl von Gärtner (Zögling des königl. Musikconservatoriums in Paris und Mitglied mehrerer musikalischen Gesellschaften), ein Concert gegeben, worin erstere mehrere große Arien singen, und letzterer mehrere große Compositionen und von ihm gemachten Erfindungen, auf einer größeren nach eigener Angabe gefertigten Guitarre, spielen wird. Näheres melden die Concertzettel" (RW 11/1828, S. 132f.; vgl. RW 12/1828, S. 150; RZ 63/1828, S. 260).

Zwischen Rosa Nerl und Carl von Gärtner entwickelte sich eine romantische Liaison. Nerl begleitete den Gitarristen auf seiner Konzertreise durch den Isar-, Rezat- und Obermainkreis. Einige Stationen der gemeinsamen Reise sind dokumentiert. Am 25. April kehrten sie im Landshuter Gasthaus Zum schwarzen Hahn ein (vgl. LW 18/1828, S. 143). Vom 27. Mai bis 9. Juni hielten sie sich im Fürstentum Oettingen-Spielberg auf (vgl. Wochen-Blatt für das Fürstenthum Oettingen Spielberg 24/1828, S. 97). Vom 30. Mai bis 4. Juni wohnten sie im Gasthof Zum Reh in Nördlingen (vgl. Intelligenzblatt der Kgl. Bayer. Stadt Nördlingen 23/1828, S. 7). Am 20. Juni nahm von Gärtner Quartier im Gasthaus Zum Bayerischen Hof in Nürnberg (vgl. Allg. Intelligenz-Blatt der Stadt Nürnberg 74/1828, S. 1002).

 

Ende Juni erreichte das Künstlerpaar Bamberg. In der Domstadt traf von Gärtner auf den Volksschullehrer Georg Joseph Hennemann, dem er die didaktischen und methodischen Grundlagen des Gitarrenunterrichts vermittelte. Dieser zeigte sich so beeindruckt, dass er im folgenden Jahr von Gärtners Konzept für eine neue, private Sing- und Musikschule in Bamberg empfahl: "Sollten sich Guitarreschüler finden, so erhalten diese, wöchentlich drei Stunden, besonderen Unterricht vom Lehrer Hennemann nach der Methode des Herrn von Gärtner und nach den Lehrbüchern von Giulliani, Karulli, Molino, Portulazze u. dgl." (Allgemeine Schulzeitung Abth. I. 87/1829, Sp. 693). Von Gärtner nutzte offensichtlich die Gitarrenschulen von Bortolazzi, Carulli, Giuliani und Molino für seinen Unterricht. Wahrscheinlich erlernte er das Gitarrenspiel auch selbst mit Hilfe dieser Lehrbücher.

Die ehemalige Gaststätte von Johann Gehringer in Bamberg.
Die ehemalige Gaststätte von Johann Gehringer in Bamberg.

Im Juli traten von Gärtner und Nerl im Gehringer'schen Saal in Bamberg auf. Veranstaltungsort war das ehemalige Gasthaus Zum Schwarzen Adler in der alten Judengasse, das ab 1812 von Michael Hummel und ab 1825 von Johann Gehringer geführt wurde (Alt-Franken 19/1928, S. 151). Zur Gaststätte gehörte ein großer Garten. Der Name des Vorbesitzers hatte sich noch 1828 teilweise als Gasthausname erhalten.

Im ehemaligen Hummel'schen Gartensaal gaben von Gärtner und Nerl zwei Konzerte mit Orchesterbegleitung, die im Münchner Unterhaltungsblatt Flora ausführlich besprochen wurden. Die Kritik des Bamberger Korrespondenten fiel überwiegend positiv aus: "Im Laufe dieses Sommers wurden uns nur wenige Kunstgenüße zu Theil, von welchen ich Ihnen selbst wenig Interessantes mittheilen kann. Zwei Conzerte von Hrn. v. Gärtner und von Frau (oder Fräulein?) Rosa Nerl, Kurfürstl. Hess. Hofsängerin, fanden bei einem ziemlich zahlreichen Auditorium im Hummel'schen Gartensaale statt, in welchen sich Hr. v. Gärtner als sehr gewandten Guitarre-Spieler bewährte. In seinem Vortrage leistete er Alles, was nur auf diesem Instrumente möglich ist. Sein Ton ist zwar nicht besonders markig, und bei sehr schwierigen Passagen vermißt man oft die Deutlichkeit; dem ungeachtet glauben wir, Hrn. v. Gärtner in die Reihe der ersten Guitarrespieler setzen zu dürfen. - Fr. Rosa Nerl, welche wir Arien von Rossini, von Pucitta, dann die bekannten Variationen der Mad. Vespermann singen hörten, besitzt eine nicht unangenehme Stimme, ziemlich viel Stärke ohne besonders großen Umfang und viele Kehlenfertigkeit; den Vespermann'schen Variationen (mi sento già mi sento) ist dieselbe jedoch nicht gewachsen, weil solche einen eminenten Umfang, viel Kraft und sehr große Fertigkeit, wie solches die verlebte Mad. Vespermann besaß, erfordern. - Die Ouverturen von Mehul und von Rossini wurden von einem schwach besetzten Orchester ziemlich gut executirt" (F 195/1828, S. 794). Eines der beiden Konzerte im Gehringer'schen Saal fand am 24. Juli statt (vgl. Jäck 1833, S. 835). Die Konzerte wurden auch in der Zeitung für die elegante Welt erwähnt (vgl. ZEW 29/1829, Sp. 503).

Nach den Konzerten in Bamberg trennten sich Rosa Nerl und Carl von Gärtner. Nerl kehrte vermutlich nach Regensburg zurück. Von Gärtner begab sich erneut zur Kur nach Kissingen. In einer Liste des Kurhauses wird er für die Zeit vom 24. Juli bis 5. August als Kurgast geführt (vgl. Intelligenzblatt für den Unter-Mainkreis des Kgr. Bayern 91/1828, Sp. 1544). Nach Beendigung des Kuraufenthaltes reiste er für kurze Zeit in das Großherzogtum Baden. Vom 17. bis 21. Oktober wohnte er im Gasthof Zum roten Haus in Karlsruhe (vgl. Karlsruher Intelligenz- und Wochen-Blatt 85/1828, S. 538). Am 24. Oktober kündigte er in der Karlsruher Zeitung ein Konzert im Gasthaus Zum Badischen Hof an. Aufgrund eingetretener Umstände musste es vom 27. auf den 30. Oktober verschoben werden (vgl. KZ 296/1828, S. 1717; 298/1828, S. 1732). 

Speyer von Nordosten. Kol. Aquatinta von J. L. Bleuler. Vor 1840.
Speyer von Nordosten. Kol. Aquatinta von J. L. Bleuler. Vor 1840.

Von Gärtner kehrte schon bald nach Bayern zurück. Am Rhein entlang reiste er nach Speyer, wo er um den 26. November zwei Konzerte gab. Drei Tage später erschien in der Neuen Speyerer Zeitung der gleiche Konzertbericht, der rund neun Monate zuvor im Bayerischen Volksfreund erschienen war. Der Text, in dem "von dem unübertrefflichen Spiel auf der Guitarre des Hrn. v. Gärtner aus Hessen-Cassel" die Rede war, stammte von ihm selbst und wurde von der Redaktion unverändert auf der Titelseite abgedruckt:

"Dieser Künstler hat uns dieser Tage zwey genußreiche Abende verschafft, indem er eine Gewandtheit ohne Beispiel auf einem sonst undankbaren, mit Schwierigkeiten aller Art verbundenen Instrument zeigte, welche einstimmige Bewunderung erweckte. Er ist dessen nicht allein vollkommener Meister, sondern behandelt dasselbe mit einer solchen Zartheit und Genialität, daß nun der Beweis geliefert ist, wie weit man es mit ausdauerndem Fleiß und Liebe zur Sache in der Kunstfertigkeit auch auf diesem sonst nur begleitenden Instrumente bringen kann. - Seine von ihm selbst componirte Phantasien, welche durch mehrartige Stimmung der Guitarre, alle Tonarten durchkreuzend und durch das Hervorbringen seiner, einer Harmonika ähnlichen Töne, durch gebundene Läufe aller Arten, dem Ohr des Zuhörers nähern, so wie auch die Nachahmung des Tambourin, und dann das Spiel mit einer Hand ohne sich der andern zu bedienen, zeichnen den unermüdeten vollendeten Künstler welcher gewiß allen und jeden Verehrern eben so angenehm seyn wird als er uns war" (NSZ 145/1828, S. 1).

Tatsächlich war das Interesse an seinen Soloauftritten gering. Die Konzertkritiken musste er selbst schreiben. Von seinen Konzerteinnahmen konnte er kaum leben. Seine finanziellen Reserven waren durch die Kuren aufgebraucht. Von Gärtner spielte mit dem Gedanken, das Gitarrenspiel aufzugeben. Nur wenige Tage nach seinem Auftritt in Speyer bot er seine Gitarre in Würzburg zum Verkauf an. Am 29. November versteigerte die Witwe des Würzburger Antiquars Louis "eine ganz neue, vorzüglich gute Guitarre nach der Erfindung des berühmten Guitarre-Spielers Charles de Gärtner" an den Meistbietenden (Intelligenzblatt für den Unter-Mainkreis des Kgr. Bayern 136/1828, Sp. 2277). Das Instrument fand jedoch keinen Käufer. Die Konzertgitarre, die von Gärtner in Mitau nach seinen Vorstellungen hatte bauen lassen, befand sich noch in seinem Nachlass.

Das ehemalige Königlich-Bayerische Schullehrerseminar in Altdorf.
Das ehemalige Königlich-Bayerische Schullehrerseminar in Altdorf.

Ob sich von Gärtner in den folgenden Monaten weiter im Untermainkreis aufhielt oder einen Abstecher ins Großherzogtum Hessen machte, ist nicht ganz klar. Zumindest ein Aufenthalt in Darmstadt wird in den Quellen erwähnt und dürfte in diesen Zeitraum fallen. Sicher ist, dass sich von Gärtner ab April 1829 im Rezatkreis des Königreichs Bayern aufhielt. Zwischen dem 5. und 11. April 1829 wohnte er im Gasthof Zum Brandenburger Haus in Ansbach (vgl. Kgl. Bayer. Intelligenzblatt für den Rezat-Kreis 30/1829, Sp. 480).

Am 31. Mai und 3. Juni gab er zwei Konzerte in Altdorf bei Nürnberg. Mindestens eines der beiden Konzerte fand im Königlich-Bayerischen Schullehrerseminar statt. Bei beiden Konzerten war der Schriftsteller Andreas Heinrich von Fabrice (1765-1848) anwesend. In seinem autobiografischen Tagebuch erinnert er sich besonders an das zweite "Concert im Seminar, welches der Tonkünstler v. Gärtner aus Darmstadt gab" (Fabrice 1834, S. 78; vgl. S. 76).

Von Altdorf aus reiste von Gärtner weiter in den Regenkreis, möglicherweise um die Familie Nerl zu besuchen. Am 25. Juni 1829 übernachtete er im Wittelsbacherhof in Amberg (vgl. Amberger Wochenblatt 26/1829, Sp. 396). Etwa eineinhalb Tagesreisen von Amberg entfernt lag Regensburg. Hier kehrte von Gärtner kurzerhand um und fuhr nach Kissingen und Brückenau. Dort hielt er sich vom 9. bis 23. Juli jeweils für eine Woche zur Kur auf (vgl. Beylage zum Intelligenz-Blatt für den Unter-Mainkreis des Kgr. Bayern 83/1829, Sp. 1288; Intelligenz-Blatt für den Unter-Mainkreis 92/1829, Sp. 1492). Die Konzertreise wurde nicht fortgesetzt. Für das Jahr 1830 sind keine Konzerte von Gärtners belegt.


Exkurs 2: Rosa Nerl

An dieser Stelle soll etwas ausführlicher auf das Leben der Opernsängerin Rosa Nerl und ihre Beziehung zu Carl von Gärtner eingegangen werden.

Rosa Nerl wurde im Mai 1807 in Regensburg als Tochter des großherzoglich-würzburgischen Legationssekretärs Jakob Joseph Nerl (1768-1815) und seiner Frau Franziska "Fanny", geb. Klein (1778-1839) geboren. Dies geht aus einem Brief hervor, den der Verwaltungsleiter des Karlsruher Hoftheaters, Xaver Keller, am 23. Mai 1824 an Louis Spohr in Kassel schrieb. Keller teilte Spohr mit, dass ihm die "verwittvete Frau LegationsRäthin Fanny Nerl", eine Sängerin zur Anstellung empfohlen habe, die "noch nicht volle 18. Jahr alt" sei (Spohr Briefe Nr. 1824052347). Im Laufe der Korrespondenz stellte sich heraus, dass es sich bei der Sängerin um die Tochter Rosa handelte. 

Die einzige Tochter der Eheleute Nerl, die im Mai 1824 noch nicht ganz, aber fast 18 Jahre alt war, war Maria Carolina. Sie war am 30. Mai 1807 getauft worden. Den Namen erhielt sie von ihrer Taufpatin Maria Carolina Freiin Linker von Lützenwick (1789-1861), die im adeligen Damenstift Niedermünster in Regensburg lebte (vgl. Regensburg-Dom012_0074, S. 138). Im Juni 1810 wurde sie unter dem Namen "Anne Marie Karoline" in den Familienbogen ihres Vaters eingetragen. Der Name "Rosa" war vermutlich eine Art Kosename oder ein Künstlername, den sich Anne Marie Karoline später als Sängerin zulegte. Ihre Tante, die ältere Schwester des Vaters, hieß "Maria Anna Rosina" (Regensburgisches Diarium 16/1764, S. 2). Möglicherweise stand der Vorname der Tante Pate.

"Rosa" Nerl wuchs in einer streng katholischen Familie auf. Darauf deutet zumindest der Wohnort des Vaters hin. Jakob Joseph Nerl lebte bis zu seinem frühen Tod am 7. Januar 1815 im "Löbl. Collegiatstift zu St. Johann am St. Cassiansplatz" (Augustin 1812, S. 182). Das Ehepaar Nerl hatte neun Kinder, von denen vier kurz nach der Geburt starben11. Laut Familienbogen zog Fanny Nerl mit ihren Kindern am 4. Juli 1816 nach Straßburg in die Nähe ihrer Familie. Ihr Vater Franz Xaver Klein war Kaufmann im elsässischen Molsheim (vgl. Regensburg-Dom012_0074, S. 138)Während der älteste Sohn Franz Seraph die berufliche Laufbahn des Vaters einschlug und die Königliche Studienanstalt in Würzburg besuchte, konnte die zweitälteste Tochter Anne Marie Karoline ihren künstlerischen Neigungen nachgehen und Gesangsunterricht nehmen.

Das Hoftheater in Kassel. Stahlstich von Joh. Poppel. 1840.
Das Hoftheater in Kassel. Stahlstich von Joh. Poppel. 1840.

Im Alter von siebzehn Jahren bewarb sich Rosa Nerl als Sängerin und Schauspielerin am Kurfürstlichen Hoftheater in Kassel. Obwohl sie nach Aussage des Hofkapellmeisters Louis Spohr "eine Anfängerin [war], die noch nie ein Theater betreten hatte", erhielt sie im August 1823 einen Dreijahresvertrag mit einem Anfangsgehalt von 660 Reichstalern (Spohr Briefe Nr. 1824052917).

Ihre ersten Sporen als Sängerin verdiente sie sich mit Auftritten in den Zwischenakten eines Schauspiels. Die Allgemeine musikalische Zeitung nahm einen ihrer Auftritte zum Anlass, die junge Sängerin der Öffentlichkeit vorzustellen: "Einen neuen Zuwachs hat unser Singpersonal wieder an Dem. Merl [sic] erhalten, welche während der Zwischenakte eine Arie von Pär (aus Achilles) und eine Cavatine von Rossini (aus der diebischen Elster) vortrug. Nicht nur ihre schöne Sopranstimme sondern auch ihr Vortrag fanden viel Beyfall, wiewohl eine allzugrosse Befangenheit sie verhindern mochte, ganz zu zeigen, was sie zu leisten vermag. Als darstellende Künstlerin soll sie noch ganz neu seyn" (AMZ 25/1823, Sp. 709; vgl. Der Freimütige 33/1823, S. 132).

Im September 1823 erhielt Nerl aufgrund personeller Engpässe die Rolle der Amenaide in Rossinis Tancred: "Da uns die vortreffliche Künstlerinn, Dem. Braun, bereits wieder verlassen hat, so gab in letzterer Oper eine Dem. Nerl die Amenaide (...). Was die Demoiselle betraf, so wurde sie tüchtig beklatscht" (Der Freimütige 46/1823, S. 183). Das Personalkarussell am Kasseler Hoftheater drehte sich, und Nerl profitierte davon. Die Allgemeine musikalische Zeitung berichtete: "Durch eine ernstliche Krankheit, von der Hr. Gerstäcker in den ersten Tagen des Octobers heimgesucht wurde, und durch den Abgang der Dem. Braun und Mad. Steinert, entstanden bey unserer Oper Lücken, welche uns die Hoffnungen auf manchen höhern Kunstgenuss zu entziehen schienen, da von einem anderweiten Ersatze nichts Bestimmtes bekannt war. Dass der General-Director, Hr. Feige, dafür sorgen würde, bezweifelte man indess nicht, und das Gastspiel von Mad. Krüger-Aschenbrenner, so wie das Etablissement von Winterconcerten entsprach dieser Erwartung. Wenn gleich von den Sängerinnen nur Dem. Roland, Nerl und Backofen blieben; so trat doch kein Stillstand in den Opernaufführungen ein. Dem. Nerl, seit kurzem erst bey der Bühne, leistete als Amenaide im Tancred und Elvira im Opferfeste mehr, als man erwartete, und fand viel Beyfall. Möge sie die ihr günstigen Verhältnisse zur Vervollkommenung ihres achtbaren dramatischen Talents und ihrer schönen Stimme benutzen" (AMZ 26/1824, Sp. 225f.; vgl. BAMZ 1/1824, S. 431f.).

Rosa Nerl war voll in den Theaterbetrieb integriert. Seit Ende 1823 trat sie regelmäßig als Solistin in den Abonnementskonzerten des Theaters auf (vgl. BAMZ 1/1824, S. 196; AMZ 26/1824, Sp. 227; AMZ 27/1825, Sp. 362). Am 3. März 1824 sang sie die Rolle der Obervestalin in Spontinis Vestalin, am 7. März die Elvira in Mozarts Don Juan und am 5. April die Thisbe in Rossinis Aschenbrödel. Außerdem sang sie die Konstanze in Mozarts Entführung aus dem Serail (vgl. Spohr Briefe Nr. 1824052347). Ihre sängerischen Leistungen wurden durchweg positiv beurteilt (vgl. AMZ 26/1824, Sp. 483; vgl. BAMZ 1/1824, S. 214.219). Der Korrespondent der Berliner Allgemeinen Musikalischen Zeitung setzte große Hoffnungen in ihr Talent: "Diese junge Sängerin, Mitglied des kurfürstl. Hoftheaters, verspricht schon jetzt, bei ihren ersten Leistungen, in kurzem eine vorzügliche Künstlerin zu werden. Die Natur hat ihr alles gegeben, was dieses Versprechen begründen kann, besonders ein schönes Organ und - wie es scheint - ein tiefes Gefühl. Wir hoffen also, dass sie Wort halten und eine neue Zierde unserer Bühne werden wird" (BAMZ 1/1824, S. 196). Nerl war aus dem Kasseler Theaterleben nicht mehr wegzudenken. 1824 wurde ihr Name im Kurhessischen Staats- und Address-Handbuch im Personalverzeichnis des Theaters aufgeführt (vgl. Hessen 1824, S. 97).

Mitte 1824 kam es zum Eklat. Als die Königlich Bayerische Hofsängerin Louise Schweitzer mit mehr als dem doppelten Gehalt am Hoftheater engagiert wurde, versuchte Fanny Nerl, ihre Tochter zu besseren Bedingungen am Karlsruher Hoftheater unterzubringen (vgl. Spohr Briefe Nr. 1824052347). Der Versuch scheiterte. Die Direktion war "keineswegs geneigt, sie vor Ablauf der 3 Jahre ihres Contracts zu entlassen". Sie war zwar mit Nerls schauspielerischen Leistungen unzufrieden, musste aber zugeben, dass sie "im Gesang ... Fortschritte gemacht" habe (Spohr Briefe Nr. 1824052917). In der zweiten Hälfte des Jahres 1825 verstummten die Berichte über Nerls Auftritte. 1826 verließ die Sängerin das Theater und verklagte die Hoftheaterdirektion auf Zahlung eines rückständigen Monatsgehalts (vgl. HStAM, 266 Kassel, 787).

Das Breslauer Theater "Kalte Asche" an der Ecke Ohlauer- und Taschenstraße. 1798.
Das Breslauer Theater "Kalte Asche" an der Ecke Ohlauer- und Taschenstraße. 1798.

Am 1. Oktober 1826 zog Rosa Nerl gemeinsam mit ihrer Mutter und einer jüngeren Schwester nach Breslau12. Sie hatte eine Anstellung als Sängerin am Theater "Kalte Asche" in Aussicht. Noch im selben Monat sang sie dort die Rolle der Desdemona in Rossinis Othello und die Rolle der Amenaide in Tancred (vgl. ZEW 20/1827, S. 159f.). Doch auch hier war ihr kein Glück beschieden. Am Breslauer Theater blieb sie nur wenige Monate.

Vom 7. bis 14. Dezember 1827 hielt sich Fanny Nerl mit ihrer Familie in Karlsruhe auf (vgl. Karlsruher Intelligenz- und Wochen-Blatt 100/1827, S. 4; Beylage zum Karlsruher Intelligenz- und Wochen-Blatt 101/1827, S. 2). Vermutlich versuchte sie erneut, ihre Tochter am Karlsruher Hoftheater unterzubringen, jedoch ohne Erfolg. Vom 8. bis 10. Februar 1828 hielt sie sich in Nürnberg auf (vgl. Allg. Intelligenz-Blatt der Stadt Nürnberg 20/1828, S. 120; Friedens- u. Kriegs-Kurier 36/1828, S. 4). Hier suchte sie für ihre Tochter eine Anstellung am Stadttheater. Wie sich herausstellen sollte, hatte sie diesmal mehr Glück. Sie plante bereits, von Straßburg nach Regensburg zurückzukehren. Hatte sie in Karlsruhe noch "Straßburg" als ihren Heimatort angegeben, so nannte sie in Nürnberg "Regensburg" als ihre Heimatstadt. Der Wohnortwechsel wurde im November 1828 im Familienbogen vermerkt. 

Im März 1828 lernten sich Rosa Nerl und Carl von Gärtner in Regensburg kennen. Der Funke muss sofort übergesprungen sein. Denn Nerl und von Gärtner traten nicht nur zweimal gemeinsam in Regensburg auf, sondern unternahmen anschließend eine Konzertreise durch Bayern. Die Kurfürstlich Hessische Hofsängerin und der Gitarrist aus Hessen-Kassel ergänzten sich auf ideale Weise. Gemeinsam konnten sie ohne großen Aufwand abwechslungsreiche Vokal- und Instrumentalkonzerte gestalten. Die Konzerte waren entsprechend gut besucht und wurden von der Presse positiv aufgenommen. Im Juli endete die erfolgreiche Zusammenarbeit in Bamberg. Von Gärtner begab sich zur Kur nach Kissingen. Nerl kehrte vermutlich nach Regensburg zurück und trat im September ihre neue Stelle in Nürnberg an. Am 29. September übernachtete sie mit ihrer Mutter im Bayerischen Hof in Nürnberg (vgl. Allg. Intelligenz-Blatt der Stadt Nürnberg 118/1828, S. 1530; Friedens- u. Kriegs-Kurier 251/1828, S. 4)Ihre Mutter war nach Nürnberg gereist, um sie beim Antritt der neuen Stelle zu unterstützen. Am 13. Oktober trat Fanny Nerl sogar als Gast im Nürnberger Theater auf. Sie spielte die Rolle des Klärchens in Holbeins Lustspiel Der Verräter (vgl. Der Friedens- und Kriegs-Kurier 262/1828. S. 4).

Das Interims-Theater auf der Schütt. Aquarell von G. C. Wilder. 1828.
Das Interims-Theater auf der Schütt. Aquarell von G. C. Wilder. 1828.

Ab August oder September 1828 war Rosa Nerl am Nürnberger Theater unter der Leitung von Marianne von Trentinaglia engagiert (vgl. Mayer 1843, S. 104). Genauer gesagt war sie am Interimstheater auf der Insel Schütt beschäftigt, einem hölzernen Provisorium mit amphitheatralischem Zuschauerraum. Der 1827 errichtete Bretterverschlag machte die finanzielle Situation des Nürnberger Theaters nach außen hin sichtbar. Von Trentinaglia hatte das Theater kontinuierlich heruntergewirtschaftet. Bereits Anfang 1828 häuften sich die Gagenrückstände. Aufgrund der Zahlungsschwierigkeiten kam es zum Bruch zwischen der Direktion und dem Ensemble und von Trentinaglia verließ mit dem einkassierten Geld die Stadt (vgl. Hysel 1863, S. 181). Von September 1828 bis Dezember 1829 übernahmen der Sänger Bonhack und der Schauspieler Carl Hahn die Leitung des Theaters (vgl. Mayer 1843, S. 88f.116). Aber auch sie waren "nicht im Stande, die Anstalt aus ihrem Schuldenabgrunde zu heben, ja sie ließen sie noch tiefer fallen und zu bewundern war es nur, daß die Bühne noch so viele brauchbare Mitglieder zählte, die trotz der Gageninfirmitäten in Nürnberg ausharrten" (ebd. S. 107).

Rosa Nerl konzentrierte sich zunächst ganz auf ihre Arbeit. Im Winter 1828/29 sang sie die Rolle der Adele in Aubers komischer Oper Das Konzert am Hofe (vgl. Flora 152/1829, S. 627). Das Unterhaltungsblatt Flora war mit ihrer Leistung zufrieden: "Dlle. Nerl singt die jugendlichern Parthien der Opern. Ihre Stimme ist voll und wohltönend, aber ohne bedeutende Höhe, und ihre Schule - bis auf die deutliche Aussprache des Textes - gut" (Flora 114/1829, S. 464). Nerl scheint auch als Schauspielerin tätig gewesen zu sein. Zwischen dem 15. und 21. März 1829 gastierte das Ensemble in Ansbach, vermutlich im dortigen Schlosstheater (vgl. Kgl. Bayer. Intelligenzblatt für den Rezat-Kreis 24/1829, S. 368). Es ist gut möglich, dass Carl von Gärtner sie im April oder Mai 1829 in Nürnberg besuchte. Anfang April war er in Ansbach, Ende Mai in Altdorf bei Nürnberg. Von dort aus setzte er seine Reise in Richtung Regensburg fort.

Anzeige von Rosa Nerl im "Friedens- und Kriegs-Kurier" vom 22. Juni 1829.
Anzeige von Rosa Nerl im "Friedens- und Kriegs-Kurier" vom 22. Juni 1829.

Im Juni zeigte sich, dass auch Rosa Nerl von der Finanzkrise des Nürnberger Theaters betroffen war. Am 24. Juni führte das Theater die komische Oper Der Schnee von Auber "zum Vortheil der Sängerin Demois. Rosa Nerl" auf (Friedens- u. Kriegs-Kurier 175/1829, S. 4; vgl. ebd. 173/1829, S. 4). Mit den Einnahmen sollten die Gagenrückstände der Sängerin beglichen werden. Das tat ihren Auftritten jedoch keinen Abbruch, im Gegenteil. Die Kritik war mit ihrer Leistung als Gräfin in Figaros Hochzeit überaus zufrieden: "Dlle. Nerl (Gräfin) war diesmal die Beste, konnte aber die Oper nicht allein singen" (Flora 152/1829, S. 627).

Die angespannte Situation am Theater forderte jedoch auf die Dauer ihren Tribut. Die Stimme der Sopranistin litt. Die Kritiken wurden zunehmend negativer. Der Korrespondent der Flora klagte über die "klanglose heisere Stimme der Dlle. Nerl": "Wer ist musikalisch gebildet genug, hörte Dlle. Nerl, hörte sie, ohne durch ihre Satelliten geblendet zu seyn, in der 'Zauberflöte' oder 'Schweizerfamilie', und weiß nicht, daß sie kaum eine Octave brauchbarer Töne besitzt?" (ebd. 181/1829, S. 743). "Richtige Gesangsmethode wird ihr Niemand absprechen, über einen Bockstriller sieht man auch wohl weg, aber schlecht bleibt ihre Stimme, und ihr Spiel noch schlechter, sogar schlechter als ihre Sprache" (ebd. 182/1829, S. 746).

Rosa Nerl zog die Konsequenzen und verließ ihren Arbeitgeber. Im September 1829 trat sie eine neue Stelle am Herzoglich Sächsischen Hoftheater zu Coburg-Gotha an. Vom 18. bis 25. September sang sie in Coburg vier Rollen: die Adele in Aubers Oper Das Konzert am Hofe, das Fräulein von Wellmar in Aubers Oper Der Schnee, die Zanetta in Die erste Liebe und die Aurora in Der Gesandte (vgl. Weiß 1877, S. 150). Offenbar versuchte Nerl, ihre Stimmprobleme durch besonderen Einsatz auszugleichen. Der Erfolg blieb ihr jedoch versagt. Der Fränkische Merkur urteilte: "Demoiselle Nerl, ein noch sehr schwaches Licht - am theatralischen Himmel" (Beilage zum Fränkischen Merkur 3/1830, S. 4). Am 10. Februar 1830 trat sie in Gotha in Millenets Lustspiel Die Damen unter sich auf (vgl. ebd. 9/1830, S. 4). Danach verlieren sich ihre Spuren. Rosa Nerl wird in keiner Theater- oder Musikzeitschrift mehr erwähnt. Ihre Karriere als Sängerin und Schauspielerin scheint beendet.


15 Abbruch der Konzertreise und Heirat

Im März 1831 unternahm Carl von Gärtner eine Konzertreise durch Sachsen und Bayern. Diesmal reiste er nicht allein, sondern in Begleitung seiner Frau. Von Gärtner hatte geheiratet.

Über Frau von Gärtner ist nicht viel bekannt. Vor ihrer Heirat hieß sie Demoiselle Elsner (vgl. AMZ 33/1831, Sp. 246). Sie war eine kurfürstliche Hofsängerin in Kassel (vgl. Augsburger Tagblatt 59/1832, S. 240). Ihre Stimmlage war Mezzosopran (vgl. AMZ 33/1831, Sp. 246) und ihr Vorname begann mit der Initiale R. (vgl. Münchener Tagblatt 336/1835, S. 1468). Weitere Angaben sind den Quellen nicht zu entnehmen. Bei dem Versuch, mehr über die Person der Ehefrau zu erfahren, stößt man schnell an Grenzen. Weder im Kurhessischen Staats- und Addreß-Handbuch noch in den Konzertkritiken der Musik- und Theaterzeitschriften findet sich eine Hofsängerin Elsner. Je intensiver man nach ihr sucht, desto eher kommt man zu dem Schluss, dass man einem Phantom nachjagt. Und in der Tat war die kurfürstliche Hofsängerin R. Elsner ein Phantom, ein Fantasiegebilde der echten Frau von Gärtner: Rosa Nerl.

Fünf Gründe sprechen dafür, dass es sich bei Frau von Gärtner und Rosa Nerl um ein und dieselbe Person handelt:

  1. Von Gärtners Frau war Sängerin am Kasseler Hoftheater. Der Kreis der dort beschäftigten Sängerinnen war recht überschaubar. Eine Demoiselle Elsner gehörte nicht dazu. Allerdings gab es eine Kurfürstlich Hessische Hofsängerin, mit der von Gärtner eine romantische Beziehung hatte: Rosa Nerl.
  2. Die Arien, die Frau von Gärtner in den Konzerten ihres Mannes sang, wurden auch von Rosa Nerl gesungen: die Arie mit Chor aus Rossinis Oper Cenerentola, Arien von Auber und eine Arie von Pucitta. Es gab damals viele Sängerinnen, die Arien von Rossini und Auber sangen, aber relativ wenige sangen Arien von Vincenzo Pucitta.
  3. Frau von Gärtners Stimmlage war Mezzosopran. Rosa Nerl hingegen sang hauptsächlich Sopranpartien. Nur selten trat sie als Mezzosopranistin auf (Hohepriesterin in Vestalin, Thisbe in Aschenbrödel). Im Laufe ihrer Karriere musste sie sich jedoch immer öfter den Vorwurf gefallen lassen, ihre Sopranpartien nicht auszufüllen. Ein für sie nur allzu logischer Schritt war der Stimmfachwechsel.
  4. Frau von Gärtners Vorname begann wie der von Rosa Nerl mit dem Buchstaben R.
  5. Das Ehepaar von Gärtner machte auf seiner Konzertreise teilweise an denselben Orten Station wie von Gärtner und Rosa Nerl: im Fürstentum Oettingen-Spielberg und in Nördlingen.

Nach dem bisher Gesagten kann kein Zweifel daran bestehen, dass Carl von Gärtner die ehemalige Hofsängerin Rosa Nerl geheiratet hat. Die Kenntnis der Person der Ehefrau erlaubt es nun, die Umstände der Eheschließung näher zu beschreiben. Nerl und von Gärtner befanden sich 1830 in einer Krise. Rosa Nerl hatte sich dreimal vergeblich um eine feste Anstellung als Opernsängerin bemüht. Sie hatte Stimmprobleme und ihre berufliche Zukunft war ungewiss. Carl von Gärtner war gesundheitlich angeschlagen. Immer wieder musste er seine Konzertreisen unterbrechen. Auch konnte er nicht mehr an seine früheren Erfolge anknüpfen. Finanziell ging es ihm schlecht. Es ist daher anzunehmen, dass die beiden miteinander Kontakt aufnahmen und sich gegenseitig unterstützten. Wo sie sich trafen und später heirateten, ist nicht bekannt. Carl von Gärtner stammte aus der protestantischen Landgrafschaft Hessen-Kassel, Rosa Nerl aus einer katholischen Familie. Eine kirchliche Trauung zwischen einem Protestanten und einer Katholikin war im frühen 19. Jahrhundert nicht ohne weiteres möglich. Auch hätte Franziska Nerl einer Heirat zwischen dem mittellosen Carl von Gärtner und ihrer Tochter kaum zugestimmt. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass die Eheschließung heimlich stattfand oder die Ehe nur vorgetäuscht wurde. Dies würde auch erklären, warum Rosa von Gärtner in der Allgemeinen musikalischen Zeitung einen falschen Geburtsnamen angab13.

16 Ein Neuanfang: Die Konzertreise des Ehepaars von Gärtner

16.1 Sachsen

Schachers Haus in Leipzig, später Klassigs Kaffeehaus. Stich von J. G. Schreiber. 1720.
Schachers Haus in Leipzig, später Klassigs Kaffeehaus. Stich von J. G. Schreiber. 1720.

Das frisch vermählte Ehepaar von Gärtner debütierte in Leipzig. Carl von Gärtner hatte die Musik- und Verlagsstadt nicht zufällig als Auftrittsort gewählt. Die Musikberichterstattung hatte hier einen höheren Stellenwert als in den meisten anderen deutschen Städten. Zudem konnte hier durch gute Pressearbeit eine große Reichweite erzielt werden. 

In der Hoffnung auf einen erfolgreichen Auftakt ihrer Tournee veranstaltete das Künstlerpaar ein Vokal- und Instrumentalkonzert mit Orchester. Aufführungsort war Klassigs Kaffeehaus in der Katharinenstraße, damals das erste Kaffeehaus Leipzigs (vgl. Kneschke 1867, S. 406). Mit diesem Konzert verband das Künstlerpaar sicherlich große Hoffnungen. Am 17. März 1831 wurde es in der Leipziger Zeitung groß angekündigt: 

"Im Klassig'schen Saale, Sonnabend, den 19. März: Vocal- und Instrumental-Concert, gegeben von Carl von Gärtner und seiner Frau.

Erster Theil. 1) Erster Satz eines Concerts für Guitarre mit Accompagnement, vom Concertgeber. 2) Venetianische Cavatine variée, comp. vom Concertgeber, gesungen von seiner Frau. 3) Introduction und Fandango für Guitarre von Genanntem. 4) Arie von Putcita, gesungen von Genannter. - Zweiter Theil. 1) Concert Polonaise von Giuliani mit Accompagnement des Orchesters gespielt vom Concertgeber. 2) Arie mit Chor aus der Oper Cenerentola von Rossini, gesungen von Genannter. 3) Variationen, gepfiffen in einem Umfange von 4 Octaven, vom Concertgeber (ein Scherz). 4) Adagio und Hexen Tanz variée für Guitarre solo, v. Concertg. Entrée 12 Gr. Anf. 1/2 7 Uhr Abends" (LZ 65/1831, S. 642).

Aus dem Programm geht hervor, dass von Gärtner sein Repertoire für Gitarre erweitert und einige Stücke überarbeitet hatte. Die beiden konzertanten Stücke gehörten zum alten Repertoire. Von Gärtner spielte noch die Polonaise in A-Dur aus Giulianis Gitarrenkonzert Nr. 1, obwohl er 1824 im Landständischen Saal die "Polonaise eines von ihm komponierten Konzertes" aufgeführt hatte. Dies lässt Zweifel daran aufkommen, ob die in Wien aufgeführte Polonaise tatsächlich von ihm komponiert wurde. Die gepfiffenen Variationen gehörten ebenfalls zum alten Repertoire. Ihr Tonumfang wurde jedoch auf vier Oktaven erweitert. Auch der Fandango wurde überarbeitet und mit einer Einleitung versehen. Neu waren dagegen die Eigenkompositionen Venetianische Cavatine variée und Adagio und Hexen Tanz variée. Der Hexentanz könnte eine Umarbeitung seiner Fantasie gewesen sein, die gewissermaßen ein Sammelsurium technischer Hexereien war. Möglicherweise passte von Gärtner den Titel dem Zeitgeschmack der Romantik an.

Die Allgemeine musikalische Zeitung reagierte in ihrer Kritik positiv auf das Konzert. Vor allem die gesangliche Leistung Rosa von Gärtners wurde gelobt: "Gegen Ende des vorigen Monats unternahm ein sehr geschickter Guitarrist, Carl von Gärtner im Klassig'schen Saale zwey Extra-Concerte. Seine Gemahlin (früher in Kassel, Dem. Elsner) erwarb sich als fertige Sängerin lauten Beyfall. Stimme (Mezzo-Sopran) und Gestalt eignen sich gut für das Theater. Leider war der Saal nicht sehr besetzt" (AMZ 33/1831, Sp. 246). Das positive Presseecho stand jedoch in deutlichem Gegensatz zum geringen Interesse des Leipziger Publikums an dem Konzert. Es ist davon auszugehen, dass von Gärtner an der Abfassung des Textes beteiligt war. Insbesondere der Hinweis auf die Eignung seiner Frau für das Theater hatte stark werbenden Charakter. Auch die Angabe, dass es zwei Zusatzkonzerte im Klassig'schen Saal gegeben habe, könnte übertrieben gewesen sein. In der Leipziger Zeitung wurde nur ein Konzert angekündigt.

16.2 Bayern und Württemberg

Das Hotel Zur goldenen Traube in Augsburg um 1939.
Das Hotel Zur goldenen Traube in Augsburg um 1939.

Rund ein Jahr später hielt sich das Ehepaar von Gärtner im Oberdonaukreis des Königreichs Bayern auf und gab mehrere Konzerte in Augsburg.

Am 15. Februar 1832 trat Carl von Gärtner bei einem Liederabend der Harmoniegesellschaft auf. Der Vorsteher des Vereins gab die Nachricht am Tage der Aufführung in der katholischen Augsburger Ordinari-Postzeitung bekannt: "An die verehrlichen Mitglieder der Harmoniegesellschaft. Bey der nächsten Produktion des Liederkranzes, Mittwoch, den 15. Febr., wird sich der berühmte Virtuose: Herr Gärtner, aus Hessen-Kassel zweymal auf der Guitarre produziren" (AP 46/1832, S. 4).

Am 28. Februar trat Rosa von Gärtner im Rahmen einer Theateraufführung auf. Im Stadttheater am Lauterlech wurde das Stück Alte Liebe rostet nicht (1831) von Charlotte Birch-Pfeiffer (1800-1868) aufgeführt. Birch-Pfeiffer spielte in der Verkleidungsposse die Rolle der Frau von Wollmann. Zwischen den beiden Akten trat Rosa von Gärtner als Sängerin auf. Das Augsburger Tagblatt berichtete am selben Tag: "Während dem Zwischenakt: Arie mit Chor von Rossini. Dann: Arie von Auber, gesungen von Frau von Gärtner, churfürstl. Hofsängerin aus Cassel" (AT 59/1832, S. 240).

Charlotte Birch-Pfeiffer. Lithografie von Franz Hanfstaengl. 1831.
Charlotte Birch-Pfeiffer. Lithografie von Franz Hanfstaengl. 1831.

Im Gegenzug erklärte sich Charlotte Birch-Pfeiffer bereit, in einem Konzert des Ehepaars von Gärtner aufzutreten. Das Konzert fand am 11. März im kleinen Saal des Gasthofs Zur goldenen Traube statt und wurde am Vortag im Augsburger Tagblatt angekündigt: "Concert. Sonntag den 11ten März Abends 7 Uhr wird im kleinen Saale zur goldenen Traube das Concert des Guitarristen, Carl von Gärtner und seiner Gemahlin, (Sängerinn vom Hoftheater in Caßel,) statt finden. Madame Birch-Pfeiffer wird aus besonderer Gefälligkeit declamiren; auch werden mehrere Herren Musikfreunde und Musicis mitwirken. Näheres melden die Zettel" (AT 70/1832, S. 284).

Trotz der Mitwirkung Birch-Pfeiffers und anderer Solisten war das Konzert schlecht besucht. Die Einnahmen deckten die Kosten nicht, wie das Familienblatt Die Jahres-Zeiten am 15. März berichtete: "Wegen des am verflossenen Sonntag den 11. dieß für die Protestanten dahier eingetrettenen Buß- und Bet-Tages blieb das Theater geschlossen; dagegen ward an demselben Tag von dem Kunst-Paare Hrn. und Frau v. Gärtner im kleinem Saale des Gasthofes 'zur goldenen Traube' Abends 7 Uhr ein ausgewähltes Vokal- und Instrumental-Conzert veranstaltet, in welchem wir, unter Mitwirkung einiger hiesigen ausgezeichneten Musiker und Sänger, des Herrn Gärtner Virtuosität auf der Guittare und das Talent seiner Frau im Gesange zu bewundern Gelegenheit hatten. Madame Birch-Pfeiffer unterstützte durch einen effektvollen declamatorischen Vortrag. Die Zahl der sich dabei eingefundenen Zuhörer war aber leider so klein, daß kaum die verursachten Kosten von der geringen Geld-Einnahme bestritten werden konnten" (J 32/1832, S. 131). 

Das Augsburger Tagblatt nannte das Märzenbier als Grund für das Fernbleiben des Publikums: "Am letzten Sonntag gab ein Guitarre-Virtuos, Herr von Gärtner, Zögling des königl. Musik-Conversatoriums in Paris und Ehrenmitglied der Stockholmer musikalischen Akademie im kleinen Saale des Gasthofs zur goldenen Traube mit hoher Bewilligung ein Vokal- und Instrumental-Concert. - So kunstsinnig und kunstliebend wir Augsburger auch sind, so war dieses Concert dennoch nicht besucht. Herr von Gärtner wird wohl keine Neigung hegen, hier noch ein Conzert zu geben. - Man schreibt diese Lauigkeit für die Kunst dem guten Märzen-Bier zu" (AT 75/1832, S. 302). Trotz des Misserfolgs gab es für von Gärtner einen kleinen Trost: Elf Jahre nach seiner Schwedenreise wurde er zum Ehrenmitglied der Königlichen Musikakademie ernannt.

Ab dem 26. März 1832 hielten sich Carl und Rosa von Gärtner im Fürstentum Oettingen-Spielberg auf (vgl. Wochen-Blatt für das Fürstenthum Oettingen Spielberg 16/1832, S. 64). Um den 10. April reisten sie in den Jagstkreis des Königreichs Württemberg. In Ellwangen gab das Künstlerpaar zwei Konzerte. Das zweite Konzert fand am 15. April im Saal des Literatur- und Kulturvereins "Museum" statt (vgl. Allgemeines Amts- und Intelligenz-Blatt für den Jaxt-Kreis 30/1832, Sp. 361). Im Oktober hielten sich Carl und Rosa von Gärtner erneut im Fürstentum Oettingen-Spielberg auf. Vom 8. bis 15. Oktober wohnten sie in der Reichsstadt Nördlingen (vgl. Intelligenzblatt der Kgl. Bayer. Stadt Nördlingen 42/1832, S. 3) und vom 14. bis 27. Oktober im Fürstentum Oettingen-Spielberg (vgl. Wochen-Blatt für das Fürstenthum Oettingen Spielberg 44/1832, S. 174). Anschließend ging es in den Rezatkreis des Königreichs Bayern. Zwischen dem 28. Oktober und dem 3. November wohnte das Paar im Posthalterhof Zum Brandenburger Haus in Ansbach (vgl. Kgl. Bayer. Intelligenzblatt für den Rezat-Kreis 89/1832, Sp. 1758). 

Die Adlerstraße in Nürnberg. Im Hintergrund links: der Gasthof "Zum Goldenen Adler". Lithografie von F. Scharrer. 1840.
Die Adlerstraße in Nürnberg. Im Hintergrund links: der Gasthof "Zum Goldenen Adler". Lithografie von F. Scharrer. 1840.

Am 13. November 1832 gab Carl von Gärtner im Gasthof Zum Goldenen Adler in der Adlerstraße in Nürnberg ein Konzert. Die musikalische Abendunterhaltung hatte er einen Tag zuvor im Friedens- und Kriegs-Kurier angekündigt. Auch hier stellte er sich dem Publikum als "Zögling des königl. Musik-Konservatoriums in Paris und Ehrenmitglied der Stockholmer musikalischen Akademie“ vor (FK 317/1832, S. 4). 

Aus der Ankündigung geht hervor, dass von Gärtner der alleinige Organisator des Konzertes war. Seine Frau wurde nicht als Mitwirkende erwähnt. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Rosa von Gärtners alte Wirkungsstätte, das Interimstheater auf der Insel Schütt, lag nicht weit vom "Goldenen Adler" entfernt. Nach den unerfreulichen Ereignissen am Nürnberger Theater zog es die Sängerin vor, in der alten Reichsstadt unerkannt zu bleiben.

Das 1826-1828 nach den Plänen von Leo von Klenze errichtete Odeon in München. Foto 1884.
Das 1826-1828 nach den Plänen von Leo von Klenze errichtete Odeon in München. Foto 1884.

Das Ehepaar reiste weiter in den Isarkreis. Am 15. Februar 1833 übernachtete Carl von Gärtner im Gasthof Zum goldenen Bären in München (vgl. Der Bayerische Landbote 48/1833, S. 207; Münchener Politische Zeitung 41/1833, S. 333). In der Haupt- und Residenzstadt bereitete er ein großes Vokal- und Instrumentalkonzert vor, mit dem er an alte Erfolge anknüpfen wollte. Als Veranstaltungsort wählte er Münchens prominentestes Konzerthaus, das Odeon.

Um auf sich aufmerksam zu machen, schaltete er eine große Anzeige in der Tageszeitung Der Bayerische Landbote. Sie erschien am 8. März auf der Titelseite: "Ein Dilettant auf der Guitarre, welcher die außerordentlichen Schwierigkeiten dieses beschränkten und undankbaren Instrumentes kennt, glaubt die hiesigen Freunde und Kenner der Musik auf einen fremden, in seinem Fache vielleicht einzigen, Tonkünstler aufmerksam machen zu dürfen, welcher am Montag. den 11. d. M., im kleinen Saale des Odeons ein Vokal- und Instrumentalkonzert geben, und sich darin auf einer großen, verbesserten Guitarre produzieren wird. Es ist dieß Herr Carl v. Gärtner aus Kassel, Zögling des kgl. Musik-Conservatoriums in Paris, dessen Ruf bereits in den meisten großen Städten Europa's gegründet, und dessen auch bereits im Conservations-Lexikon [sic] rühmlichst erwähnt ist. Die Leistungen dieses Künstlers übertreffen, sowohl was die glücklichste Ueberwindung der größten Schwierigkeiten, die an das Unbegreifliche gränzende Fertigkeit und Nettigkeit der Passagen, als die Völle der Akkorde und die Annehmlichkeit des Vortrages betrifft, alles, was wir auf diesem Instrumente noch gehört oder nur für möglich gehalten haben. Die Guitarre wird in seinen Händen ein ganz neues u. eigenes Instrument, und man darf ohne Uebertreibung behaupten, daß Hr. v. Gärtner seine Guitarre auf eine nicht minder originelle und außerordentliche Weise behandelt, als Paganini die Violine" (BL 67/1833, S. 289). 

Angeblich wurde die Anzeige von einem Bewunderer des Tonkünstlers aufgegeben. Es kann jedoch kein Zweifel daran bestehen, dass Carl von Gärtner der Hauptverfasser des Textes war. Der erste Teil der Anzeige enthielt sprachliche Versatzstücke aus älteren Konzertankündigungen des Gitarristen. Der zweite Teil bestand aus einer detaillierten Beschreibung seines Gitarrenspiels, die ein gewöhnlicher Gitarrendilettant so kaum hätte formulieren können. Andererseits enthielt der Text auch neuartige Elemente. Er war kunstvoll aufgebaut und gipfelte in der Behauptung, von Gärtner sei der Paganini auf der Gitarre. Der Titel "Paganini der Guitarre" wurde 1831 dem spanischen Gitarristen Trinidad Huerta (1800-1874) in Berlin und München verliehen (Iris im Gebiete der Tonkunst 30/1831, S. 120; Flora 139/1831, S. 560). Es ist also durchaus möglich, dass jemand von Gärtner die Anregung gab, den Anzeigentext etwas prägnanter und werbewirksamer zu formulieren.

Eine weitere Anzeige schaltete der Virtuose am 9. März in der Zeitung Die Bayer'sche Landbötin. Sie brachte alles Wesentliche auf den Punkt: "Am Montag gibt Carl v. Gärtner (Paganini auf der Guitarre) im Odéon ein Conzert" (BL 30/1833, S. 250). In seiner letzten Anzeige, die am 10. März im Frühstücksblatt Der Bazar für München und Bayern erschien, erwähnte von Gärtner schließlich die "Mitwirkung mehrerer Künstler" (BMB 60/1833, S. 244). Da es sich um ein Vokal- und Instrumentalkonzert handelte, darf man vermuten, dass auch seine Frau mitwirkte.

Carl von Gärtners letzte Konzertanzeige in "Der Bazar für München und Bayern" Nr. 60. 10. März 1833
Carl von Gärtners letzte Konzertanzeige in "Der Bazar für München und Bayern" Nr. 60. 10. März 1833

Die Resonanz auf das Konzert war gering. Die allgemein gehaltene Rezension, die am 14. März im Bazar erschien, hatte von Gärtner vermutlich selbst in Auftrag gegeben: "Der vortreffliche Guitarrist Herr v. Gärtner hat sich in seinem Konzerte im Odeon mit entschiedenem Beifalle hören lassen. Er ist ein ganz ausgezeichneter Künstler, und vollkommen Meister seines Instrumentes. Die Gesellschaft war brillant, und in mancher Beziehung war es ein genußreicher Abend" (BMB 63/1833, S. 255). Und die Korrespondenznachricht der Dresdner Abend-Zeitung war nicht gerade aussagekräftig: "Einem zweiten Concerte im kleinen Saale des Odeon von Hrn. Carl v. Gartner, Virtuosen auf der Guitarre, gegeben, habe ich nicht beigewohnt, jedoch viel Rühmliches über die Leistung dieses Künstlers gehört" (AZ 113/1833, S. 452).

Der Korrespondent der Abend-Zeitung stützte sich auf Informationen, die vom Hörensagen stammten. Dass er "viel Rühmliches" über von Gärtner berichten konnte, war letztlich ein Erfolg der Pressearbeit des Gitarristen. Bis zu einem gewissen Grad war es von Gärtner gelungen, seinen Namen in der deutschsprachigen Presse bekannt zu machen. So zählte Bäuerles Theaterzeitung im Februar 1834 von Gärtner zu den bedeutendsten Gitarristen der nachgiulianischen Ära: "Stoll, Legnani, Sor, Rigondi, Horetzky, Leutner, Karl von Gärtner, Töpfer in Hamburg und Karl Blume in Berlin" (BT 36/1834, S. 144). Die Aufzählung der Namen ist als Rangfolge zu verstehen. Das Spitzentrio bildeten Franz de Paula Stoll, Luigi Legnani und Fernando Sor. Carl von Gärtner und zwei weitere deutsche Gitarristen befanden sich im letzten Drittel. So erfolgreich von Gärtners Pressearbeit auch war, sie konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er den Zenit seiner Karriere als Gitarrist längst überschritten hatte. Es ist anzunehmen, dass von Gärtners letzte Lebensjahre von beruflichen, finanziellen und gesundheitlichen Rückschlägen geprägt waren, die schließlich zu seinem frühen Tod führten.

17 Tod und Nachruf

Über die Zeit nach dem Odeon-Konzert im März 1833 und vor dem Tod Carl von Gärtners im Jahr 1835 geben die Quellen nur spärliche Auskunft. So ist unklar, ob von Gärtner 1833 in München blieb oder ob er seine Konzertreise fortsetzte. Fest steht nur, dass seine verwitwete Frau im Dezember 1835 in München wohnte, und die Gitarre des "kürzlich verstorbenen Guitarren-Virtuosen" zum Verkauf anbot. Man kann also davon ausgehen, dass von Gärtner im Oktober oder November 1835 in München gestorben ist. Dazu passt, dass Fanny Nerl im Februar 1835 nach München übersiedelte. Möglicherweise wollte sie ihre Tochter bei der Pflege ihres kranken Mannes unterstützen. Diese Annahme ist aber nicht zwingend. Denkbar ist auch, dass von Gärtner auf einer Konzertreise verstarb und seine verwitwete Frau nach dem Begräbnis zu ihrer Familie nach München zog. Dafür spricht, dass von Gärtners Tod in München nicht in Form einer Todesanzeige bekannt gegeben wurde. 

Die Fakten sind wie folgt: Im Februar 1835 zog ein Teil der Familie Nerl von Regensburg nach München. Am 14. Februar 1835 ließ sich Fanny Nerl amtlich bestätigen, dass ihr und ihren noch ledigen Kindern das Heimatrecht in Regensburg zustehe. Noch im selben Monat erschien ihr Name im Mitgliederverzeichnis der Münchner Gesellschaft des Frohsinns (Gesellschaft des Frohsinns 1835, S. 46). Doch was so fröhlich begann, endete in einer Katastrophe. Das neue Großstadtleben der Familie Nerl wurde durch den Tod des jüngsten Familienmitglieds überschattet. Am 26. Oktober meldete Der Bayerische Landbote den Tod von Franziska Nerl: "Jgf. Franziska Nerl, k. Legat. Raths-Tochter, 21 J. a." (BL 299/1835, S. 1284; vgl. Bayerische National-Zeitung 102/1835. S. 412; Der bayerische Volksfreund 69/1835, S. 584). Hinter der kurzen Todesanzeige stand eine tragische Geschichte. Die 21-jährige Franziska Nerl hatte sich am 22. Oktober mit Salpetersäure vergiftet. Die Berichterstattung über die Verzweiflungstat erfolgte unter Anonymisierung des Namens. So meldete das Münchener Tagblatt am 24. Oktober: „Die Tochter der verwittweten Frau Legationsräthin N . . l, vergiftete sich in der vorgestrigen Nacht mit Scheidewasser, und verschied nach kurzem Leiden“ (MT 292/1835, S. 1292; vgl. Allg. Zeitung von und für Bayern 301/1835, S. 1206; Aschaffenburger Zeitung 258/1835, S. 1072; Die Biene 88/1835, S. 352).

Vor diesem Hintergrund ist es denkbar, dass Rosa von Gärtner im Oktober 1835 nach München zog, um bei ihrer Familie zu sein, aber auch, um Hilfe in einer finanziellen Notlage zu suchen. Ihr Mann war kurz zuvor verstorben, und sie nutzte den Aufenthalt in der bayerischen Hauptstadt, um seine Gitarre zu verkaufen. Am 7. Dezember 1835 erschien ihre Verkaufsanzeige im Münchener Tagblatt"Dem rühmlichst bekannten, kürzlich verstorbenen Guitarren-Virtuosen Carl von Gärtner seine Concert-Guitarre von größerer Bauart nach seiner eigenen Angabe gefertigt, worauf sich derselbe, in den größten Städten Deutschlands, Italien, Rußland, Schweden, sc. sc. hören ließ, ist zu verkaufen. Das Nähere ist im Eckhause der Carls- und Arcisstrasse Nro. 42. über 2 Treppen unter der Addresse R. v. G. zu erfahren" (MT 336/1835, S. 1468).

Carl von Gärtner starb unbeachtet. Sein zu Lebzeiten erworbener Ruf als Gitarrenvirtuose wirkte jedoch noch einige Zeit nach. So wurde er am 4. März 1837 in der Beilage der Grätzer Zeitung Der Aufmerksame zu den bedeutendsten Gitarristen der nachgiulianischen Ära gezählt (vgl. A 27/1837, S. 10). Das Rheinische Conversations Lexicon (1839) und das Brockhaus-Konversationslexikon von 1844 nannten ihn einen der bekanntesten und besten Gitarristen seiner Zeit (vgl. Rheinisches Conversations Lexicon 1839, S. 47; Allg. deutsche Real-Encyklopädie 1844, S. 511). Und das kalendarische Handbuch Die Tonkünstler des neunzehnten Jahrhunderts (1849) erinnerte an von Gärtners erstes Konzert in Wien 1824 (vgl. Becker 1849, S. 37).

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschwand von Gärtners Name aus der enzyklopädischen Literatur. Erst mit der Renaissance der Gitarre im 20. Jahrhundert nahm man wieder Notiz von dem Gitarrenvirtuosen aus Hessen-Kassel. Joseph Zuth sichtete die Artikel der Allgemeinen musikalischen Zeitung über Carl von Gärtner und fasste sie in seinem Handbuch der Laute und Gitarre (1926) zu einem Eintrag zusammen (vgl. Zuth 1926, S. 111). Rund siebzig Jahre später erinnerte Kenneth Sparr in seinem Artikel The Guitar in Sweden (1997) an von Gärtners Schwedenreise und würdigte deren Bedeutung für die Gitarristik in Schweden. Schließlich weist Jukka Savijoki in seinem Buch So that the soul would dance in you (2019) darauf hin, dass der Aufschwung der Gitarre in Finnland mit dem öffentlichen Auftreten Carl von Gärtners begann (vgl. Savijoki 2019, S. 213).


Anhang

1 Anmerkungen

1 Die Korrespondenznachricht, die am 17. Oktober 1817 im Berliner Volksblatt Der Gesellschafter erschien, stützte sich offenbar ausschließlich auf Böttigers Theaterkritik, zeichnete aber ein übertrieben negatives Bild von Gärtners Konzert: "Im 'Spieler' gab Hr. Reinicke von Prager Theater den Lieutenant Stern als Gastrolle mit genügender Fertigkeit. Der zweite Aufzug wurde durch eine musikalische Episode verlängert. Ein Hr. C. Gärtner, churfürstl. hessischer Professor (?) der Tonkunst, ließ sich auf der Guitarre hören. In seinem Spiel war große Geübtheit nicht zu verkennen, nur schwächte er den Eindruck durch manierirtes Wesen und unnütze Nebenkünsteleien. Der Hr. Professor versprach auch, besage der Ankündigung, ein Flöten-Conzert von Devienne, ohne Instrument zu blasen, mit Begleitung der Guitarre, aber dieses Wunder-Conzert bestand bloß in einem nicht übel klingenden Pfeifen mit dem Munde und hätte höchstens den Namen: Potpourri flötenartiger, mit dem Munde gepfiffener Töne verdient, - gut puristisch ließe sich sagen: Gemengsel von Mundpfeifen-Klängen" (G 170/1817, S. 680).

2 Die erste Anzeige erschien am 27. Januar 1819 in der Tageszeitung Le Moniteur Universel (MU 27/1819, 103). Weitere Anzeigen erschienen am 3. Februar in der Kultur- und Veranstaltungszeitung Le Camp-Volant (CV 27/1819, S. 3) und im Journal de Paris (JP 34/1819, S. 2), am 5. Februar in der Gazette de France (GF 36/1819, S. 139) und im Journal Général de France (JGF 1598/1819, S. 2), am 6. Februar in den Tageszeitungen Journal de Paris (JP 37/1819, S. 1) und Le Moniteur Universel (MU 37/1819, 150) sowie am 7. Februar im Journal de Paris (JP 38/1819. S. 1) und im Journal Général de France (JGF 1600/1817, S. 1).

3 Das Programm des Konzerts, das Carl von Gärtner im kleinen Saal der Menus-Plaisirs gab, ist heute noch in den französischen Staatsarchiven erhalten. Es befindet sich im Dossier 9 [97] und ist auf den 6. Februar 1819 datiert: "Programme d'un concert au bénéfice de Charles de Gaertner, virtuose sur la guitare, exécuté petite salle des Menus-Plaisirs, 6 février 1819" (Archives de la Maison du Roi 1939, S. 113).

4 Der Konzertbericht, der am 5. November 1819 in der Aarhuus Stifts Kongelig alene privilegerede Adresse-Contoirs Tidende erschien, fiel relativ kurz aus: "Herr von Gaertner, der sich am Sonntag im kgl. Theater in Khgn. hören ließ, blies ein Konzert mit dem Munde ohne jedes Instrument und fantasierte auf der Gitarre ohne den Gebrauch der rechten Hand" (AAT 146/1819, S. 3 übers.). Die Berichte, die am 9. November in der Fyens Stifts Kongelig allene privilegerede Adresse-Avis og Avertissements-Tidende (FA 149/1819, S. 595), am 12. November in der Kongelig allernaadigst privilegerte Riber Stifts Adresse-Avis (RA 91/1819, S. 2) und am 13. November in Aalborg Stifts Adresse-Avis og Avertissements-Tidende (AA 142/1819, S. 2) erschienen, gingen ausführlicher auf das Konzert ein. Inhaltlich waren sie identisch. Es ist anzunehmen, dass sie von ein und demselben Korrespondenten verfasst wurden.

5 Das erste Werk Verschiedene Tänze und ein Marsch für die Guitarre (1818), das Hildebrand "dem Hochwohlgebohrnen Fräulein Dorothea von Engeström" widmete, fand zunächst nur mäßigen Absatz. Im Todesjahr der Widmungsträgerin - von Engeström starb am 29. Oktober 1823 - wuchs das Interesse an dem Werk (vgl. DA 257/1818, S. 3; 261/1818, S. 3; 267/1818, S. 3; NW 23/1823, S. 4; NW 25/1823, S. 4; NT 51/1823, S. 3; LB 55/1823, S. 4; LB 56/1823, S. 4; GA 83/1823, S. 2; GA 84/1823, S. 3; GA 85/1823, S. 2; DA 83/1824, S. 20; GA 105/1824, S. 3; GA 114/1824, S. 3; USLT 46/1823, S. 142). Das zweite Werk Sex Swenska Folk-Wisor satta för Guitarre (1819) verkaufte sich dagegen schon kurz nach seinem Erscheinen gut (vgl. DA 85/1819, S. 3; 88/1819, S. 4; 90/1819, S. 3; A 59/1819, S. 3; IT 57/1819, S. 5; PT 65/1819, S. 6; CW 45/1819, S. 4; IT 63/1819, S. 6; DA 138/1819, S. 2).

6 Dass G. R. Tengwall als Leihbibliothekar tätig war, geht aus mehreren Anzeigen in den Zeitungen Norrköpings Tidningar (NT), Linköpingsbladet (L) und Malmö Tidning (MT) hervor (vgl. NT 21/1822, S. 4; NT 35/1822, S. 4; L 79/1822, S. 3; L 12/1823, S. 4; MT 37/1834, S. 4; MT 42/1834, S. 4).

7 Am 5. Januar 1813 wird in Inrikes Tidningar unter den Passagieren, die am 23. Dezember 1812 in Helsingborg ankamen, ein "Künstler E. Löwe" erwähnt. Höchstwahrscheinlich handelte es sich dabei um den Cellisten Eduard Löwe. In Göteborg gab Löwe am 28. Februar (vgl. GT 22/1813, S. 2; GT 23/1813, S. 3; GT 24/1813, S. 2) und am 19. Dezember 1813 (vgl. GA 149/1813, S. 2-3; A 143/1813, S. 2-3; GT 151/1813, S. 2; GA 150/1813, S. 2-3; GT 152/1813, S. 2; GN 51/1813, S. 402; A 144/1813, S. 2) zwei Konzerte im Aufführungssaal der Harmonischen GesellschaftFür die Jahre 1814 bis 1819 ist keine Konzerttätigkeit Löwes in der Presse belegt. Am 16. Dezember 1820 wirkte Löwe bei einem Konzert der 13-jährigen Zwillingsschwestern Carolina und Ewa Lithander im großen Saal der Börse mit (vgl. DA 288/1820, S. 2; DA 291/1820, S. 2; DA 292/1820, S. 2; DA 293/1820, S. 3). Und am 16. April 1822 trat er als Gast bei einem Konzert des Waldhornisten Joseph Gugel im Königlichen Großen Theater auf (vgl. DA 84/1822, S. 2). Als Eduard Löwe am 9. Juli 1822 im Alter von nur 44 Jahren starb, wurde ihm der Ehrentitel "Kongl. Förste Kammar-Musicus" verliehen (DA 160/1822, S. 2; IT 174/1822. S. 2). 

8 Anna Sophia Sevelin sang am 20. Juli 1820 im Hamburger Theater eine Arie mit obligater Violine von Gioachino Rossini (vgl. Carlskrona Weckoblad 61/1820, S. 2). Von Hamburg aus reiste sie mit dem Schiff nach Göteborg. Am 9., 10. und 11. August kündigte sie in den Zeitungen Aftonbladet und Götheborgs Tidningar ihre Ankunft und ihre Absicht an, demnächst in Göteborg ein Konzert zu geben (vgl. A 88/1820, S. 2; A 89/1820, S. 4; GT 91/1820, S. 2; GT 92/1820, S. 3). Und bereits am 11. nahm von Gärtner sie mit einer Arie von Rossini in sein Konzertprogramm auf (vgl. GT 92/1820, S. 2; GA 96/1820, S. 2). Am 14. August wurde das Programm geändert und die Arie von Rossini durch eine Arie von Pietro Generali ersetzt (vgl. A 91/1820, S. 3).

9 Die Anzeigen erschienen in Stockholms Dagligt Allehanda (DA 221/1821, S. 4; 227/1821, S. 4; 233/1821, S. 5; 273/1821, S. 3; 275/1821, S. 4; 283/1821, S. 4; 289/1821, S. 6), Norrköpings Tidningar (NT 13/1822, S. 3), Linköpingsbladet (L 15/1822, S. 4), Upsala Stads Och Länstidning (USLT 18/1822, S. 71), Fahlu Tidning (FT 20/1822, S. 8), Carlstads Tidning (CT 22/1822, S. 7), Nyköpings Weckoblad (NW 45/1822, S. 4), Wecko-Blad Från Gefle (WG 44/1823, S. 6) und Christianstads Wecko-Blad (CW 23/1825, S. 3). Die Tatsache, dass die sechs Ländler auch in in Nyköping zum Verkauf angeboten wurden, deutet darauf hin, dass von Gärtner auf seinem Weg von Norrköping nach Stockholm auch in Nyköping auftrat.

10 Eine zeitgenössische Beschreibung des „Kauerischen Wirtschaftsgebäudes" findet sich im Reiseführer Bamberg und seine Umgebungen (1834): "Dies Gebäude wurde im Jahre 1808 neu aufgeführt; es besteht aus einem vorderen und hinteren Bau, und einigen Nebengebäuden. Der vordere Bau ist groß und schön; das untere Stockwerk desselben hat 5 Bogenfenster, und auf beiden Seiten Eingangsthüren, deren erste links ins Theater, die rechts in das untere Gesellschafts-Lokale der Harmonie und auf die Bühne führt. Das obere, bedeutend höhere Stockwerk hat sieben länglicht viereckige Fenster und umschließt einen großen, geräumigen, geschmackvoll dekorirten Saal, 42 Schuh breit, und 87 Schuhe lang, der gleichfalls von der Harmonie-Gesellschaft zu ihren geselligen Vergnügungen gepachtet ist. Nebstdem dient er auch zu sonstigen öffentlichen Festen und Unterhaltungen, als Konzerte, Maskenbälle, große Diners sc., selbst Schulfeierlichkeiten wurden schon da gehalten" (Schwarz 1834, S. 19f.). Besitzer des Theater- und Harmoniegebäudes war seit dem 21. Oktober 1821 Baptist Georg Kauer, der das Anwesen von seiner Mutter Nanette Kauer übernommen hatte (vgl. Historischer Verein zu Bamberg 1894, S. 217).

11 Die Kinder von Jakob Joseph und Franziska Nerl waren: Clemens Wenzeslaus Adalbertus (1803-1804, 3 Monate und 3 Wochen alt), Maria Theresia Walburga bzw. Marianne Therese Walburg (1804-nach 1810), Josephus Clemens (*1806), Maria Carolina bzw. Anne Marie Karoline (1807-nach 1835), Franciscus Seraphicus Nicolaus bzw. Franz Seraph (1808-nach 1820), Carolina Anselma (*1810, 5 Wochen alt), Maria Carolina Francisca bzw. Charlotte (1811-nach 1835), Francisca (*1812) und Franziska (1814-1835). Bis auf die jüngste Tochter sind alle Kinder im Taufbuch der Dompfarrei St. Ulrich in Regensburg verzeichnet. Dass es in der Familie Nerl durchaus üblich war, einzelnen Kindern einen Kosenamen zu geben, beweist die Tatsache, dass die Tochter, die am 21. August 1811 auf den Namen "Maria Carolina Francisca" getauft wurde (vgl. Regensburg-Dom012_0133, S. 254), im Familienbogen "Charlotte" genannt wurde.

12 Rosa Nerls Mutter wurde gewissermaßen steckbrieflich gesucht, nachdem sie Kassel verlassen hatte. Sie schuldete dem Friseur des Kasseler Hoftheaters drei Taler und die Einlösung eines Versprechens: "Aufforderung. Die verwitwete Frau Legationsräthin Fanny Nerl, welche mit ihren beiden Töchtern, wovon die älteste drey Jahre am hiesigen kurfürstlichen Hoftheater als Sängerin engagirt war, am 1. Oct. 1826 von hier nach Breslau, dem weitern Bestimmungsort der gedachten Künstlerin, abreiste, eingezogener Erkundigung nach aber von dort sich wieder entfernt hat, ohne daß der jetzige Aufenthalt mir bekannt geworden wäre, muß ich daher hiermit auffordern, das mir unterm 30. Sept. 1826 Abends gegen 10 Uhr im Hotel des Kronprinzen von Preußen gegebene schriftliche und mündliche Versprechen baldigst zu erfüllen, auch die durch die Verzögerung verursachten Kosten mit 3 Thlr., worüber ich derselben, sobald mir der Aufenthaltsort bekannt seyn wird, Rechnung stellen werde, zugleich mit einzusenden. - Zugleich ersuche ich höflichst einen oder den andern meiner Mitcollegen, welchem der Aufenthalt obiger Dame etwa bekannt seyn sollte, mir gefälligst darüber Auskunft zu geben. Cassel, am 1. Julius 1828. F. A. Rothstein, Friseur des kurfürstl. Hoftheaters" (Allgemeiner Anzeiger der Deutschen 182/1828, Sp. 1992f.).

13 Der Name "Elsner" war im frühen 19. Jahrhundert vor allem in Schlesien verbreitet. Möglicherweise bezog er sich auf eine Person, die Rosa Nerl 1826/27 in Breslau kennengelernt hatte. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Rosa Nerl die Buchstaben ihres Nachnamens vertauschte, um einen fiktiven Namen zu erhalten. Das L wurde vom Ende an den Anfang gesetzt. Das E war bereits im L enthalten, so dass nur noch das S in "Elner" eingefügt werden musste, um den Namen "Elsner" zu erhalten.

2 Carl von Gärtners Werke

2.1 Gedruckte Werke

Gaertner, Charles de: Six Laendlers Pour la Guitare. Composés et Dédiés À Mademoiselle la Comtesse Dorothée de Engeström par son mâitre. Op. 1. Stockholm: Müller, [1821]. (Stockholms Dagligt Allehanda 219/1821, S. 3).

Gärtner, [Charles de]: 6 Ländler. Posen: Simon, [1823]. (Whistling 1828, S. 398)

Gärtner, Charles de: 6 Ländler. Op. 1. Leipzig: Wienbrack, [1825]. (IAMZ 2/1825, Sp. 10; Whistling 1828, S. 398; Hofmeister 1844, S. 132)

Gärtner, [Charles de]: 1er Fandango mit spanischer Stimmung. Prag: Berra, [ca. 1825]. (Hofmeister 1844, S. 132)

Gaertner, Charles de: 1er Fandango mit spanischer Stimmung. Prag: Hoffmann's Johann Witwe, [o. D.]. (Pazdírek 1967, S. 646)

2.2 Aufgeführte Werke

Die Auflistung der aufgeführten Werke Carl von Gärtners enthält sämtliche Titelvarianten.

1817: Flötenkonzert von François Devienne, gepfiffen

1817: Fantasie, teilweise ohne die rechte Hand gespielt

1817: Konzert für Gitarre und Orchester A-Dur, Op. 8, von Ferdinando Carulli

1819: Konzert für Gitarre und Orchester Nr. 1 A-Dur, Op. 30, von Mauro Giuliani

1819: Variationen, gepfiffen

1819: Concertino, gepfiffen

1819: Fantasie sentimentale, teilweise ohne die rechte Hand gespielt

1820: Duo für Violine und Gitarre von Ferdinando Carulli

1820: Arie von Francesco Bianchi

1820: Fandango mit Nachahmung des Tambourin de Basse

1820: Duo für Flöte und Gitarre von Unbekannt

1820: Venetianische Bagatellen für drei Gitarren von Unbekannt

1820: Concertante für Violine und Gitarre von Francesco Molino

1821: Konzert von Felice Giardini, arrangiert von Mauro Giuliani [= Giulianis Gitarrenkonzert, op. 30]

1821: Concertino, gepfiffen in einem Umfang von 4 Oktaven

1821: Sizilianisches Scherzando für Guitarre, mit Nachahmung des Tambourin de Basse

1824: Erster Satz eines Gitarrenkonzertes [= Erster Satz aus Carullis Gitarrenkonzert, op. 8?]

1824: Polonaise eines Gitarrenkonzertes [= Polonaise aus Giulianis Gitarrenkonzert, op. 30?]

1824: Große Fantasie, teilweise ohne die rechte Hand gespielt, mit künstlichen Flageoletts

1824: Fandango mit Nachahmung des Tambourin de Basque

1828: Variationen von Angelica Catalani, gepfiffen

1831: Variationen, gepfiffen in einem Umfang von 4 Oktaven

1831: Introduktion und Fandango

1831: Konzert-Polonaise von Mauro Giuliani

1831: Venetianische Cavatine variée

1831: Adagio und Hexen Tanz variée

3 Literaturverzeichnis

3.1 Ungedruckte Quellen

Hessisches Staatsarchiv Marburg (HStAM): Sängerin Rosa Nerl zu Kassel ./. Hoftheaterdirektion zu Kassel: Rückständiges Monatsgehalt. 1826-1827. Bestand 266 Kassel Nr. 787. 

Regensburg - Dompfarrei St. Ulrich (Regensburg-Dom): Taufen, Firmungen, Register Taufen 1803-1827. Regensburg-Dom012.

Stadtarchiv Regensburg: Familienbogen von Jakob Joseph Nerl (1768-07.01.1815).

3.2 Gedruckte Quellen

[Augustin, Heinrich]: Addreß-Kalender der Königlich-Baierischen Haupt- und Kreisstadt Regensburg für das Schaltjahr 1812. Sechster Jahrgang. Regensburg: Heinrich Augustin, [1812].

Borck, Carl Friedr[ich] Wilh[elm] (Hg.): Theater-Almanach für das Jahr 1811. St. Petersburg: A. Pluchart & Comp./Leipzig: P. J. Besson, [1811].

Ehrenström, Marianne d‘: Notices sur la littérature et les beaux arts en Suède. Stockholm: d‘Eckstein, 1826. 

Ehrenzeller, Peter: Jahrbücher der Stadt St. Gallen. während des Zeitraums 1823-1827. Erster Band. St. Gallen: Zollikofer und Züblin, 1828.

Fabrice, Heinrich von: Selbstbiographie. II. Abtheilung. Altdorf: Tobias Hessel, 1834. 

Gardeton, César: Annales de la musique, ou Almanach musical de Paris, des departements et de l'étranger; pour l'an 1820. Seconde année. Paris: Pacini/Blanchet fils, 1820.

Gardeton, César: Bibliographie musicale de la France et l’étranger, ou répertoire général systématique de tous les traités et oeuvres de musique vocale et instrumentale. Paris: Niogret, 1822.

[Gesellschaft des Frohsinns]: Verzeichniss der Mitglieder der Gesellschaft des Frohsinns in München. Im Monate Februar 1835. München: J. Rösl, 1835.

[Helsingfors, Låne-bibliotheket]: Låne-bibliotheket i Helsingfors, Den 2 Januarii 1822. Helsingfors: J. Simelius, 1821.

[Hessen, Kurfürstentum]: Kurhessisches Staats- und Address-Handbuch auf das Jahr 1824. Cassel: Verlag des Waisenhauses, [1824].

Hofmeister, Adolph (Hg.): Handbuch der musikalischen Literatur oder allgemeines systematisch-geordnetes Verzeichniss der in Deutschland und in den angrenzenden Ländern gedruckten Musikalien auch musikalischen Schriften und Abbildungen mit Anzeige der Verleger und Preise. Erster Theil: Musik für Streich- und Blas-Instrumente und Guitarre. Dritte, bis zum Anfang des Jahres 1844 ergänzte Auflage. Leipzig: Friedrich Hofmeister, 1844.

Jäck, Joachim Heinrich: Bamberg‘sche Jahrbücher von 741 bis 1833. Fünfter Jahrgang. Bamberg: Joh. Mich. Reindl, 1833.

Kornmann, Carl August: Tage-Buch des Königl. Sächs. Hoftheaters. Jg. 11. Dresden 1828. 

Pazdírek, Franz: Universal-Handbuch der Musikliteratur aller Zeiten und Völker. Bd.4. Hilversum: Knuf, 1967.

Schwarz, Ignaz Christian: Bamberg und seine Umgebungen. Ein Wegweiser für Fremde und Einheimische. Bamberg: Lachmüller, 1834.

Sulzer, Johann George: Allgemeine Theorie der schönen Künste in einzeln, nach alphabetischer Ordnung der Kunstwörter auf einander folgenden, Artikeln abgehandelt. Erster Theil, von A bis J. Leipzig: M. G. Weidmanns Erben und Reich, 1771.

Viedert, Friedrich (Hg.): Almanach für Freunde der Schauspielkunst auf das Jahr 1828. Riga: Wilhelm Ferdinand Häcker, 1829.

Whistling, C[arl] F[riedrich] (Hg.): Handbuch der musikalischen Literatur oder allgemeines systematisch geordnetes Verzeichniss gedruckter Musikalien, auch musikalischer Schriften und Abbildungen mit Anzeige der Verleger und Preise. Zweyte ganz umgearbeitete, vermehrte und verbesserte Auflage. Leipzig: C. F. Whistling, 1828.

3.3 Lexika

Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände. (Conversations-Lexikon.) In zwölf Bänden. Vierter Band: F bis G. Siebente Originalauflage. Leipzig: F. A. Brockhaus, 1827.

Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände. Conversations-Lexikon. In funfzehn Bänden. Sechster Band: Gebler bis Heilsordnung. Neunte Originalauflage. Leipzig: F. A. Brockhaus, 1844. 

Rheinisches Conversations Lexicon oder encyclopädisches Handwörterbuch für gebildete Stände. Hg. von einer Gesellschaft rheinländischer Gelehrten. (In zwölf Bänden.). Sechster Band: Grund-Inv. Vierte Originalauflage. Köln am Rhein: Louis Bruère, 1839. 

Rudolph, Moritz (Hg.): Rigaer Theater- und Tonkünstler-Lexikon nebst Geschichte des Rigaer Theaters und der Musikalischen Gesellschaft. Riga: N. Kymmel, 1890.

3.4 Forschungsliteratur

Arfvidsson, Nils: Teaterbilder från fordom. Stockholm: Nya Dagligt Allehandas tidnings-aktiebolag, 1885.

Becker, C[arl] F[erdinand]: Die Tonkünstler des neunzehnten Jahrhunderts. Ein kalendarisches Handbuch zur Kunstgeschichte. Leipzig: Kössling, 1849. 

Dahlgren, F[redrik] A[ugust]: Förteckning öfver svenska skådespel uppförda på Stockholms theatrar 1737-1863 och Kongl. theatrarnes personal 1773-1863 med flera anteckningar. Stockholm: P. A. Norstedt & Söner, 1866.

[Historischer Verein zu Bamberg]: Fünfundfünfzigster Bericht über Bestand und Wirken des Historischen Vereins zu Bamberg für das Jahr 1893. Bamberg: Reindl, [1894].

Hysel, Franz Eduard (Hg.): Das Theater in Nürnberg von 1612 bis 1863 nebst einem Anhange über das Theater in Fürth. Nürnberg: Selbstverlag des Verfassers, 1863.

Ilg, Christian: Aus Kemptens vergangenen Tagen. Bd. 2. Kempten: Christian Ilg, 2002.

Kneschke, Emil: Leipzig seit 100 Jahren. Säcularchronik einer werdenden Großstadt. Leipzig: Selbstverlag des Verfassers, 1867.

Mayer, Friedrich: Chancen des Nürnberger Theaters von seiner frühesten Entstehung bis zu seiner Gegenwart. Nürnberg: [Geiger], 1843.

Savijoki, Jukka: 'So that the soul would dance in you' The Guitar in Finland before the Twentieth Century. Helsinki: Sibelius Academy, 2019.

[Weiß, Franz von]: Das Herzogl. S. Hoftheater zu Coburg-Gotha. Am 1. Juni 1877, dem Tag des 50jährigen Bestehens. [Coburg: Dietz], 1877.

Zachariae, F[rancis] (Hg.): Den danske Skueplads' Historie fra dens Oprindelse i 1722 til 1900. København 1917.

Zuth, Joseph: Handbuch der Laute und Gitarre. Wien: Verlag der Zeitschrift für die Gitarre, 1926.

3.5 Internetquellen

Archives de la Maison du Roi (1939): intendance des Théâtres royaux et du Matériel des fêtes et cérémonies, Ecole royale de musique et de déclamation (1815-1830). Hg. von Br. Lesne und H. Patry (1939). Rev. von I. Chave (2015). Pierrefitte-sur-Seine: Archives nationales, 1939.

URL: https://www.siv.archives-nationales.culture.gouv.fr/siv/IR/FRAN_IR_001665 [16.01.2024]

Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe (WeGA). Digitale Edition (Version 4.8.1 vom 21. August 2023).

URL: https://weber-gesamtausgabe.de/de/Index [16.01.2024]

Jacobsson, Stig (2015): Wilhelm Hildebrand (1785-1830)

URL: https://levandemusikarv.se/tonsattare/hildebrand-fredrik-wilhelm/ [29.02.2024]

Sparr, Kenneth (1997): The Guitar in Sweden Until the Middle of the 19th Century, Stockholm 1997. Aktualisiert am 28.12.2018.

URL: https://www.tabulatura.com/SWEGUIT.htm [16.01.2024]

Spohr Briefe, hg. im Auftrag der Internationalen Louis Spohr Gesellschaft e.V. von Karl Traugott Goldbach.

URL: https://www.spohr-briefe.de/ [16.01.2024]

4 Transkriptionen

Regensburg - Dompfarrei St. UlrichTaufen, Firmungen, Register Taufen 1803-1827, S. 138:

"Maius 1807 / 30 Nerl / Maria Carolina praenobilis D. Jacobi Josephi Nerl Secretarii Legationis Würzeburgensis Ratisbonae, et Franciscae moxis eius, euius pater erat Franciscus Xauerius Klein mercator in Molsheim, filia legitima; leuante perillustri virgine Maria Carolina ex liberis Baron. de Linker, Canonissa in nobili Partheneo inferiore Ratisbonae. / R. D. Martinus Hopf Cooperator"

V: 23.07.2021

LA: 03.03.2024

Autor: Dirk Spönemann