Im frühen 19. Jahrhundert gab es nicht nur eine Gitarrenhaltung, sondern eine Vielzahl von Gitarrenhaltungen, die sich bei näherer Betrachtung auf drei Grundtypen zurückführen lassen. Es gab die klassische Gitarrenhaltung, die mit dem Aufkommen der sechssaitigen Gitarre vor 1800 entstand, und zwei moderne Haltungen, die sich nach 1815 herausbildeten, als die ästhetischen Ideale der antiken Klassik allmählich verblassten.
Die Haltung der Gitarre muss heute vor allem zwei Anforderungen genügen: Sie muss die Stabilität des Instrumentes und die Bewegungsfreiheit der Greif- und Spielhand gewährleisten. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte sie noch eine dritte Anforderung zu erfüllen: Sie musste schicklich sein und den Anstandsregeln entsprechen. Heinrich Christian Bergmann erläutert in seiner Kurze[n] Anweisung zum Guitarrspielen (1802), worauf bei einer anständigen Haltung der Gitarre zu achten ist: "So wie bey dem Spielen des Klaviers, oder eines andern Instruments, alle Grimassen vermieden werden müssen, so ist es auch bey dem Spielen der Guitarre; und bey diesem Instrumente hat man beynahe noch mehr Vorsicht nöthig, auf guten Anstand zu sehen, weil schon mehr Unbequemlichkeit durch das breite Griffbret, theils auch durch das Anschlagen der Saiten sc. entsteht, und man überdies auch noch auf kürzere und längere Finger zu sehen hat" (S. 3). Alle Bewegungen, die eine unschöne Mimik oder Gestik hervorrufen könnten, waren beim Gitarrenspiel zu vermeiden (vgl. Gräffer 1811, S. 10). Dazu gehörten Spieltechniken wie große Barrégriffe, das Spreizen der Greiffinger und häufige Lagen- und Registerwechsel, sofern sie nicht mit Leichtigkeit und Eleganz ausgeführt wurden. Auch das Vornüberbeugen des Kopfes, das Neigen des Oberkörpers, das Spreizen oder Übereinanderschlagen der Beine galten - zumindest in der feinen Gesellschaft - als unschicklich.
Die Anstandsregeln galten nicht nur für die Damen, wie in der Forschungsliteratur gelegentlich behauptet wird. Auch von den Herren wurde eine anständige Sitzhaltung erwartet1. Besondere Anforderungen wurden jedoch an das äußere Erscheinungsbild der Damen gestellt. Das freie Spiel ihrer Bewegungen sollte anmutig wirken. Dies wurde zwar teilweise auch von den Herren verlangt, gleichzeitig wurde aber darauf hingewiesen, dass die Bewegungen edel und nicht geziert wirken sollten. In Anlehnung an Schillers Schrift Ueber Anmuth und Würde (1793) könnte man sagen, dass von ihnen ein würdevolles und zurückhaltendes Auftreten erwartet wurde.
In der Epoche des Klassizismus, die um 1760 begann, orientierte man sich in Mode und Kunst an den ästhetischen Vorbildern der Antike. Die Gitarre, deren Name sich vom altgriechischen Wort κιθάρα ableitet, wurde als Nachfahrin der antiken Saiteninstrumente verklärt. So empfahl ein gewisser Kitharophilos das modische Instrument in einem Gedicht im Journal des Luxus und der Moden: "Freund, lerne spielen die Guitare! / Sie gleicht des Griechen Barbiton. / Man trift auf ihr so leicht das Wahre, / Und alles Falsche fliegt davon! // Sie fasset in sich alle Töne, / Enthält der Sphären Harmonie - / So liegt im Herzen jedes Schöne; / Heil dem, der es verräth, wie sie!" (JLM 12/1797, S. 131). Sichtbarster Ausdruck dieser Gräkomanie war die Lyragitarre, die zwischen 1780 und 1820 als Saloninstrument bei den Damen der Gesellschaft sehr beliebt war. Das Instrument war das ideale Accessoire für junge, modebewusste Salon-Debütantinnen, die bei der Gesangsbegleitung "den anmuthigen Anblick griechischer sogenannter Citherspielerinnen" (AMZ 3/1801, Sp. 788) geben wollten. Bei der Haltung des Instruments hatten die Damen auf ein ästhetisch ansprechendes Gesamtbild zu achten. Die Haltung war zugleich Pose, und wenn man die zeitgenössische Ikonografie betrachtet, kann man den Eindruck gewinnen, dass die Pose wichtiger war als die Haltung des Instruments.
Auch die Haltung der Gitarre orientierte sich an antiken Darstellungen von musizierenden Kithara- und Lyraspielern. Dazu gehörten eine sittsam geschlossene Beinhaltung, ein gerader Rücken und eine anmutige Ausstrahlung, die sich in den Armbewegungen beim Gitarrenspiel ausdrückte. So forderte Francesco Molino von seinen Schülerinnen und Schülern Anstand und Anmut: "Die Stellung des ganzen Körpers und besonders die des Kopfs muss mit jener Haltung des Instruments übereinstimmen und sie zu erhalten suchen. Ein edler und zwangloser Anstand erleichtert den Gebrauch aller Kunstmittel. Durch ihn erhalten die natürlichen Bewegungen des Arms, der Hände und der Finger eine gewisse Anmuth und das ganze Spiel wird leichter. Man vermeide in der Haltung des Körpers alles Gesuchte und Gezierte, das leicht ins Lächerliche fällt" (1813, S. 10). Von den Damen wurde erwartet, dass sie eine graziöse Sitzhaltung einnahmen und beim Gitarrenspiel ihre "schöne[n] Arme und Hände“ elegant präsentierten (AMZ 1/1799, Sp. 283). Unterstrichen wurden die weiblichen Reize durch eine an antiken Vorbildern orientierte Damenmode, die Mode à la grecque. Charakteristisch war die Chemise, ein langes Hemdkleid aus dünnem Stoff in schlichtem, tunikaartigem Schnitt mit hoch angesetzter Taille, freizügigem Dekolleté und kurzen Ärmeln. Sie prägte die Mode des Directoire und des Empire.
Paris war die Hauptstadt der Mode. So ist es nicht verwunderlich, dass die klassische Gitarrenhaltung, die sich an antiken Vorbildern orientiert, in Paris entwickelt wurde. Sie findet sich bereits in Barthélemy Trille Labarres Nouvelle Méthode pour la Guitarre (1797) für die fünfchörige Gitarre (vgl. S. 10). François Doisy, der selbst noch eine fünfsaitige Gitarre spielte, beschrieb sie in seiner Vollständige[n] Anweisung für die Guitarre (1802): "Die Vollkommenheit und die Schwierigkeit auf der Guitarre lieget in der linken Hand, welche daher auch mehr, als die rechte, geübt werden muss. Um ihr das Greifen zu erleichtern, nimmt man den Hals zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger der linken Hand, stellet die Guitarre so auf das rechte Knie, dass die Oberdecke abwärts gekehrt ist, die Guitarre selbst aber mehr eine stehende, als liegende Stellung erhalte. Die linke Hand darf nicht zu fest auf dem Halse aufliegen, weil dadurch die Gelenksamkeit der Finger gebunden, und das Spiel fast unmöglich gemacht wird; sie muss daher jeder Stellung erhaben seyn" (S. 3f.). Die Erwähnung des rechten Knies - gemeint ist der Oberschenkel - wurde allerdings vom deutschen Übersetzer hinzugefügt. In der französischen Ausgabe hatte Doisy offengelassen, auf welchen Oberschenkel die Gitarre gestützt werden sollte: "Jede Haltung ist gut, wenn sie nicht lächerlich ist" (1801, S. 11 übers.). Auch Guillaume Pierre Antoine Gatayes legte sich in seiner Nouvelle Méthode Raisonnée (1800) nicht fest: "Der Körper sollte auf einem der beiden Oberschenkel aufliegen (es ist sogar notwendig, sie zu kreuzen)" (S. 4 übers.). In der deutschen Übersetzung heißt es dagegen: "Der Körper der Guitarre muss an die rechte Seite angelegt ... werden" (Gatayes 1803, S. 6). Während also in Paris eine gewisse Freiheit bei der Positionierung der Gitarre herrschte, wurde in den deutschsprachigen Gitarrenschulen der rechte Oberschenkel als Auflagepunkt für das Instrument festgelegt (vgl. Bergmann 1802, S. 1f.; N. N. 1802, S. 1f.; Scheidler 1803, S. 3; Staehlin 1811, S. 5; Lehmann 1820, S. 6f.; Bornhardt 1819, S. 2).
Die in der Schule von Doisy beschriebene Gitarrenhaltung hatte zwei zentrale Stützpunkte. Der eine war der rechte Oberschenkel, auf dem das untere Zargenende im Bereich des Bandknopfes auflag. Genauer gesagt ruhte der Gitarrenkorpus auf der rechten Lendengegend. Der Begriff "Oberschenkel" wird jedoch im Interesse einer einheitlichen Terminologie beibehalten. Der zweite Stützpunkt war die linke Hand, die den Gitarrenhals in der Nähe des Sattels zwischen dem Zeigefingergrundglied und dem Daumenendglied umfasste. Die Daumenspitze befand sich in Höhe des Griffbretts, so dass der Daumen jederzeit als Greiffinger für die sechste Saite eingesetzt werden konnte.
Der Kopf der Gitarre wurde etwa in Augenhöhe gehalten, die Decke leicht nach unten geneigt. Die Diagonale des Instruments betrug ungefähr 60 Grad. Außerdem wurde die Gitarre in einem Winkel von etwa 45 bis 60 Grad zum Oberkörper nach vorne gehalten, damit der Gitarrenkorpus frei schwingen konnte. Diesen Aspekt hob Simon Molitor besonders hervor: "... man halte das Instrument aufrecht, so dass die Schneke desselben zwischen den Kopf und der linken Achsel zu stehen kommt: man lege es nie an den Leib an, verwerfe die zu starke Besaitung und man wird sich überzeugen, dass auf der Guitare ein verhältnismässiges Nachhallen der Töne - wie auf dem Klavier oder der Harfe - vorhanden ist" (1806, S. 17). Friedrich Guthmann riet sogar davon ab, den rechten Unterarm auf den Rand der Gitarre zu legen: "Den rechten Arm lasse man wenig, oder am besten gar nicht auf der Guitarre ruhen: er hemmt die Vibration des Tons" (AMZ 8/1806, Sp. 365). Folgt man dieser Forderung, so stellt man fest, dass die linke Hand hauptsächlich damit beschäftigt ist, das Gewicht des Gitarrenhalses zu tragen und die Gitarre im Gleichgewicht zu halten. Sie ist in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt.
Die beiden Auflagepunkte reichten nicht aus, um die Stabilität des Instruments und die Bewegungsfreiheit der Greifhand zu gewährleisten. Doisy schlug daher einen dritten Stützpunkt für die Gitarre vor, der die linke Hand teilweise von ihrer stabilisierenden Funktion entlastete: "Um die rechte Hand mit Leichtigkeit brauchen zu können, setze man sie zwischen das Schallloch und den unteren Steg, ohne jedoch diesen zu berühren, setze den kleinen Finger, um der Hand Festigkeit zu geben, auf die Oberdecke, und schlage mit den übrigen Fingern die Saiten an" (1802, S. 4). Der rechte kleine Finger auf der Decke sollte als Stützfinger eigentlich nur die Anschlagshand stabilisieren, tatsächlich stabilisierte er aber auch das Instrument. Außerdem musste man bei der Stützfingertechnik fast zwangsläufig den rechten Unterarm auf die Gitarrenkante legen. Es sei denn man hielt den Gitarrenhals weit nach vorne. Der rechte Unterarm diente somit als vierter Stützpunkt und gab zusammen mit dem Stützfinger der Gitarre zusätzlichen Halt.
Die klassische Gitarrenhaltung hatte also vier Stützpunkte: 1. den rechten Oberschenkel, 2. die linke Hand, 3. den rechten Unterarm und 4. den kleinen Finger der rechten Hand. Auf dem Titelblatt von Bartolomeo Bortolazzis Periodical Amusements for the Spanish Guitar (1807-1809) ist sie anschaulich dargestellt. Italienische und spanische Gitarristen praktizierten diese Haltung ebenfalls (vgl. Moretti 1799, S. 1; Bortolazzi 1831, S. 6; Bevilacqua 1808, S. 1; Molino 1813, S. 9; Chabran 1813, S. 1; Rosquellas 1813, S. 1; Lardíes 1818, S. 4). Die Punkte 3 und 4 wurden in den Gitarrenschulen zunächst nur im Zusammenhang mit der Anschlagshand behandelt. Einige französische Gitarrenschulen nahmen sie um 1820 in die Beschreibung der Gitarrenhaltung auf. So heißt es bei D. Joly: "Man sollte bequem sitzen, die Füße im rechten Winkel, die Knie leicht gespreizt, den Körper gerade, und das Instrument auf der rechten Seite des Körpers abstützen, indem man den Hals leicht von rechts nach links neigt. Der untere Teil des Instruments sollte von der Hälfte des rechten Unterarms gestützt werden" (1819, S. 6 übers.). Jean-Baptiste Mathieu drückte sich noch deutlicher aus: "Der rechte Arm, den man neben dem Steg auflegt, dient als Stütze" (1825, S. 5 übers.). Und Bénigne Henry wies dem rechten Unterarm und der rechten Hand die alleinige Stützfunktion zu: "Außerdem ist es erforderlich, dass der rechte Arm und die rechte Hand die Gitarre so halten, dass die linke Hand ungehindert alle Positionen durchlaufen kann" (1823, S. 3 übers.).
Im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts war die oben beschriebene Haltung - nicht zuletzt aufgrund des großen Einflusses der Gitarrenschule von Doisy - die vorherrschende Gitarrenhaltung im deutschsprachigen Raum. Später wurde sie abgewandelt und teilweise durch andere Haltungen ersetzt. In ihrer ursprünglichen Form blieb sie jedoch während der gesamten Epoche der Klassik und Frühromantik in Gebrauch (vgl. Seegner 1828, S. 6; Nüske 1832, S. 1; Reichardt 1839, S. 2f.). Für die relativ anspruchslose Musik, die nach 1800 für Gitarre geschrieben wurde, war diese Haltung ausreichend. Mit den steigenden Anforderungen, die ab 1806 an die Gitarre als Soloinstrument gestellt wurden, musste die Standardhaltung jedoch im Hinblick auf die Bewegungsfreiheit der linken Hand und die Stabilität des Instruments überdacht werden.
1. Die erste Veränderung war äußerlich kaum wahrnehmbar. Sie vollzog sich wie von selbst beim Spielen schwieriger Gitarrenstücke und wurde wohl deshalb in den Gitarrenschulen nicht erwähnt. Technisch anspruchsvolle Musik erforderte die Bewegungsfreiheit der Greifhand. Wollte der Spieler bei höheren technischen Anforderungen die linke Hand von ihrer Stützfunktion entlasten, musste er das Instrument zwangsläufig mit dem rechten Arm und dem Stützfinger allein halten. Intuitiv verlagerte er den Schwerpunkt seiner Körperhaltung nach rechts. Der Franzose Bénigne Henry beschrieb diese Schwerpunktverlagerung in seiner Nouvelle Méthode pour Guitare ou Lyre (1823).
Eine besondere Lösung fand der spanische Gitarrist mit den Initialen J. M. G. y E. In seinem Lehrbuch Rudimentos para tocar la guitarra por música (1819) beschreibt er eine Haltung, bei der die Gitarre ohne Zuhilfenahme des Stützfingers nur mit dem rechten Unterarm gehalten wird: "Die Beine dürfen nicht gespreizt sein, und die Gitarre muss auf der Innenseite des rechten Oberschenkels in diagonaler Richtung abgestützt werden. Diese Haltung ist zwar etwas unbequem für den linken Arm, der sich in der Luft befindet, ohne auf der Seite zu ruhen, aber sie ist unentbehrlich wegen des doppelten Vorteils, den sie bietet, nämlich, dass die Gitarre fixiert und gehalten wird, ohne dass die Gefahr besteht, dass sie bei einer heftigen Bewegung der linken Hand verrutscht und man Gefahr läuft, den Punkt zu verfehlen, und dass die linke Hand für jede Art von Ausführung frei ist, da sie sich problemlos über das gesamte Griffbrett oder den Hals der Gitarre bewegen kann. Man beachte auch, dass der Spieler auf einem niedrigen Stuhl sitzt" (S. 3 übers.).
Bei der beschriebenen Haltung wird der Gitarrenkorpus nicht, wie man vermuten könnte, zwischen dem rechten Unterarm und dem rechten Oberschenkel eingeklemmt. Vielmehr wird die Gitarre auf der Innenseite des rechten Oberschenkels abgestützt. Dabei berührt der Korpus auch den linken Oberschenkel, da die Beine eng beieinander stehen. Legt man nun den rechten Unterarm auf die Oberkante der Zarge, wird der untere Teil des Korpus hauptsächlich gegen den linken Oberschenkel gedrückt. Unterarm und Oberschenkel stabilisieren die Gitarre so, dass die linke Hand volle Bewegungsfreiheit hat. Dies erfordert allerdings eine tiefe Sitzposition. Bei dieser Gitarrenhaltung handelte es sich weder um die klassische Gitarrenhaltung mit der linken Hand als Stützpunkt noch um die moderne Haltung mit dem linken Oberschenkel als Auflagefläche. Vielmehr handelte es sich um eine Zwischenform, die aber vermutlich aufgrund der niedrigen Sitzhöhe keine Verbreitung fand. Außerhalb Spaniens wäre diese Haltung wegen der fehlenden Fingerstütztechnik ohnehin nur auf geringes Interesse gestoßen.
2. Eine weitere Möglichkeit, das Instrument beim Spielen besser zu stabilisieren, bestand darin, den Oberkörper als zusätzlichen Stützpunkt zu nutzen. Dadurch lag der Gitarrenhals relativ leicht und frei in der linken Hand. Der ursprüngliche Zweck der Gitarrenhaltung, den Korpus frei schwingen zu lassen, wurde jedoch aufgegeben. Schon Heinrich Christian Bergmann kritisierte die Praxis, die Gitarre beim Spielen vom Körper weg zu halten: "Um sicherer spielen zu können, halte man sie auch nicht zu weit vom Körper ab" (1802, S. 1; vgl. N. N. 1802, S. 1). Erst August Harder zog daraus die Konsequenz und empfahl in seiner Guitarre-Schule (1819), die Gitarre an den Körper zu lehnen: "Man nehme den Hals des Instruments, in der Gegend des Sattels, in die linke Hand des etwas gehobenen Arms; den untern Theil der Guitarre lehne man theils mit dem Rücken an den Körper, theils ruhe derselbe auf dem rechten Schenkel, indess der rechte Unterarm auf den Resonanzboden gelegt wird, um der Hand oberhalb des Steges ihre richtige Lage anzuweisen, und zugleich dem Instrumente durch ein gelindes Andrücken an den Körper eine festere Stellung zu geben" (S. 38). Harder, der seine Gitarrenschule spätestens 1813 verfasst hatte, war damit seiner Zeit voraus und nahm einen Trend vorweg, der sich erst in den 1820er Jahren allgemein durchsetzen sollte: Die Gitarre wurde nicht mehr vom Körper weg, sondern parallel zum Körper gehalten. Nach J. A. Hamilton konnte das Instrument so auch ohne Zuhilfenahme der linken Hand gehalten werden (vgl. 1834, S. 1f.).
Die Titelseiten der Petite Méthode pour la Guitare (1840) von C. Eugène Roy und der Méthode de Guitare (1841) von L. Naudad zeigen die beschriebene Haltung. Zum Zeitpunkt ihres Erscheinens war die Gitarrenhaltung eigentlich veraltet, wurde aber immer noch praktiziert, auch von europäischen Emigranten in den USA (vgl. Strawinski 1846, S. 8). Man beachte die Höhe des Notenständers, der sich in Schulter- bzw. Kopfhöhe befand und die aufrechte Körper- und Kopfhaltung beim Spielen unterstützte.
3. Bei der dritten Variante wurde die Auflagefläche der Gitarre vergrößert, indem nicht nur der rechte, sondern beide Oberschenkel zum Stützen des Instruments verwendet wurden. Diese Haltung wurde schon früh in Paris bei der fünfchörigen und fünfsaitigen Gitarre praktiziert (vgl. Baillon 1780, S. 4). Jean-Baptiste Phillis übernahm sie für die sechssaitige Gitarre und beschrieb sie wie folgt: "Man sollte sitzen, die Gitarre auf den Knien nahe am Körper halten, den linken Fuß hochheben, den Hals hochhalten und die Hand mit dem Daumen der linken Hand unter dem Hals graziös hervortreten lassen" (1799, S. 1 übers.). Der Clou an dieser Haltung war, dass die linke Hand durch die fast senkrechte Ausrichtung des Instruments nicht das Gewicht des Halses zu tragen hatte. Sie konnte sich relativ frei bewegen, musste aber zusammen mit dem rechten Unterarm das Instrument im Gleichgewicht halten.
Im deutschsprachigen Raum wurde diese Haltung wohl erst durch Ferdinando Carulli bekannt, der sie in seiner Méthode Complette de Guitarre ou Lyre (1810) vorstellte. Anton Gräffer empfahl sie ein Jahr später in seiner Systematische[n] Guitarre-Schule (1811): "Die Guitarre muß beym Sitzen dergestalt gehalten werden, daß ihr Hals mehr gerade als zu schief - liegend - etwas vorwärts zu stehen kömmt, und der untere Theil fest in dem Schooße ruhet; doch soll selbe links immer vom Leibe einigermassen entfernt bleyben, damit der Hals frey sey, auch weil, wenn sie anliegt, der Ton gedämpft wird" (S. 9). Diese Haltung wurde auch in Spanien praktiziert (vgl. Gil 1814, S. 14). Ein weiterer prominenter Verfechter dieser Gitarrenhaltung war Francesco Molino. Er stellte sie allerdings erst 1823 in seiner Grande Méthode Complète pour Guitare ou Lyre vor, nachdem sein Pariser Konkurrent Carulli in der zweiten Auflage seiner Méthode Complette (1819) seine Haltung geändert hatte.
Die Idee, die Gitarre vom Körper weg zu halten, um die Resonanz des Instruments nicht zu beeinträchtigen, wurde in den 1820er Jahren aufgegeben. Charles de Marescot ging in seiner Methode de Guitare (1825) zwar nicht darauf ein, aber die Abbildung der empfohlenen Gitarrenhaltung zeigt deutlich, dass die Gitarre gegen den Oberkörper gelehnt werden sollte (vgl. Bd. I, S. 9). Francesco Bathioli in Wien formulierte zur gleichen Zeit in seiner Gemeinnützige[n] Guitareschule (1825): "In besagter Stellung legt man den untern breitern Theil des Instrumentes so in den Schooß, dass sein Rand auf dem rechten Schenkel ruht; der obere schmälere Theil an den Leib sehr leicht anliegt, und das Schildchen mit dem Auge fast einerlei Höhe hat" (I/1, S. 26). Und auch Johann Ernst Häuser betonte in der zweiten Auflage seiner Guitarre-Schule (1834), dass "man die Guitarre mehr dem Körper zu, als von selbigem entfernt halten muss", wenn auch "die Brust nicht angedrückt" werden dürfe (S. 5f.). Optisch unterschied sich diese Haltung kaum von der, bei der nur der rechte Oberschenkel als Stützpunkt diente. In beiden Fällen wurden die Beine eng aneinander gestellt, das untere Zargenende auf dem rechten Oberschenkel abgestützt und die Gitarre parallel zum Körper gehalten.
Die Verwendung von Hilfsmitteln zum Halten der Gitarre war bei den Damen eher die Regel als die Ausnahme. Das hatte zum Teil modische Gründe - ein verzierter Fußschemel, ein buntes Seidenband oder ein elegant über die Oberschenkel drapiertes Tuch werteten die Haltung optisch auf -, zum Teil aber auch ganz praktische, denn die Kleidermode der Empire- und Biedermeierzeit erschwerte die Stabilisierung des Instruments. Die Herren waren im Umgang mit Accessoires zurückhaltender und setzten sie, wenn überhaupt, meist rein funktional ein.
Die in den Pariser Gitarrenschulen am häufigsten erwähnte Spielhilfe ist der Fußschemel. Er wurde bereits für das Spiel auf der fünfchörigen und der fünfsaitigen Gitarre verwendet. Francesco Alberti empfahl ihn in seiner Nouvelle Méthode de Guitarre (1786) für den rechten Fuß, Barthélemy Trille Labarre in seiner Nouvelle Méthode pour la Guitarre (1797) für den linken Fuß. Aber erst Francesco Molino und Ferdinando Carulli machten ihn einem breiteren Publikum bekannt. Ab 1817 wurden in einigen Lehrbüchern Molinos Gitarrenschülerinnen mit einem Schemel unter dem linken Fuß abgebildet. Die Abbildung in seiner Nouvelle Méthode Complette (1817) zeigt eine Schülerin, die in der klassischen Sitzhaltung ihre Gitarre auf die rechte Lendenpartie stützt und den linken Fuß auf einen etwa 12 cm hohen Schemel stellt. Der durch den Schemel angehobene Oberschenkel stützt die Gitarre am unteren Zargenbogen ab und gibt ihr so zusätzlichen Halt. Ein Tuch auf dem Oberschenkel verhindert, dass die Gitarre an der Kontaktstelle zum linken Bein verrutscht. Die natürliche Sitzhaltung bleibt durch die geringe Höhe des Schemels weitgehend erhalten.
Molino hat diese Haltung im Text nicht näher beschrieben. Charles Lintant, der die gleiche Haltung mit Schemel und Tuch in seiner Petite Méthode de Guitare ou Lyre (1822) abgebildet hat, schreibt dazu: "Die Gitarre muss quer auf den rechten Oberschenkel gelegt werden, so dass der linke sie leicht spürt" (S. 3 übers.). Damit wird deutlich, dass der erhöhte linke Oberschenkel bei dieser Haltung nur eine untergeordnete Rolle spielte und dazu diente, das Instrument besser im Gleichgewicht zu halten und die linke Hand etwas vom Gewicht des Instruments zu entlasten. Um diesen Zweck zu erreichen, war ein Schemel nicht unbedingt notwendig. In einigen französischen Gitarrenschulen wurde lediglich empfohlen, den linken Fuß anzuheben (vgl. Phillis 1799, S. 1; Carnaud 1826, S. 3).
Für die spätere Variante der Haltung, bei der die Gitarre auf dem Schoß abgestützt und quer vor dem Körper gehalten wurde, konnte ebenfalls ein Schemel verwendet werden. Auch hier diente der erhöhte linke Oberschenkel nur dazu, die Gitarre etwas besser auszubalancieren. Eine Abbildung dieser Haltung findet sich in der Methode de Guitare (1825) von Charles de Marescot, der den Schemel bei der Beschreibung der Haltung nicht erwähnt. Der Schemel konnte also nach eigenem Belieben verwendet werden und war für die Haltung von untergeordneter Bedeutung.
Eine etwas ungewöhnliche Verwendung des Fußschemels schlug der spanische Gitarrist J. M. Noriéga in seinen Nouveaux Principes pour la Guitare (1833) vor. Nach seiner Vorstellung sollte die Gitarre senkrecht auf dem linken Oberschenkel abgestützt werden, der durch den Schemel angehoben wird. "Die beste Art, die Gitarre zu halten, ist zweifellos, sie fast gerade vor sich hin zu halten" (S. 7 übers.). Der linke Oberschenkel sollte das gesamte Gewicht des Instruments tragen, während der linke Daumen es leicht stützte und im Gleichgewicht hielt. Diese Haltung war recht eigenwillig, um nicht zu sagen exzentrisch, und Noriéga verwarf die Idee sofort wieder: "... aber das ist vor allem für Damen ermüdend und wirkt zu aufgesetzt" (ebd.).
Während in Frankreich der Fußschemel beim Gitarrenspiel relativ weit verbreitet war, scheint man im deutschsprachigen Raum weitgehend auf diese Spielhilfe verzichtet zu haben. Zumindest wird er in den zeitgenössischen Gitarrenschulen nicht empfohlen. Selbst in den Übersetzungen von Carullis Gitarrenschule op. 27 wird der Fußschemel nicht erwähnt, da sie den Text der ersten und nicht der zweiten Auflage wiedergeben2.
Im deutschsprachigen Raum war ein anderes Hilfsmittel gebräuchlich: das Gitarrenband. Die meisten Gitarren des frühen 19. Jahrhunderts waren mit einem Bandknopf ausgestattet. Die Gitarre wurde vor allem wegen ihrer Transportfähigkeit geschätzt. Die Verwendung eines Tragebandes bot sich für alle Formen des Musizierens im Freien an. Schauspieler und Sänger trugen die Gitarre meist an einem Band um Hals und Schulter. Auch beim Spielen im Sitzen konnte ein Band verwendet werden. Die linke Hand wurde dadurch von ihrer Stützfunktion entlastet.
Es ist davon auszugehen, dass in den ersten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts das Gitarrenband von Amateuren recht häufig verwendet wurde. So empfahl C. F. Scheidler in seinem Artikel Etwas über die Sister grundsätzlich die Verwendung eines Bandes: "Die Haltung der Sister ist ganz dieselbe wie bey der französischen Guitarre; auch bedient man sich, wie bey jener, eines Bandes über die Schultern, um ihr mehr Festigkeit zu geben" (AMZ 6/1804, Sp. 62). Aus dem gleichen Grund wurde das Band auch in den Gitarrenschulen von Francesco Molino, August Harder und Maximilian von Schacky den Anfängern empfohlen. Es erleichterte nicht nur die Bewegungen der linken Hand, sondern hielt, wie Harder betonte, auch den Daumen als Greiffinger frei (vgl. Molino 1813, S. 9; Harder 1819, S. 39f.; Schacky 1824, S. 2). Einige Gitarrenschulen - wie die von Bornhardt, Swoboda und Bathioli - bildeten die Gitarre mit einem Gitarrenband ab, und Carl Blum bestätigte in seiner Gitarrenschule den allgemeinen Gebrauch des Gitarrenbandes: "Sehr viele Guitarrenspieler finden es für gut, die Guitarre an einem Bande zu tragen, indem sie zur Entschuldigung dieser Schäferähnlichen Manier, den Grund angeben mehr Sicherheit und Kraft in das Spiel bringen zu können, weil die linke Hand alsdann nur sich mit dem Greifen der Töne beschäftigen dürfe" (1818 I, S. 7).
So verbreitet das Gitarrenband auch war, die zeitgenössischen Gitarrenschulen machten deutlich, dass es für fortgeschrittene Spieler überflüssig war. Mit Beginn des Biedermeier waren auch Dilettanten nicht mehr auf das Band als Spielhilfe angewiesen. Die klassische Gitarrenhaltung wurde modifiziert oder durch moderne Haltungen ersetzt. Dennoch hielten viele Amateure - auch aus ästhetischen Gründen - an der klassischen Haltung fest und spielten weiterhin im Sitzen mit Band. Hier setzte die Kritik Carl Blums an, der sowohl die klassische Gitarrenhaltung als auch die Verwendung des Bandes als "schäferähnliche Manier" ablehnte: "Ich bin durchaus nicht dafür, und würde es höchstens Damen erlauben, die sich weniger mit Erlernung großer Schwierigkeiten abgeben, und die Guitarre mehr zur Begleitung des Gesanges gebrauchen" (ebd.). Für Blum war das Gitarrenband sichtbarer Ausdruck eines unprofessionellen Gitarrenspiels. Mit bis dahin ungekannter Vehemenz forderte er die Gitarristen auf, sich mehr mit spieltechnischen als mit ästhetischen Fragen zu beschäftigen. Die Zeit sollte ihm Recht geben. In den 1820er Jahren nahm vor allem bei den Herren die Bereitschaft ab, für das solistische Gitarrenspiel ein Band zu verwenden. Diese Entwicklung vollzog sich, wie die Ikonografie zeigt, nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern auch in anderen europäischen Ländern.
Mit dem Ende des napoleonischen Empire verblassten die ästhetischen Ideale der griechisch-römischen Antike. Nach 1815 wurde die Gitarre zunehmend zum Instrument des sich vom Adel emanzipierenden Bürgertums. Die rein grazile Pose mit dem Instrument galt als unzeitgemäß. Man erwartete auch ein gewisses spielerisches Können. Es entwickelte sich eine funktionale Haltung, die die linke Hand von ihrer Stützfunktion befreite und es dem Spieler erlaubte, sich ganz auf die Spieltechnik der Greifhand zu konzentrieren.
Der Berliner Gitarrist Carl Blum war der erste, der diese neue, zweckmäßige Haltung in seiner Neue[n] vollständige[n] Guitarren-Schule (1818) vorstellte. Darin empfahl er, allen Konventionen zum Trotz, den linken Oberschenkel als Auflagefläche für die Zargeneinbuchtung der Gitarre zu benutzen3. Die spieltechnischen Vorteile dieser Haltung sah er vor allem in der Entlastung des rechten Arms und der Zupfhand: "Aber auch selbst Damen würde ich die folgende Abbildung sich zum Muster zu nehmen rathen; da diese hier vorgeschriebene Stellung ganz von der gewöhnlich üblichen abweicht, und, indem sie einen freiern Gebrauch des rechten Armes eben so wie ein richtiges Setzen der Füsse zulässt, gewiss eben so zweckmässig als schön ist. Im Anfange wird es denen, die an ein Band bei Haltung der Guitarre gewöhnt sind, freilich schwer fallen sich davon zu entwöhnen; die Folge aber wird die Wahrheit meiner Behauptung, dass durch das Weglassen desselben ein ungezwungenes, dreisteres und angenehmeres Wesen in Spiel und Stellung hervorgebracht wird, gewiss bestätigen. Vorzüglich empfehle ich das Folgende denjenigen die sich ganz der Musick widmen, und dermaleinst, öffentlich spielen wollen, zur Beherzigung" (1818 I, S. 7f.).
In Blums Überlegungen zur Haltung der Gitarre kündigt sich der Geist einer neuen Epoche an, die nicht mehr das klassische Harmonie- und Schönheitsideal, sondern das künstlerische Subjekt in den Mittelpunkt der Kunstauffassung stellt. An der Schwelle von der Klassik zur Frühromantik hatten sich die ästhetischen Maßstäbe verschoben. Anstand und Etikette wurden der Kunst untergeordnet. Den künstlerischen Maßstab setzte der geniale Virtuose, der in seinen Konzerten Höchstleistungen vollbrachte und das Publikum in seinen Bann zog. Die Haltung der Gitarre wurde den neuen Anforderungen angepasst. Hatte man bisher vor allem auf eine anmutige Sitzhaltung geachtet, so ging es nun darum, den Körper in eine spieltechnisch optimale Position zu bringen. Sie sollte in erster Linie funktional sein und dem einzelnen Künstler die Möglichkeit geben, seine Fähigkeiten auf dem Instrument voll zur Entfaltung zu bringen.
Die neue Haltung entlastete auch die Greifhand. Blum nutzte die linke Hand dennoch in geringem Maße zur Stabilisierung des Instruments: "Man setze sich dergestalt auf dem Stuhle nieder, dass das linke Bein des Spielers grade vom Knie an bis zur Erde, fast perpendicular stehen kann, das rechte Bein hingegen ziehe man dergestalt zurück das es die rechte Seite des Stuhles (auf welchem man beiläufig gesagt, nicht grade die Mitte einnehmen muss) berührt. Der untere Theil der Guitarre, wo sich der Knopf befindet, ruhe auf dem obern Theil des rechten Schenkels, welcher dadurch, dass man ihn an die Seite des Stuhles drückt etwas höher wird. Der ausgeschweifte Bogen der Guitarre ruhe auf dem linken Schenkel; der kleine Finger der rechten Hand stütze sich auf einen Punkt zwischen dem Stege (Saitenhalter, Chevalez) und dem Schallloche (Rose). Befolgt man diese Stellung genau, so wird die Guitarre schon dadurch allein eine gewisse Festigkeit in der Lage gewinnen, die durch das Hinzufügen der linken Hand die indessen nicht fest an dem freiliegenden, in die Höhe etwas gerichtetem Halse sich ängstlich halten darf, vermehrt wird" (S. 8).
Diese Gitarrenhaltung wurde von dem böhmischen Gitarristen František Max Kníže leicht abgewandelt. In seiner Vollständige[n] Guitarre-Schule (1820) empfahl er, zusätzlich den oberen Rand der Gitarre an den Körper zu lehnen. Seiner Meinung nach sollte die Gitarre durch fünf Berührungspunkte mit dem Körper stabilisiert werden: 1. den linken Oberschenkel, 2. die Innenseite des rechten Oberschenkels, 3. den Oberkörper, 4. den rechten Unterarm und 5. den kleinen Finger der rechten Hand. Dies ermöglichte die völlige Bewegungsfreiheit der linken Hand: "Bei mir hat die Guitarre fünf Punkte, wodurch sie so festgehalten wird, dass man mit der linken Hand auf und ab fahren kann ohne dass sich das Instrument im geringsten rührt, und ohne dass man ein Band dazu nothwendig hat" (S. 12). Weder Blum noch Kníže stellten den linken Fuß auf einen Schemel. Die Gitarre lag bei ihnen relativ tief auf dem linken Oberschenkel und die Gitarre nahm eher eine liegende Position ein. Dies hatte zur Folge, dass die Greifhand im Handgelenk abgeknickt werden musste, die Barrégriffe schwer zu greifen waren und das Spiel in den hohen Lagen nicht sehr bequem war.
Anders als im deutschsprachigen Raum war in Paris der Fußschemel als Spielhilfe üblich, und es war Ferdinando Carulli, der dieser modernen Gitarrenhaltung ihre endgültige Form gab. Er stellte sie 1819 in der zweiten Auflage seiner Méthode Complette vor. Statt die Gitarre auf dem Schoß abzustützen und das Instrument fast senkrecht zu halten, sollte sie nun auf dem linken Oberschenkel abgelegt werden: "Man sollte weder zu hoch noch zu tief sitzen, damit die Gitarre nicht zu hoch zur Brust hin liegt oder in Richtung Knie rutscht. Man sollte das Instrument auf dem linken Oberschenkel abstützen, wobei der Hals höher als der untere Teil des Korpus sein sollte. Die Damen können einen Schemel unter den linken Fuß stellen. (...) Der Hals sollte auf den ersten Gelenken des Daumens und des Zeigefingers der linken Hand aufliegen, wobei diese beiden Finger frei bleiben" (S. 3 übers.). Die Verwendung eines Schemels empfahl er nur den Damen. Die Haltung für Herren war im Wesentlichen identisch mit der von Carl Blum beschriebenen. Das Titelblatt seines Gitarrenwerks Étrennes aux Amateurs (op. 136) zeigt jedoch ein Paar, das kleine Fußschemel benutzt. In der fünften, überarbeiteten Auflage seiner Méthode Complete (op. 241) von 1825 passte er seinen Text der Abbildung an und empfahl den Schemel für beide Geschlechter (vgl. S. 6). Die deutsche Übersetzung der fünften Auflage, die 1831 bei Friedrich Kistner in Leipzig erschien, machte das deutsche Gitarrenpublikum erstmals mit dem "Bänkchen" bekannt. Die Käufer der französischen Originalausgabe kannten die praktische Spielhilfe natürlich schon länger.
Diese neue Haltung wurde von den Anhängern Carullis in Paris rasch übernommen. Sie findet sich in den Gitarrenschulen von Bigot, Chevessaille, Aubery du Boulley, Meissonnier, Plouvier und Parrini. Dass sie nicht zur Standardhaltung wurde, lag daran, dass Carullis Konkurrenten in Paris - Molino, Aguado und Sor - andere Haltungen bevorzugten. Einige der bedeutendsten Gitarrenvirtuosen der Epoche - Luigi Legnani, Napoléon Coste und Giulio Regondi - wählten sie jedoch wegen ihrer Zweckmäßigkeit.
Die Verwendung eines Fußschemels war nun obligatorisch, wobei die Höhe des Schemels variieren konnte. Legnani gab die Höhe mit einer Handfläche an, etwa 10 cm. Nach Aguado sollte sie nicht höher als eine Spanne, also 15 bis 20 cm, sein. Coste empfahl eine Höhe von 12 cm für Männer und einige Zentimeter mehr für Frauen. In einigen Gitarrenschulen wurde die Sitzhaltung als weniger anmutig als die klassische Haltung angesehen. Daher leisteten einige Gitarristen wie Carl Blum Überzeugungsarbeit, indem sie diese Haltung als ebenso zweckmäßig wie schön darstellten. So empfahl Mrs. Joseph Kirkman sie ihren Schülerinnen als "an easy & not inelegant position" (1842, S. 2). Der Verlust an Eleganz wurde dadurch wettgemacht, dass Frauen nun weitaus anspruchsvollere Werke spielen und innerhalb gewisser Grenzen selbst zu Virtuosinnen werden konnten, wie z. B. Catharina Josepha Pratten.
Auch wenn die Haltung weniger anmutig war, bedeutete dies nicht, dass auf Anstand verzichtet werden musste. Dies zeigt Pierre Joseph Plouvier in seiner Méthode Moderne (1836): "Man sollte sich aller unnötigen oder affektierten Bewegungen des Kopfes oder des Körpers enthalten und sich gerade halten, d. h. sich weder nach rechts noch nach links neigen und sich nicht beugen, um niemals die Brust gegen das Instrument oder den Rücken gegen den Stuhl zu drücken, und immer eine anmutige Haltung ohne Affektiertheit beibehalten, und schließlich sollte man auch eine übertriebene Haltung oder Nachlässigkeit vermeiden, die die Ausführung und die natürliche Anmut der Gitarre beeinträchtigen würde, besonders in den Händen von Damen" (S. 6 übers.).
Das wohl ungewöhnlichste Hilfsmittel zur Erleichterung des Gitarrenspiels stellte Fernando Sor in seiner Méthode pour la Guitare (1830) vor. Er wählte einen Tisch als Unterlage für das Instrument. In der deutschen Übersetzung von 1831 heißt es: "Indessen als meine Ansprüche an das Instrument wuchsen, bedurfte ich einer festern Stellung desselben, d.h. einer solchen, welche es nicht wider meinen Willen verändern könnte und dazu fand ich nichts zweckmäßiger als einen Tisch so vor mich zu stellen, dass einer seiner Eckwinkel dem zwölften Griff gegenüber lag, was mit Gelegenheit gab den Punkt B des Instruments auf das etwas hinweggeschobene rechte Knie und den Punkt C auf den Winkel D zu stützen. Dies Mittel welches mir die Stellung gab, die fig:7 bezeichnet, setzte mich in Stand den Hals mit der linken Hand zu beherrschen, welche jetzt nicht mehr mit der Haltung des Instruments belästigt war, da dieses nicht nur durch das Knie und den Tisch getragen, sondern auch dem Gewicht des rechten Arms unterworfen ward, welchen ich völlig auf dem Punkte E ruhen lasse" (S. 8).
Die Idee, ein Zupfinstrument auf einem Tisch abzustützen, war nicht neu. In der Ikonografie gibt es Beispiele dafür, dass Lauten auf die Tischplatte gelegt wurden, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Was Sors Haltung jedoch von den traditionellen Positionen unterschied, war, dass sie nicht aus der Situation heraus entstand, sondern nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten entwickelt wurde. Sor strebte eine Synthese an, die die haltungsphysiologischen Vorteile der klassischen Haltung mit den ergonomischen Vorteilen der modernen Haltung verband. Wie bei der klassischen Haltung wurde die Gitarre am unteren Zargenende auf dem rechten Oberschenkel abgelegt. Die Beine bildeten einen rechten Winkel, beide Füße standen fest auf dem Boden, der Körper wurde gerade gehalten. Allerdings wurde die Gitarre nicht mehr mit der linken Hand in der Nähe des Sattels gehalten. Stattdessen wurde der obere Teil des Korpus auf eine Tischkante gelegt. Die Position des Instruments war auf die Längs- und Breitenachse des Körpers ausgerichtet, der Oberkörper musste weder gedreht noch gebeugt werden. Wie bei der modernen Haltung war die volle Bewegungsfreiheit der Greif- und Spielhand gewährleistet. Allerdings musste der linke Fuß nicht mehr auf einem Schemel abgestellt werden. Das Becken befand sich nicht in einer Schräglage.
Trotz dieser Vorteile hat sich diese Haltung nicht durchgesetzt. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Der Tisch war im Gegensatz zum Instrument nicht leicht und transportabel und im Verhältnis zur Größe des Instruments überdimensioniert. Die Spielhaltung hinter dem Tisch wirkte steif und wenig souverän. Außerdem musste die Höhe des Tisches der Körpergröße des Spielers und der Höhe des Stuhls angepasst werden. Die Nutzung eines Tisches als Gitarrenstütze war bestenfalls in den eigenen vier Wänden praktikabel. Es ist daher unwahrscheinlich, dass Sor bei seinen Konzerten einen Tisch als Spielhilfe benutzte. Vielmehr wird er die beschriebene Sitzposition als ideale Haltung für ermüdungsfreies Üben im privaten Rahmen geschätzt haben.
Matteo Carcassi hatte eine viel praktischere Idee. Er benutzte den Stuhl, auf dem er saß, als Unterlage für das Instrument. In der Übersetzung seiner Méthode Complète pour la Guitare (1836) heißt es: "Um die Guitare gut halten zu können, muss man einen etwas höheren Stuhl wählen als die gewöhnlichen sind; den linken Fuss auf einen Schemel setzen welcher mit dem Stuhle auf welchem man sitzt die gehörige Höhe hat; dann entfernt man das rechte Bein mit auswärts gekehrtem Fusse: das linke Bein behält die gewöhnliche Stellung, das Gewicht des Körpers ruht grösstentheils auf dem linken Schenkel. Sitzt man nun fest auf diese Weise, so setzt man die Guitare in schiefer Richtung auf den linken Schenkel wie es die vorliegende Abbildung zu erkennen gibt; diese Stellung ist einer jeden anderen vorzuziehen, weil sie dem lnstrumente drei Stützpunkte darbietet und dasselbe ohne Beihülfe der Hände im Gleichgewicht erhält; andere Stellungen haben das Nachtheilige dass sie oft Steifheit herbeiführen" (S. 9).
Bei dieser Sitzhaltung lag der untere Teil des Korpus nicht auf der Innenseite des rechten Oberschenkels, sondern auf dem Stuhl. Der obere Teil des Korpus lag auf dem erhöhten linken Oberschenkel vor dem Knie, so dass die Gitarre diagonal ausgerichtet war. Auf diese Weise konnte die Gitarre ohne großen Kraftaufwand stabil gehalten werden und beide Hände konnten frei arbeiten. Carcassis Beschreibung deutet jedoch darauf hin, dass die linke Hand das Instrument etwas stabilisieren musste: "Die linke Hand muss den Hals leise zwischen dem Daumen und Zeigefinger drücken, die Spitze des Daumens muss in der Gegend der tiefen Saiten zwischen dem ersten und zweiten Bund gesetzt werden, und das grosse Glied des Zeigefingers zwischen dem Sattel und dem ersten Bunde neben der höchsten Saite" (ebd.). Obwohl Carcassis Idee, die Gitarre auf dem Stuhl abzustützen, einfach und praktisch war, fand sie keinen Anklang. Ein Grund für die Ablehnung mag die auffallend breitbeinige Sitzhaltung gewesen sein, die damals als unschicklich empfunden wurde.
Neben der zweckmäßigen Gitarrenhaltung, bei der die Gitarre auf dem linken Oberschenkel abgelegt wurde, gab es auch eine bequemere Variante, bei der der rechte Oberschenkel als Auflagefläche diente. Dabei wurden die Beine leicht gespreizt. Der rechte Fuß wurde auf einen kleinen Schemel gestellt, die Zargeneinbuchtung des Instruments auf den Oberschenkel gelegt und der Gitarrenhals fast waagerecht gehalten. Diese Haltung mag der Tatsache Rechnung getragen haben, dass die Gitarre auch ein Gelegenheitsinstrument war, das im privaten Kreis bei weniger förmlichen Anlässen gespielt wurde. Sie ließ sich nicht nur schnell einnehmen, sondern signalisierte auch, dass man sich in einem vertrauten Kreis befand.
Die bequeme Haltung der Gitarre wurde allgemein als weniger geeignet für Frauen angesehen, da sie asymmetrisch war und damit der weiblichen Anmut abträglich. Zum einen befand sich der Gitarrenkorpus auf der rechten Seite. Die rechte Schulter musste angehoben und der Oberarm im Schultergelenk nach außen gedreht werden. Zum anderen war der Gitarrenhals relativ tief positioniert. Die linke Schulter musste abgesenkt werden. Um auf das Griffbrett sehen zu können, musste der Kopf nach unten geneigt werden. Der Rücken konnte in dieser Position nicht immer gerade gehalten werden.
Diese Haltung scheint bereits der Pariser Verleger Antoine Marcel Lemoine eingenommen zu haben. Die Abbildung in seiner Nouvelle Méthode de Lyre ou Guitarre (1807) deutet darauf hin. In der Beschreibung heißt es jedoch, dass die Gitarre wie die Lyragitarre eher aufrecht gehalten werden sollte. Es ist daher anzunehmen, dass sich die Bezeichnung millieu de l’éclisse auf das untere Ende der Zarge bezieht und nicht auf die Zargeneinbuchtung. Die Gitarrenschule war der Königin Katharina von Westfalen gewidmet. Es ist unwahrscheinlich, dass Lemoine ihr eine wenig elegante Haltung empfahl: "Die Gitarre sollte auf dem rechten Knie liegen, so dass sie sich in der Mitte der Zarge auf dem Knie befindet, das etwas höher als das linke Knie gehalten wird. Für die Handhaltung gilt das gleiche wie für die Lyra; es ist darauf zu achten, dass der Gitarrenhals etwa drei Daumenbreit über dem Körper gehalten wird" (S. 3 übers.).
Sicher ist, dass Jean-Racine Meissonnier den Gitarristen in Paris eine eher entspannte Haltung des Instruments empfahl. In seiner Méthode de Guitare ou Lyre (1818) heißt es: "Der Körper muss in aufrechter Sitzhaltung auf den Hüften ruhen, die Brust ist zurückgenommen, das rechte Bein ist höher als das linke oder darüber gekreuzt. Die Gitarre wird auf dem rechten Oberschenkel abgestützt, wobei der taillierte Teil des Instruments auf dem Oberschenkel aufliegt und der obere Teil des Instruments weniger hoch als das Kinn ist. Die linke Hand sollte etwas verkehrt herum gehalten werden und den Hals des Instruments umfassen, wobei der Daumen in Höhe des zweiten Fingers liegt und allen seinen Positionsbewegungen folgt. Die anderen Finger sollten gekrümmt sein und auf natürliche Weise auf den Bünden platziert werden, wobei der Ellbogen ein wenig vom Körper entfernt sein sollte. Die rechte Hand sollte gerundet, leicht angehoben und mit dem kleinen Finger auf der Decke des Instruments zwischen Rose und Steg fixiert sein, während die anderen Finger zum Anschlagen der Saiten bereitgehalten werden. Der Daumen sollte ein wenig nach vorne gehalten werden" (S. 4 übers.).
Meissonniers Idee wurde von den Gitarrenlehrern in Paris nicht aufgegriffen. Diese hatten nach wie vor zahlungskräftige Kundinnen aus dem Adel und dem gehobenen Bürgertum - und deren Geschmack war ausschlaggebend. Die Haltung galt als wenig anmutig. Meissonnier räumte 1823 in der von ihm selbst herausgegebenen Méthode de Guitare ou Lyre ein, dass es anmutiger sei, die Gitarre aufrecht zu halten. Die von ihm empfohlene Haltung sei jedoch bequem und anmutig zugleich und bereite weniger Schwierigkeiten beim Spielen (vgl. S. 7). Das Titelbild seiner Schule schränkt diese Empfehlung jedoch ein, indem es die bequeme Haltung den Herren und die anmutige Haltung den Damen zuweist.
In der zweiten Auflage seiner Méthode de Guitare ou Lyre von 1828 beschränkte sich Meissonnier darauf, die beiden Gitarrenhaltungen, die Carulli und er in Paris eingeführt hatten, kommentarlos zu beschreiben: "Die Gitarre sollte gegen den Unterkörper gelehnt und auf den linken Oberschenkel gelegt werden, wobei der Hals etwas höher gehalten wird; oder auf den rechten Oberschenkel, wobei ein Schemel unter den rechten Fuß gestellt wird. (Siehe Titelbild)“ (S. 7 übers.). Er ließ auch Natalie Houzé, Molinos beste Schülerin, lithografieren, wie sie ihre Gitarre in klassischer Haltung auf dem Schoß hält. Offensichtlich versuchte der geschäftstüchtige Verleger hier, den Anhängern Carullis und Molinos gleichermaßen gerecht zu werden und mit seiner Gitarrenschule ein möglichst breites Publikum anzusprechen. In der posthum erschienenen elften Auflage seiner Méthode Complète pour la Guitare (1860) stellte er die klassische und die beiden modernen Gitarrenhaltungen gleichberechtigt nebeneinander. Dabei bezeichnete er die klassische Haltung als die natürlichste, während er von der von ihm bevorzugten bequemen Haltung nur sagte, dass sie von einigen Gitarristen benutzt werde.
Der wohl konsequenteste Verfechter dieser Gitarrenhaltung war Fernando Sor. Der Spanier wählte diese Haltung, weil sie eine ergonomische Anpassung des Instruments an den Körper des Spielers ermöglichte und eine optimale Balance des Instruments sowie eine bequeme Sitzhaltung garantierte. Er schätzte es, eine Sitzposition einnehmen zu können, bei der die Mitte der Saitenlänge des Instruments mit der Längsachse des Körpers zusammenfällt: "Nun sah ich, dass alle Claviermeister darüber einig sind, dass man dem Punkt gegenüber sitzen müsse welcher die Mitte der Claviatur bestimmt, d. h. vor der Mitte der horizontalen Linie, welche die beiden Hände zu durchlaufen haben; ich fand diese Vorschrift sehr richtig, denn indem beide Arme in gleicher Nähe oder Entfernung vom Körper bleiben, lässt sich jede Bewegung bequem ausführen: und daraus schloss ich, die Mitte der Saitenlänge, der zwölfte Griff müsse sich meinem Körper gegenüber befinden und diese Meinung fand ich unterstützt durch die Gestalt des Rumpfs der Guitarre, welcher ... den Punkt A [= untere Zargeneinbuchtung] als denjenigen angiebt, welcher auf dem rechten Knie ruhen muss; weil aber in diesem Fall das Instrument sich zu tief befinden würde um die linke Hand nach meinem Bedürfniss anlegen zu können, so suchte ich ... einen Stützpunkt für meinen rechten Fuss, welcher mein Knie mehr empor hielte und dadurch die Guitarre in eine meiner linken Hand bequeme Höhe höbe" (1831, S. 8). Es ist anzunehmen, dass Sor diese Spielhaltung bei öffentlichen Konzerten einnahm. Dionisio Aguado berichtet jedoch in seiner Méthode Complète (1826), dass Sor den linken Fuß auf einen Schemel zu stellen pflegte und die Gitarre auf den linken Oberschenkel legte (vgl. S. 4).
Der britische Autor Donald Walker bewertete in seinen Exercises for Ladies (1836) die Sitzhaltung aus haltungsphysiologischer Sicht positiv. Sie vermeide Fehlhaltungen, die sonst in der Praxis zu beobachten seien: "In playing on the guitar, in some instances, the right knee is elevated to support the instrument, and the right shoulder is slightly raised. This is avoided by the far preferable position of Sor. - (See Plate III.) The practice alluded to, therefore, tends further to throw the lateral deviation toward the right shoulder" (S. 33). Die Standardhaltung, die Gitarre auf den Schoß zu legen und den linken Fuß auf einen Schemel zu stellen, empfahl er als Ausgleich für Damen, die auch Harfe spielten.
Dionisio Aguado sah diese Haltung jedoch kritisch. Seiner Meinung nach beeinträchtigte sie das Gitarrenspiel, da die rechte Hand zu weit vom Körper entfernt gehalten und dadurch in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt wurde. Auch die linke Hand wurde negativ beeinflusst. In seinem Lehrwerk Nuevo Método para Guitarra (1843) bemerkt der Spanier, dass "der Daumen der linken Hand hart arbeiten [muss], um gleichzeitig das Zusammenspiel zu gewährleisten, das zwischen ihm und den greifenden Fingern bestehen muss, und das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten, das die Gitarre bewahren muss, sowie sie, sagen wir, in der Balance ist" (§ 62 übers.). Daher sei es besser, die Gitarre auf den linken Oberschenkel zu legen, da man so die rechte Hand näher am Körper halten und freier und kraftvoller spielen könne. Diese Haltung empfahl Aguado allerdings eher den Herren, die erste den Damen.
In der zweiten Auflage seiner Exercises for Ladies (1837) zeigte sich Donald Walker unzufrieden mit den Gitarrenhaltungen, die den rechten Oberschenkel oder den Schoß als Auflagefläche benutzten, da sie den Körper einseitig belasteten. Er schrieb einen Brief an Leonhard Schulz, den nach Sors Weggang bekanntesten Gitarristen Londons, und zitierte dessen Antwort in seinem Handbuch.
Schulz empfahl, beim Spielen ein Band zu verwenden und die Gitarre waagerecht unter dem rechten Arm zu halten. Um Verspannungen zu vermeiden, riet er, regelmäßig die Position zu wechseln, auf einem Stuhl zu sitzen, im Stehen zu spielen oder durch die Wohnung zu gehen. Der Positionswechsel sorge für Bewegung und beanspruche verschiedene Muskelgruppen:
"I ensure the perfect equality of the shoulders, by suspending the guitar, by a ribbon, from the neck. I avoid a different elevation even of the two hands, by placing the instrument so suspended on one horizontal level,- not merely because the common elevation of the neck of the instrument and of the left hand when applied to it, may derange the natural position of the shoulders and add to the causes of deformity you have so clearly described, but because that position fatigues the arm, and deprives the pupil of that perfect command over the finger-board which the horizontal level affords. I carry the body of the instrument, thus horizontally suspended, considerably under the right arm, in order to avoid all such pressure on the breast as may affect either digestion, circulation, or respiration - a consideration of vast importance, especially when the pupil uses the guitar to accompany the voice in singing.
With the instrument thus held in the most natural, easy, safe and unobjectionable position, the pupil may either rest on a chair, having the seat of the common dimensions, to ensure freedom and ease in sitting, and may plant both feet equably upon the ground; - or she may stand while playing, which is favourable to an erect and easy carriage; - or, at perfect freedom, she may walk through the apartment. Thus every thing, in this mode of playing on the guitar, is calculated to exempt that instrument from even the slightest reproach of causing an unequal position of the shoulders, or in any way contributing to cause the too prevalent deformity" (S. 39-41).
In eine ähnliche Richtung gingen die Überlegungen des ebenfalls in London lebenden Ferdinand Pelzer. Das Titelbild seiner Instructions for the Spanish Guitar (1833) zeigt seine Tochter Catharina Josepha stehend, die Gitarre an einem Band um den Hals unter dem rechten Arm.
Dionisio Aguado nahm im Wesentlichen die gleiche Spielhaltung ein wie Sor, benutzte aber die rechte Seite des Stuhls, auf dem er saß, um das Instrument zu stützen. In seiner Escuela de Guitarra (1825) beschrieb er die Vorteile dieser Sitzposition, die es ihm ermöglichte, die Gitarre höher und diagonal zu halten: "Der Spieler setzt sich auf einen Stuhl mit einer etwas breiteren Sitzfläche und lässt auf seiner rechten Seite genügend Raum, um die größere Wölbung der linken Zarge der Gitarre darauf abzustützen, während er sie gleichzeitig mit dem rechten Unterarm am oberen Teil der größeren Wölbung der gegenüberliegenden Zarge festhält, so dass sie allein auf diese Weise gut gesichert ist und nur wenig oder gar nicht der Hilfe der linken Hand bedarf, die frei sein muss, um sich ungehindert am Hals entlang bewegen zu können. Letzterer wird mehr oder weniger schräg angehoben, wobei die Neigung im Allgemeinen zwischen 35 und 40 Grad liegen sollte. Eine stärkere oder schwächere Neigung des Halses würde sich nachteilig auf die linke Hand auswirken und dem Arm auf derselben Seite Unannehmlichkeiten bereiten. Der Körper sollte natürlich gerade sein, ebenso wie der Kopf, der weder verdreht noch auf die Bewegungen der linken Hand ausgerichtet sein sollte“ (§ 17 übers.). Um ein Verrutschen der Gitarre zu verhindern, legte er ein Taschentuch auf die Auflagefläche. Die empfohlene Haltung war die gleiche, die er fünf Jahre zuvor in der Coleccion de Estudios (1820) beschrieben hatte. Allerdings hatte er dort die Neigung des Halses mit 45 Grad angegeben.
Diese Haltung stellte Aguado ein Jahr später in Paris in seiner Méthode Complète pour la Guitare (1826) vor. Dort fand seine Idee zumindest im engeren Freundeskreis und bei seinen Schülern Anklang. Adolphe Ledhuy griff sie in seiner Méthode de Guitare (1828) auf und fügte erklärend hinzu, dass diese Haltung weder eines stützenden Fingers noch eines Fußschemels bedürfe (vgl. S. 1). Prudent-Louis Aubéry du Boulley ahmte Aguados Gitarrenhaltung auf einer Abbildung in seiner Méthode pour la Guitare (1842) nach. Und José Jesus Perez lobte Aguados Haltung in seinem Lehrwerk Método de Guitarra (1843) als die beste. Allerdings platzierte er die Gitarre nicht auf der rechten Seite des Stuhls, sondern vorne zwischen den Oberschenkeln. Den Damen empfahl er, die Gitarre auf die Oberschenkel zu legen (vgl. S. 2).
Aguados Haltung war jedoch weniger stabil als angenommen. Die Gitarre wurde nur an zwei Stellen gehalten. Aguado musste, wie er selbst zugab, manchmal die linke Hand zu Hilfe nehmen, um das Instrument zu stützen. Der rechte Unterarm war viel zu sehr damit beschäftigt, das Instrument zu halten, als dass er sich hätte entspannen können, um die Finger locker zupfen zu lassen. Im Gegensatz zum linken Arm war der rechte in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Also entwickelte Aguado ein Stativ, das beide Arme vom Halten der Gitarre befreite.
In seinem Lehrwerk Nuevo Método para Guitarra (1843) nannte Aguado neben der Bewegungsfreiheit der Greif- und Zupfhand auch klangliche Gründe für seine Arbeit an einem Gitarrenstativ. Der Korpus der Gitarre sollte beim Spielen ungehindert schwingen können: "Damit die Gitarre brillante Töne hervorbringen kann, ist es nicht nur unerlässlich, dass die Saiten schwingen, sondern auch, dass sie selbst in Schwingung gerät. Alles, was dem entgegensteht, führt zu einer Beeinträchtigung des genannten Zustands, und genau das ist bei den bisher angewandten Methoden, die Gitarre beim Spielen zu halten, geschehen, da es notwendig war, ihr eine Stütze auf dem Oberschenkel oder auf dem Stuhl und eine andere auf dem Körper und dem Arm des Spielers zu geben, wodurch die entsprechenden Schwingungen der Teile des Korpus verhindert wurden, und beim Halten des Instruments eine Kraft eingesetzt wurde, die ganz den Fingern beider Hände für ihre gebührende Wirkung zugedacht war" (§ 2 übers.).
Damit der Gitarrenkorpus frei schwingen konnte, entwickelte Aguado den Tripode, ein dreibeiniges Stativ, auf das die Gitarre montiert wurde. Das Instrument wurde an zwei Stativzapfen befestigt. Die Schrauben dienten dazu, das Stativ an die Größe des Korpus und die Sitzposition des Spielers anzupassen: "A ist ein Knopf mit einer Schraube, die dazu dient, den Metallmechanismus in der eingestellten Höhe zu fixieren. B ist ein Zapfen, der in das Loch geht, das fast alle Gitarren an der Unterseite haben, wo normalerweise ein kleiner Knopf aus Holz oder Elfenbein angebracht ist. C ist ein weiterer Zapfen, der in ein anderes passendes Loch geht, das in der Wurzel oder dem sogenannten Fuß des Halses auf der linken Seite der Gitarre angebracht ist (...). D ist eine Schraube, die den Mechanismus festzieht, nachdem die Gitarre (die bereits darauf platziert ist) die gewünschte Neigung zum Körper hin erhalten hat. E ist eine weitere Schraube, um den Mechanismus zu sichern, nachdem der Hals die gewünschte Höhe erhalten hat. f i o sind kleine Schrauben, die dazu dienen, den Mechanismus zu verlängern, so dass er für alle Gitarrentypen geeignet ist. V ist eine weitere Schraube, die den langen Arm des Mechanismus verschiebt, um den oberen Zapfen näher an das Bohrloch zu bringen. S ist die Klemme oder der Teil, in den die untere Zarge der Gitarre eingesetzt wird. R ist eine kleine Metallscheibe, die so angepasst ist, dass die drei kleinen Arme, aus denen sie besteht, genau auf die drei offenen Füße fallen können, damit sie sich nicht schließen" (§ 20 übers.).
Für die Ausrichtung des Instruments empfahl Aguado einen Neigungswinkel von etwa 25 Grad. Außerdem sollte die Gitarre so aufgestellt werden, dass die Decke leicht zur Brust hin geneigt ist und der Hals-Korpus-Übergang etwas links von der Körperlängsachse liegt. Die Abbildung der Gitarrenhaltung zeigt jedoch einen Winkel von etwas mehr als 45 Grad. Dies stimmt mit den Angaben im posthum veröffentlichten Apéndice al Nuevo Método para Guitarra (1849) überein. Hier empfahl Aguado eine diagonale Ausrichtung des Halses, der weder in Richtung der Horizontalen abgesenkt noch in Richtung der Vertikalen angehoben werden sollte (vgl. S. 16). Auch bei dieser Sitzhaltung war auf Etikette zu achten. Aguado empfahl den Herren, die Beine natürlich auszustrecken, ohne sie übereinanderzulegen, und den Damen, den linken Fuß auf einen kleinen Schemel zu stellen, damit die Haltung anmutig wirke (vgl. 1843, §§ 56-60).
In der Nouvelle Méthode de Guitare (1834) stellte Aguado seine Erfindung erstmals dem Pariser Publikum vor. Hier nannte er sie noch "Tripodison". Sein Freund Adolphe Ledhuy warb in der Encyclopédie pittoresque de la musique (1835) für das Stativ, das er fälschlicherweise als "Tripedisono" bezeichnete: "Das Instrument ist von demjenigen, der es spielt, völlig isoliert, steht ihm aber dennoch zur Verfügung, wie es bei einem Klavier der Fall wäre, dessen Gewicht man nicht zu tragen braucht. Infolge dieser Isolierung ist der Klang viel größer, die Schwingungen werden nicht aufgehalten, und die Hände bleiben völlig frei, um ohne Verkrampfung zu agieren. Die Verlegenheit, die sich daraus ergab, dass man darauf achten musste, das Instrument in einer für beide Hände bequemen Position zu halten, ist verschwunden, es geht nur noch darum zu spielen" (S. 127 übers.). Auch Fernando Sor ließ es sich nicht nehmen, für die Erfindung seines Freundes zu werben. "Ich hätte es nie gewagt, der Gitarre eine so schwierige Aufgabe zu stellen, wie die, sie dazu zu bringen, die von der Natur dieses Stückes geforderten Effekte zu erzielen, ohne die ausgezeichnete Erfindung meines Freundes Denis Aguado", behauptete er 1835 im Vorwort zu seiner Fantaisie Elégiaque, op. 59. Dank des Tripodes könne das klangliche Potenzial der Gitarre nun voll ausgeschöpft werden: "Ohne die Erfindung meines Freundes hätte ich mir nie vorstellen können, dass die Gitarre in der Lage ist, die verschiedenen Klangqualitäten der Singstimme, des Basses und der harmonischen Ergänzung, die bei einem Stück dieses Charakters erforderlich sind, gleichzeitig und ohne große Schwierigkeiten wiederzugeben; denn alles liegt im Bereich des Instruments" (übers.). Sor hat hier offensichtlich übertrieben, um seinem Freund einen Gefallen zu tun. Seine Fantaisie Elégiaque, op. 59, enthält keine spieltechnischen Anforderungen oder kompositorischen Besonderheiten, die nicht schon in früheren Werken zu finden sind.
Aguado warb selbst für seine Erfindung, indem er den Dreifuß auf den Titelblättern seiner Werke opp. 7-16 abbildete. Er veröffentlichte auch La Guitare Fixée sur le Tripodison ou Fixateur (1836), eine Werbebroschüre, Gebrauchsanweisung und Gitarrenschule in einem. Es gibt jedoch keine Hinweise darauf, dass sein Tripode ein kommerzieller Erfolg war. 1839 kehrte Aguado nach Madrid zurück. Auch hier warb er für seine Erfindung. In seinem pädagogischen Hauptwerk Nuevo Método para Guitarra (1843) zählte er alle Vorteile auf: 1. Das Instrument habe keine Stützpunkte und könne frei schwingen. 2. Der Spieler könne die Greif- und Spielhand frei bewegen. 3. Das Stativ ermögliche eine natürliche und anmutige Haltung des Spielers. 4. Spieltechnische Schwierigkeiten könnten leichter überwunden werden. 5. Die Hände konnten richtig positioniert werden. 6. Sänger, die sich auf der Gitarre begleiteten, konnten eine stimmfreundliche Körperhaltung einnehmen. 7. Flageoletttöne konnten leichter erzeugt werden und kamen klarer heraus. 8. Die höchsten Bünde konnten mühelos erreicht werden (vgl. § 21).
Aguado setzte alles daran, seine Erfindung einem breiten Publikum bekannt zu machen. Mit dem Erfolg des Stativs verband er die Hoffnung, dass "die Gitarre an Beliebtheit zunehmen wird, sobald man erkennt, dass sie mit diesem Hilfsmittel mit der größten Vollkommenheit gespielt werden kann" (§ 4 übers.). Doch der Erfolg blieb aus. Mindestens zwei Nachteile sprachen gegen den Tripode: Er beschädigte das Instrument und er war teuer. Fast alle erhaltenen Gitarren, die auf Aguados Metallstativ montiert waren, zeigen deutliche Kratzspuren an den beiden Löchern im Endklotz und am Halsfuß sowie an der Zarge. Der Preis des Stativs entsprach in etwa dem einer guten Gitarre (vgl. de Avalle 2014). Auch der umständliche Auf- und Abbau sowie die Befestigung der Gitarre dürfte nicht jedermanns Sache gewesen sein. Der Tripode wurde daher nur von wenigen Gitarrenliebhabern im Umkreis von Aguado gekauft.
Obwohl mit Beginn der Frühromantik zwei moderne Gitarrenhaltungen entwickelt wurden, die die Bewegungsfreiheit der Greifhand nicht einschränkten, blieb die klassische Gitarrenhaltung in Gebrauch. In den 1820er Jahren existierten in Paris und London alle drei Gitarrenhaltungen nebeneinander.
Prudent-Louis Aubery du Boulley war der erste, der in seiner Méthode complette et extrêmement simplifiée (1828) eine Klassifizierung der Gitarrenhaltungen nach den Kriterien der Anmut und der Erleichterung des Spiels vornahm: "Jeder Lehrer hat seine eigene; ich werde mich darauf beschränken, die drei gebräuchlichsten zu beschreiben. 1. Man legt den Korpus des Instruments auf den rechten Oberschenkel und hält den Hals so hoch, dass die Wirbel in Augenhöhe sind. Diese Art, die Gitarre zu halten, ist sicherlich die anmutigste, aber sie bereitet einige Schwierigkeiten bei der Ausführung. Wem sie zu unbequem ist, kann eine der folgenden Möglichkeiten wählen. 2. Man legt die Gitarre quer auf den linken Oberschenkel, mit der Zargeneinbuchtung, und hat einen Schemel unter dem linken Fuß, um das Instrument etwas höher zu stellen. Diese Haltung ist weniger anmutig als die vorhergehende, aber sie bietet mehr Erleichterungen bei der Ausführung. 3. Die Gitarre wird quer auf dem rechten Oberschenkel gestützt, der mit Hilfe eines Schemels höher als der linke gehalten wird. Die Gitarre sollte so platziert werden, dass die Mitte der Zarge auf dem rechten Oberschenkel liegt und die Decke zu drei Vierteln nach außen zeigt. Der Hals sollte nur leicht angehoben werden. Dies ist zwar die am wenigsten anmutige Variante, bietet aber auch mehr Erleichterungen bei der Ausführung" (S. 3 übers.).
Jean-Racine Meissonnier unterschied in der elften Auflage seiner Méthode Complète pour la Guitare (1860) zwischen natürlichen und weniger natürlichen Gitarrenhaltungen. Wie Aubery du Boulley verzichtete er auf eine Wertung und überließ die Wahl der geeigneten Haltung dem Spieler: "Es gibt verschiedene Weisen, die Gitarre zu halten. Die 1ste, die am natürlichsten erscheint, besteht darin, das linke Bein anzuheben und den Fuß auf einem Stuhl abzustützen, so dass das Bein als Stützpunkt dient, auf dem die Spitze der Zarge der Gitarre ruht, während der Hals so weit angehoben wird, dass er sich vor der linken Hand befindet, wenn man den Unterarm aufrichtet. 2te Art und Weise. Einige Gitarristen platzieren ihr Instrument auch auf dem rechten Bein, das sie anheben, indem sie den Fuß auf einen Schemel oder auf die Querstrebe eines Stuhls stellen. 3te Art und Weise. Der linke Fuß wird auf einen Schemel oder Stuhl gestellt, das Bein befindet sich in Höhe der oberen Zarge der Gitarre, der untere Teil des Instruments ruht auf dem rechten Bein, das etwas von der Körperlinie entfernt ist" (S. 5 übers.). Während sich die klassische Gitarrenhaltung in Paris in den 1840er Jahren noch behaupten konnte, hatten sich die spanischen Gitarristen weitgehend von ihr abgewandt. Sie legten die Gitarre entweder auf den rechten oder linken Oberschenkel und benutzten eine Fußbank als Spielhilfe.
Im deutschsprachigen Raum hielt man an der klassischen Gitarrenhaltung und ihren Varianten fest. Die Fußbank als Spielhilfe war hier nicht allgemein üblich. Bei spieltechnischen Schwierigkeiten griff man auf das Band als Spielhilfe zurück. Carl Blum und František Max Kníže, die in ihren Schulen empfahlen, die Gitarre auf den linken Oberschenkel zu legen, konnten nur wenige davon überzeugen, das Instrument in dieser tiefen Haltung zu spielen. Es galt als natürlich und selbstverständlich, die Gitarre aufrecht auf dem rechten Oberschenkel oder auf dem Schoß zu halten. Erst durch Carullis Vollständige Anweisung um auf die leichteste und einfachste Weise die Guitarre spielen zu lernen und Sors Guitarre-Schule wurden die beiden modernen Gitarrenhaltungen einschließlich der Fußbank dem deutschen Gitarrenpublikum bekannt. Beide Übersetzungen erschienen 1831, zu einer Zeit, als die Gitarre im Niedergang begriffen war und ihre Bedeutung als Modeinstrument längst verloren hatte. In den wenigen deutschsprachigen Gitarrenschulen, die noch bis 1848 erschienen, wurden die neuen Haltungen nicht aufgegriffen. Auch die in den 1840er Jahren von Berufsmusikern gespielten mehrsaitigen Gitarren wurden auf beide Oberschenkel gelegt und leicht gegen den Oberkörper gelehnt.
1 Der Begriff "Anstand" wurde vor allem in den deutschsprachigen Gitarrenschulen verwendet (vgl. N. N. 1802, S. 1; Harder 1819, S. 40; Lehmann 1820, S. 6; Bathioli 1825 I/1, S. 26; Reichardt 1839, S. 2). In den französischen Gitarrenschulen dominierte der Begriff "grâce", in den spanischen "airosidad". Im deutschsprachigen Raum wurde die Sitzhaltung also eher unter moralischen als unter ästhetischen Gesichtspunkten beurteilt. Die Regeln des Anstands galten für Männer und für Frauen gleichermaßen, wie August Harder in seiner Schule betonte. Auch irrten diejenigen sich, so Harder, "die mit einem wohlgebauten Körper einen freien und schönen Anstand verbinden" (Harder 1819, S. 40). Das war nicht nur Theorie, sondern auch Praxis. So wurde das Verhalten des Gitarristen Carl Töpfer in der Wiener Allgemeinen musikalischen Zeitung vom 17. April 1817 gerügt, weil er bei einem Konzert im k. k. Hoftheater nächst dem Kärntnertor die Beine übereinandergeschlagen hatte: "Noch unterfangen wir uns, zu bemerken, dass es nur dem Landjunker in der Residenz erlaubt seyn dürfte, mit über einander gelegten Beinen sich vor dem resp. Auditorium zu produciren; die Guitarre kann und muss diese Ungezwungenheit, die wider allen Anstand ist, entbehren" (AMZK 1/1817, Sp. 133).
2 Besonders auffällig ist dies in der deutsch-französischen Ausgabe von Carullis Méthode Complette pour Guitarre, die um 1823 bei Nikolaus Simrock in Bonn erschien. Dort wird auf Seite 3 zunächst korrekt aus der zweiten oder dritten Auflage der französischen Originalausgabe zitiert: On doit appuyer l'instrument sur la cuisse gauche, le manche plus élevé que la partie inférieure du corps ("Man sollte das Instrument auf dem linken Oberschenkel abstützen, wobei der Hals höher als der untere Teil des Korpus sein sollte"). Die Übersetzung bezieht sich jedoch ohne entsprechenden Verweis auf den Text der Erstausgabe, und zwar in verkürzter Form: "Der untere Theil der Guitarre wird auf die Schenkel gesetzt und der Hals aufwärtz gehalten". Der im Original folgende Satz ist in der zweisprachigen Ausgabe nicht enthalten: Les dames peuvent placer un tabouret sous le pied gauche ("Die Damen können einen Schemel unter den linken Fuß stellen"). Es stellt sich die Frage, ob die Übersetzungsfehler aus Unachtsamkeit entstanden sind oder ob der Originaltext bewusst den deutschen Gepflogenheiten angepasst werden sollte.
3 Es ist unwahrscheinlich, dass der Franzose Prosper Bigot die neue Haltung vor Carl Blum eingeführt hat. In seinen Principes et Exercices pour la Guitare (1824) heißt es: "Die Gitarre sollte quer auf dem linken Oberschenkel in der Zargeneinbuchtung platziert werden. Ein Schemel unter dem linken Fuß ist notwendig, um das Instrument etwas anzuheben und näher an den Körper zu bringen" (S. 3 übers.). Pascal Valois datiert das Werk in seiner Dissertation Les guitaristes français entre 1770 et 1830 auf die Jahre 1810 bis 1818 (vgl. 2009, S. 326). Mehrere Gründe sprechen jedoch dafür, dass Bigots Schule erst Anfang 1824 erschienen ist: 1. Bigot erwähnt im Vorwort zu seiner Schule Sor und Carcassi als diejenigen, die die Grenzen der Gitarrenkunst gesetzt hätten. Dies schließt ein Erscheinen der Schule vor 1816 aus. 2. Bigots Fantaisie sur l’air soyez sensible des Mystères d’Isis (op. 3) erschien 1822. Das Lied Das klinget so herrlich aus Mozarts Zauberflöte, auf dem das Thema der Fantasie basiert, wird in der Gitarrenschule vorgestellt. 3. Die bibliografische Zeitschrift Bibliographie de la France stellte in ihrer Ausgabe vom 14. Februar 1824 Bigots Principes et Exercices pour la Guitare (op. 6) als Neuerscheinung vor (vgl. S. 102).
Ledhuy, Adolphe/Henri Bertini: Encyclopédie pittoresque de la musique, rédigée par une société d'artistes et d'hommes de lettres, sous la direction de MM. Adolphe Ledhuy et Henri Bertini, et ornée de planches et de figures dessinées par Hippolyte Adam. Tome premier. Paris: H. Delloye, 1835.
Walker, Donald: Exercises for Ladies; Calculated to Preserve and Improve Beauty, and to Prevent and Correct Personal Defects, Inseparable from Constrained or Careless Habits: Founded on Physiological Principles. London: Thomas Hurst, 1836.
Walker, Donald: Exercises for Ladies; Calculated to Preserve and Improve Beauty, and to Prevent and Correct Personal Defects, Inseparable from Constrained or Careless Habits: Founded on Physiological Principles. Second Edition, with Great Additions and Improvements, as well as Original Communications from Madam Dulcken on the Proper Seat at the Pianoforte, from Mr. Bochsa on the Proper Seat at the Harp, from Mr. Schulz on the Proper Seat at the Guitar, &c. &c. &c. London: Thomas Hurst, 1837.
de Avalle, Daniel Gil (2014): Guitare Benito Campo de 1840 et le célèbre Tripodion de Dionisio Aguado.
URL: https://danielgildeavalle.wordpress.com/2014/05/22/benito-campo-et-son-celebre-tripodion/ [23.07.2024]
V: 27.11.2022
LA: 13.10.2024
Autor: Dirk Spönemann