In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der linke Daumen sowohl als Stütz- als auch als Greiffinger verwendet. Die übrigen Finger der Greifhand wurden den ersten vier Bünden des Griffbretts zugeordnet. Diese Zuordnung der Finger zu den Bünden findet sich in allen Gitarrenschulen des frühen 19. Jahrhunderts. Exemplarisch sei hier aus Heinrich Christian Bergmanns Kurze[r] Anweisung zum Guitarrspielen (1802) zitiert: "Zu einer leichten und sichern Spielart gehört ferner, daß man weiß, wie die Finger auf den Plätzen, Zwischenräumen, Stufen sc. ... liegen müssen; darum merke man, daß der zweyte Finger [= Zeigefinger] der linken Hand, auf die erste Stufe, der dritte Finger auf die zweyte, der vierte Finger auf die dritte, und der fünfte oder kleine Finger auf die vierte Stufe zu liegen kommt. In dieser Lage wechseln die Finger auf ihren Stufen, so oft es nöthig ist; aber jedesmal muß der Finger den Ton auf der Mitte der Stufe festhalten, sonst wird derselbe, durch das auf- oder niederrücken, nicht rein und voll genug" (Bergmann 1802, S. 2; vgl. Phillis 1799, S. 1; Doisy 1802, S. 10; Rosquellas 1813, S. 4; Harder 1819, S. 43; Lehmann 1820, S. 7; Marescot 1825 I, S. 10; Carcassi 1836, S. 9; Parrini 1841, S. 5). Die von Bergmann beschriebene Position der Greifhand wurde nach der Nummer des Bundes, auf dem der Zeigefinger lag, als erste Lage bezeichnet.
Um den Fingersatz in den Notentext eintragen zu können, wurden die Finger zunächst vom Daumen beginnend von 1 bis 5 und später vom Zeigefinger beginnend von 1 bis 4 durchnummeriert. Der für den Daumengriff verwendete Daumen erhielt ein eigenes Zeichen (*, p, + oder □).
Im Allgemeinen war man zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestrebt, in der ersten Lage zu spielen und nur bei Bedarf in höhere Lagen zu wechseln. Da die linke Hand die Gitarre auch stützen musste, war ein häufiger Lagenwechsel der Stabilisierung des Instruments abträglich. Daher wurden die meisten Gitarrenstücke dieser Zeit in den einfachen Tonarten C-, G-, A-, D- und F-Dur sowie a-, e- und d-Moll komponiert, um das Spiel in der ersten Lage zu ermöglichen.
Auch die Konstruktionsmerkmale der Gitarre wirkten sich auf das Lagenspiel aus. Die Griffbretter der ersten Gitarrenmodelle lagen auf einer Ebene mit der Decke und hatten nur zehn oder zwölf Bünde. Um 1800 wurde die Anzahl der Bünde auf 17 erhöht. Die höchsten Bünde lagen jedoch auf der Decke und waren schwer zu erreichen. Sie wurden zu dieser Zeit auch kaum benutzt, wie eine Bemerkung in Doisys Gitarrenschule belegt: "Man gehet auf der Guitarre niemals vom Griffblatte ab, wie auf der Violine, und dem Violoncell; denn sobald man über dem zwölften Griff die Saiten berühret, so erhält man nur unvollkommene Töne" (Doisy 1802, S. 48). Die 1820er Jahre brachten tiefgreifende Veränderungen. Das Legnani-Modell, das Stauffer 1821 entwickelte, hatte 22 Bünde. Das Griffbrett befand sich hier oberhalb der Decke. In dieser Zeit begann man auch, den linken Oberschenkel als Auflagefläche für die Gitarre zu benutzen, um die Greifhand von der Stützfunktion zu entlasten. So konnte man die oberen Lagen des Griffbretts besser erreichen.
Wollte man Töne greifen, die auf dem Griffbrett oberhalb der ersten vier Bünde lagen, so musste man die Lage wechseln und die linke Hand z. B. von der ersten in die fünfte Lage bringen. Die "Fingersetzung bey einstimmigen Stellen, daß man die Finger so aufeinander folgen lässt, daß für jede Stufe ein bestimmter Finger genommen wird, und wo auf einer Saite mehrere Töne, welche über drey Stufen hinaus gehen, vorkommen, man nach dem fünften Finger wieder den zweyten [= Zeigefinger] einsetzen muß", wird heute als Lagenspiel bezeichnet (Bergmann 1802, S. 33; vgl. Lehmann 1820, S. 10). Der von Bergmann beschriebene Fingersatz galt allerdings nur für die chromatische Tonleiter (ebd. S. 8). Beim Spiel der diatonischen Tonleiter konnten die Töne auch über mehrere Bünde hinweg gegriffen werden, wie Bergmanns Darstellung der C-Dur-Tonleiter zeigt (ebd. S. 12).
Beim üblichen Lagenspiel deckte eine Lage den Bereich von vier Bünden ab. Einige Gitarristen erweiterten diesen Bereich, indem sie eine Überstreckung der linken Hand zuließen. Auf diese Weise konnten die vier Greiffinger fünf Bünde abdecken, ohne dass die linke Hand ihre Position ändern musste. Doisy nannte die Greiftechnik, bei der die Finger überstreckt werden, "Ausdehnung": "Wenn man einen Finger über den Griff, den er vermöge des Platzes, auf welchem man ist, berühren soll, verrücken muss, so wird das die Ausdehnung genannt. Der kleine Finger wird öfters, als die anderen Finger, dazu gebraucht" (Doisy 1802, S. 50). Nach Staehlin gehörte ein "weites Ausreichen mit der linken Hand" zum "höheren Spiele" (Staehlin 1811, S. 31).
Sor benutzte grundsätzlich nur den Zeige-, Mittel- und kleinen Finger, wenn er einen Finger überdehnen musste: "Ich habe es sehr wichtig gefunden, mich an eine Lage zu gewöhnen, in der ich nöthigenfalls die Entfernung einer grossen Terz auf derselben Saite mit dem ersten und vierten Finger umfassen kann; so dass die zwischenliegende Note mit dem zweiten gespielt wird, welcher durch seine Länge und sein Spiel geeigneter ist, sich von dem ersten zu entfernen, als der dritte vom vierten" (Sor 1831, S. 43f.; vgl. S. 22). Nach Aguado gehörten nicht wie üblich vier, sondern fünf Bünde zur jeweiligen Lage oder Position der Greifhand auf dem Griffbrett. Die vier Greiffinger sollten so weit gespreizt sein, dass der kleine Finger kaum bewegt werden muss, um den fünften Bund zu erreichen (vgl. 1820 I, S. 3).
Carcassi wies darauf hin, dass die Greifhand bei der Überstreckung des Zeigefingers ihre Stellung nicht verändern dürfe: "Zuweilen schreitet der erste Finger in einer Position um einen Bund rückwärts ohne dass darum die Hand ihre Position (Lage) verändert" (Carcassi 1836, S. 50).
Noch in den 1820er und 1830er Jahren war man bestrebt, in der ersten Lage zu spielen, wie Francesco Bathioli bestätigt: "Von allen, den Regeln der Applikatur entsprechenden Lagen wählt man vorzugsweise die möglichst tiefe, in welcher man am längsten verweilen, und die melodischen Figuren am leichtesten und bequemsten, mithin am sichersten ausführen kann" (Bathioli 1825 Theil II/1, S. 4). Dies geschah mit Rücksicht auf die zahlreichen Amateure, die an häufige Lagenwechsel und Barrégriffe nicht gewöhnt waren. Aber auch professionelle Gitarristen bevorzugten die tiefen Lagen, wie Bathioli betont: "Doch ist es auch oft räthlicher, allmählich in die untern Lagen herabzusteigen, weil ... die feinere und weniger verkürzte Saitenlänge angenehmer und anhaltender klingt, als die dickere und mehr verkürzte, welches geschieht, wenn hohe Töne auf den tiefern Saiten genommen werden müssen" (ebd. S. 5).
Auch Fernando Sor spielte die melodischen Passagen so nah wie möglich am Sattel. Für das Melodiespiel bevorzugte er die ersten beiden Diskantsaiten, da diese länger schwingen und die Kantabilität der Melodie besser zur Geltung kommt. Für schnelle Passagen hingegen benutzte er Lagen, die möglichst viele Töne abdeckten, um Lagenwechsel zu vermeiden: "In einer Stelle die schnell ausgeführt werden soll, ist es sehr vortheilhaft eine Lage beizubehalten, um eine so grosse Zahl von darin begriffenen Noten hervorzubringen als möglich, aber in einer singenden Stelle fand ich es besser die Noten da zu suchen, wo die Schwingungen länger anhaltenden. Das G welches die Quinte auf dem dritten Felde hervorbringt, klingt viel länger nach, als wenn es mit der zweiten Saite auf dem achten hervorgebracht worden wäre, oder mit der dritten auf dem zwölften. Diese Verschiedenheit hat zwei Gründe: 1tens. die in Schwingung gesetzten Theile der Saite sind kürzer und 2tens. ihre Dicke nimmt im Verhältniss der Abnahme ihrer Länge zu. Ich ziehe es also vor die Lage öfters zu wechseln, um den Gesang mit der zweiten Saite und der Quinte zu spielen, als mit der dritten und vierten Saite am untern Theile des Halses Noten hervorzubringen, deren Schwingungen nur dann fortgesetzt werden könnten, wenn sie durch den Nachhall der schwerern Saiten wiederholt würden; was nicht bei allen Noten statt haben kann; diejenigen, deren Schwingungen fortwähren, würden die Trockenheit der andern nur noch mehr hervorheben" (Sor 1831, S. 43).
Ein weiterer Grund für das Spielen in der ersten Lage war, dass man hier eine Art Lauteneffekt erzeugen konnte, indem man leere Saiten in das Melodiespiel einbezog. Die leeren Saiten wurden nach dem Anschlag nicht gedämpft, zumindest dann nicht, wenn sie die Melodie nicht negativ beeinflussten. Der Nachklang der leeren Saiten bewirkte eine größere Klangfülle. Für Bathioli war daher "der bequeme Gebrauch der leeren Saiten" ein Grund, in der ersten Lage zu spielen (Bathioli 1825 Theil II/1, S. 4). Aber nicht nur leere, sondern auch gegriffene Saiten wurden verwendet, um eine größere Klangfülle zu erreichen. So stellte Sor dem Übungsstück Opus 44, Nr. 1 die Spielanweisung voran: "Heben Sie den Finger, der eine Saite drückt, erst dann, wenn Sie ihn für die Verwendung an einer anderen Stelle benötigen" (vgl. Doisy 1801, S. 11; J. M. G. y E. 1819, S. 4).
Eine größere Klangfülle konnte auch dadurch erreicht werden, dass eine Note auf zwei Saiten angeschlagen wurde, auf einer leeren und auf einer gegriffenen: "Hat eine Note zwei Striche, einen herauf- den andern herunterwärts, so wird diese einzige Note doppelt angeschlagen, wie Fig. 34, wo das h durch die leere Saite und auch auf dem g auf der fünften Stufe zugleich angeschlagen wird" (N. N. 1802, S.14; vgl. Phillis 1799, S. 13; Doisy 1801, S. 50). "Wenn dieselben Noten theils aufwärts, theils abwärts geschwänzt geschrieben sind, so muss man sie auf zwei verschiedenen Saiten anschlagen, und zwar die abwärts geschwänzten auf der leeren Saite, die ersteren aber auf einer andern Saite. Noten, die mit o bezeichnet sind, werden immer auf einer blossen Saite angeschlagen, in welcher Lage man übrigens sey. Siehe Beysp. No. 1" (Molino 1813, S. 11f.; ders. 1817, S. 20f.; vgl. Bruni 1834, S. 18).
Diese Spielpraxis macht deutlich, dass man in der klassisch-frühromantischen Epoche bestrebt war, beim Gitarrenspiel einen möglichst hohen Grad an Klangresonanz zu erreichen. Dieses Bestreben ist durchaus verständlich. Denn die Gitarren hatten nur einen kleinen Resonanzkörper und konnten keinen voluminösen Klang erzeugen. Die Verwendung von leeren und gegriffenen Saiten als Resonanzsaiten ging jedoch auf Kosten der klanglichen Homogenität. Das Klangbild der Biedermeiergitarre war farbig, hatte aber auch etwas Zufälliges, Willkürliches. Es gab aber auch Gitarristen, die zumindest im Melodiespiel eine möglichst große klangliche Homogenität anstrebten. François Doisy zum Beispiel entschied sich, offene Saiten zu vermeiden und Melodien auf ein und derselben Saite zu spielen. Dies hatte zur Folge, dass er melodische Passagen häufiger als üblich in hoher Lage spielen musste: "Dieser Ton [offener Saiten] ist voller und stärker, als die übrigen Töne. Bei dem Gesange ist diese Ungleichheit sehr merkbar, und man muss oft, um dieselbe zu vermeiden, seine Zuflucht zu den gesuchtesten Plätzen nehmen" (Doisy 1802, S. 56; 1801, S. 50).
Um die schwierigen Lagenwechsel zu erleichtern, wurden oft leere Saiten verwendet, wie Doisy und Carcassi zugeben: "... man bedient sich derselben oft, theils um leichter von einem Platz auf den andern übergehen zu können; theils um eine lebhaftere Wirkung zu erhalten. Jedoch werden sie dann entweder mit einem kleinen (o) über denselben, oder doppelt geschwänzt bezeichnet" (Doisy 1802, S. 56). "Es gibt Fälle wo man sich die leeren Saiten zu Nutze macht um leichter von einer Position in die andere überzugehen, eine solche Note wird mit einem darüber gesetzten o bezeichnet" (Carcassi 1836, S. 50; vgl. Molino 1822, S. 6).
In der Romantik wandelte sich das Klangideal in Richtung Homogenität. Dionisio Aguado strebte beim Gitarrenspiel einen homogenen Gesamtklang an, in dem nuancierte Klangfarben gezielt eingesetzt wurden. Dass er in den Mittelpunkt seiner Gitarrenschule die Frage stellte, "wie man am besten volle, runde, reine und angenehme Töne bildet" (Aguado 1843, Vorwort übers.) zeigt, dass die Klangfarbe für ihn einen deutlich höheren Stellenwert hatte als für andere zeitgenössische Gitarristen. Diesen Luxus, sich ganz auf die Klangfarbe zu konzentrieren, konnte sich Aguado leisten, weil er ein Gitarrenstativ entwickelt hatte, das ein optimales Resonanzverhalten der Gitarre unterstützte.
Aguado empfahl, bei absteigenden Tonleitern leere Saiten zu vermeiden, da sonst durch die Sekundschritte "Dissonanzen" entstünden. Der Ton einer leeren Saite sollte immer auf der nächsttieferen Saite gegriffen und durch Anheben des Greiffingers abgedämpft werden, damit die tiefere Sekunde erklingen konnte (ebd. § 124). Töne, die zur Harmonie gehörten, durften jedoch weiterklingen. Aguado ermutigte auch zur häufigen Verwendung von Lagenwechseln: Zum einen konnten Melodiepassagen klanglich homogener gestaltet werden, wenn sie auf ein und derselben Saite gespielt wurden. Zum anderen konnte man die Klangfarbe einer Passage verändern, indem man sie auf einer tieferen Saite in höherer Lage spielte (ebd. § 7). Zu diesem Zweck ergänzte er den Fingersatz und gab durch Zahlen in Kreisen an, auf welcher Saite eine Note gespielt werden sollte.
Bergmann stellte in seiner Gitarrenschule fest, dass das mehrstimmige Spiel eine flexiblere Anordnung der Finger erfordere als das einstimmige Melodiespiel: "Doch finden hierbey mehrere Ausnahmen statt, und die Finger sind auf ihren Stufen ... vielen Veränderungen unterworfen. (...) Also gilt die oben angeführte allgemeine Regel nur da, wo sie anzuwenden ist. Bey den Ausnahmen hingegen muß man schon aus den Tönen des Akkords selbst sehen können, welche Fingersetzung brauchbar ist" (Bergmann 1802, S. 34f.). Johann Jakob Staehlin beobachtete, dass Akkorde oder Töne nie isoliert für sich stehen, sondern immer in einer Akkordfolge oder Passage. Daraus folgerte er, dass man beim Spielen von Akkorden oder begleiteten Melodien den Fingersatz dem musikalischen Kontext anpassen müsse: "So nothwendig eine richtige Fingersetzung sowohl der linken als der rechten Hand ist, so wenig lassen sich bestimmte Regeln darüber angeben" (Staehlin 1811, S. 8). "Selbst für einen und ebendenselben Accord läßt sich nicht immer eine bestimmte Fingersetzung der linken Hand angeben, denn diese richtet sich theils nach dem vorhergehenden, und theils nach dem darauf folgenden Accord" (ebd.; vgl. N. N. 1806, S. 2; Bathioli 1825 Theil II/1, S. 4; Lehmann 1820, S. 10). Um Anfängern die Suche nach dem richtigen Fingersatz zu erleichtern, versah Staehlin ausgewählte Werke bekannter Gitarristen mit Fingersatzzeichen (ebd. S. 34).
Beim Akkordspiel wurden generell die tiefen Lagen bevorzugt. So heißt es in Bathiolis "Gemeinnützige[r] Guitareschule" (1825): "Accorde, welche in zweierlei verschiedenen Lagen, nämlich in einer tiefern auf den höhern Saiten, und umgekehrt in einer höhern auf den tiefern Saiten ausführbar sind, werden in jener Lage genommen, welche durch den Vergleich des Vorausgehenden mit dem Nachfolgenden als die zweckmäßigere oder geschicktere erachtet wird. (...) Wenn jedoch in solchen Fällen der Sprung zu einer, oder zur andern Lage gleich weit entfernt wäre, so zieht man die bequemere, welche meistens die tiefere ist, der minder bequemen (gewöhnlich der höhern) vor" (Bathioli 1825 Theil I/1, S. 32). Beim Greifen der Akkorde wurden alle Finger gleichzeitig auf das Griffbrett gesetzt: "Nicht nur die Töne der vollen, sondern auch die der gebrochenen oder im Arpeggio erscheinenden Accorde, müssen mit den Fingern der linken Hand immer zusammen vereint gegriffen werden" (ebd. S. 31). Auch Töne eines Akkordes, die nicht mit der rechten Hand angeschlagen wurden, aber im Gesamtklang mitschwingen sollten, wurden gegriffen: "Übrigens greife man auseinandergesetzte Accorde, wo möglich, immer voll, wenn auch einige in dem Accord herrschenden Töne weder da stehen noch gehört werden" (N. N. 1802, S. 13).
Beim Arpeggieren wurden nach Möglichkeit offene Saiten verwendet. Der Nachklang offener Saiten bewirkte eine größere Klangfülle: "Im Arpeggiren hingegen werden sie [= offene Saiten] überall gebraucht" (Doisy 1802, S. 56). Auch ließ man die Basstöne gebrochener Akkorde möglichst lange nachklingen, um der Gitarre einen volleren Klang zu verleihen: "Um ein Musikstück auf der Gitarre gut wiederzugeben, muss man bei Bassnoten, die nicht offen sind, den Finger so lange auf der Saite lassen, bis eine andere Note das Anheben des Fingers erzwingt: Diese Aufmerksamkeit ist notwendig, um den Ton dieser Note aufrechtzuerhalten und denjenigen zu vermeiden, den die Vibration der leeren Saite in dem Moment auslösen würde, in dem der Finger aufhört, sie niederzudrücken" (Carulli 1819, S. 10 übers.).
Akkordwechsel wurden grundsätzlich so schnell wie möglich ausgeführt. In der Klassik war ein schneller Akkordwechsel vor allem notwendig, um die Gitarre stabil halten zu können. Denn auch die Greifhand musste die Gitarre stützen, was am einfachsten ging, wenn man die Greiffinger nur kurz vom Griffbrett abhob. Bei Doisy heißt es: "Die Finger der linken Hand greifen mit einander alle Noten, woraus der Accord, den man arpeggiren will, bestehet. Man muss sie nicht eher aufheben, als um sie sehr geschwind wieder auf den folgenden Accord zu setzen" (Doisy 1802, S. 4f.). Bei Akkordwechseln wurden oft nicht alle Finger vom Griffbrett genommen, sondern ein Ankerfinger auf dem Griffbrett belassen.
Auch in der Romantik wurden Akkorde möglichst schnell gewechselt, wenn auch aus anderen Gründen. Der schnelle Akkordwechsel diente dem Legatospiel, wie Aguado ausführte: "Diese sollten gleichzeitig aufgesetzt werden und beim Wechsel von einer Lage zur anderen ein wenig von den Saiten entfernt sein, und dieser Wechsel sollte schnell erfolgen. Der Ton auf den gegriffenen Saiten verstummt, sobald der Finger, der ihn greifend bildet, angehoben wird, und je länger es dauert, bis die von einem Akkord angehobenen Finger auf einen anderen gesetzt werden, desto mehr Klangzeit geht vom ersten Akkord verloren" (Aguado 1843, § 87 übers.). Romantische Gitarristen achteten darauf, dass beim Akkordspiel "eine fließende Schwingung erzeugt" wurde (Kirkman 1842, S. 5 übers.).
Bei der Wahl des Fingersatzes wurde im Allgemeinen auf die Ökonomie der Bewegungen geachtet. Die Bewegungen sollten so schnell und effizient wie möglich ausgeführt werden. Konkret bedeutete dies, dass unnötige Bewegungen beim Greifen vermieden werden mussten, wie Staehlin betonte: "Die Finger der linken Hand, welche die Töne auf dem Griffblatt zu greiffen haben, müßen gekrümmt, doch ohne Steifheit über den Saiten und zwar in einer solchen Stellung gehalten werden, dass das erste Glied derselben senkrecht auf die Saiten niederfallen könne. Wenn sie die Saiten verlaßen, dürfen sie nur so viel erhoben werden, als es die ungehinderte Erzitterung der Saiten erfordert. Sehr fehlerhaft ist es wenn man die Finger, welche augenblicklich nicht mitzuwirken haben, an die Hand zurückzieht, welches am häufigsten mit dem Goldfinger und dem kleinen Finger geschieht. Jeder Finger muss immer in völliger Bereitschaft stehen auf die ihm angewiesene Saite niederzufallen, sonst läßt sich nie einige Fertigkeit im Spielen erlangen" (Staehlin 1811, S. 5). Das bedeutete auch, die Bewegungsabläufe zu optimieren und den Kraftaufwand so gering wie möglich zu halten. Johann Ernst Häuser schrieb dazu: "Die beste Fingersetzung ist die, welche die wenigste Bewegung der Hände verursacht und folglich am bequemsten ist. Jede Regel, die nicht Bequemlichkeit zur Absicht hat, ist schlecht. Die Applicatur eines jeden einzelnen Falles bestimmen zu wollen, ist nicht möglich, weil es Stellen gibt, die mehre Arten guter Fingersetzung zulassen, selbige aber auch grösstentheils durch das unmittelbar Vorhergegangene und Folgende bestimmt wird, und dabei Rücksicht auf die längern und kürzern Finger des Spielenden genommen werden muss" (Häuser 1833, S. 6).
Fernando Sor fasste den Inhalt seiner "Guitarre-Schule" (1831) in zwölf Regeln zusammen, von denen viele die Bewegungen der Greifhand betrafen:
"1tens Mehr die gute Wirkung der Musik zu bezwecken, als die Lobeserhebungen über ein fertiges Spiel.
2tens Mehr von der Geschicklichkeit zu fordern, als von der Stärke.
3tens Mit dem Sperren und den Handverrückungen sparsam zu seyn.
4tens. Den Fingersatz als diejenige Kunst zu betrachten, deren Zweck es ist, mich die Noten, welche ich spielen soll, in dem Bereich derjenigen Finger finden zu lehren, welche sie greifen können, ohne um sie zu suchen, zu unaufhörlichen Hand-Verrückungen gezwungen zu seyn.
5tens Niemals die Schwierigkeiten des Spiels prahlend zur Schau zu stellen, denn hierdurch würde man schwierig machen, was es am wenigsten ist.
6tens. Nie die schwächsten Finger zu beschäftigen, während die stärksten unbeschäftigt bleiben.
7tens. Niemals in einen nur zu gewöhnlichen Fehler zu verfallen, welcher zwar aus einem in Bezug auf das Pianoforte sehr richtigen Vernunftschluss entspringt, auf der Guitarre aber sehr übel angewendet ist; nemlich einen Finger nicht länger auf einer Taste liegen zu lassen, als während der Dauer der Note. So lange auf dem Pianoforte der Finger die Taste niederdrückt, setzt die Saite ihre Schwingung fort, und wenn nun dieser Ton sich mit dem einer andern Saite vermischt, so würde dies die Reinheit des Spiels beeinträchtigen; macht man aber auf der Guitarre zwei oder drei nacheinanderfolgende Noten auf derselben Saite aufwärts, so dämpft und zerstört der zweite den ersten, und der dritte den zweiten Ton. Hebe ich zu gleicher Zeit den Finger auf, der die erste Note drückt, indem ich den Finger für die zweite aufsetze, so verrichte ich zwei Handlungen statt einer, und bin in Gefahr, den Finger etwas zu früh aufzuheben und so die leere Saite hören zu lassen, welches statt ein reineres Spiel hervorzubringen, gerade das Gegentheil bewirken würde. Abwärts aber halte ich den Finger vorher schon auf der Saite, anstatt den Augenblick abzuwarten, wo sie gegriffen werden soll, und habe nur denjenigen aufzuheben, welcher die höhere hält, was mir wieder eine Bewegung, und auch besonders einen Prunk erspart, den ich nie geliebt habe.
8tens. Seitenbewegungen zu vermeiden, die manche Guitarristen anmuthig finden, nemlich die parallele Linie zu verlassen, welche die Fingerspitzen mit den Saiten bilden sollen. (...)
9tens Ist von einer grossen Entfernung in der Breite des Griffbrets die Rede, und der kleine Finger hält den einen äussersten Punkt, so wähle man für den andern den längsten Finger.
10tens Handelt es sich um einen schwierigen Griff, so suche man für den schwächsten Finger die bequemste Lage, und überlasse dem stärksten die Aufgabe.
11tens. Ist man genöthigt, der Linie der Fingerspitzen eine parallele Richtung mit den Griffen, statt mit den Saiten zu geben so lasse man diese Verrückung lieber von der Stellung des Ellbogens abhangen, als vom Spiel des Handgelenkes.
12tens und letztens lege man auf Vernunftgründe grossen Werth, den Schlendrian aber achte man für nichts" (Sor 1831, S. 76-78).
Sor stellte für die Greifhand die Regel des stärksten Fingers auf: "Nie die schwächsten Finger zu beschäftigen, während die stärksten unbeschäftigt bleiben" (ebd. S. 76). Was das konkret bedeutet, erklärt Aguado in seiner Nuevo Método para Guitarra (1843): "Der Zeigefinger greift die Saiten, indem er seine Kuppe mit seinem äußeren Teil auf sie legt (Abb. 1, Fig. 4), in der gleichen Richtung, die für den Daumen im vorherigen Paragrafen angegeben wurde, und zwischen ihnen beiden drücken sie den Hals so, dass die Kraft, die sie ausüben, als Stütze für diejenige dient, die von den anderen [Fingern] ausgeübt wird, wenn sie [die Saiten] greifen, in diesem Fall sind letztere gezwungen, schräge Linien zu den Bünden zu bilden, anstatt fast senkrechte, wie ich es in den Paragrafen 68 und 69 der neuen Método gesagt habe" (Aguado 1849, S. 11 übers.). Mit anderen Worten: Daumen und Zeigefinger sollten die Basis für die Bewegungen der anderen Greiffinger bilden.
"Wenn der linke Daumen die nötige Kraft erlangt hat, um der [Kraft] der greifenden [Finger] zu widerstehen, stellt man sich vor, dass sich zwischen diesem und den Fingern vor ihm eine Art Zange bildet, deren Drehpunkt das Handgelenk ist. In diesem Fall muss die Anstrengung in den [Fingern] vor ihm liegen, die die Kraft ausüben, und der Daumen tut nichts weiter, als sie zu unterstützen" (ebd. S. 12 übers.).