Der Mordent oder "Beißer" war das Gegenstück zum Pralltriller. Er bestand aus dem ein- oder mehrmaligen Wechsel der Hauptnote mit der unteren Nebennote. C. P. E. Bach erläuterte dazu: "Bey dieser Gelegenheit kann man anmercken, daß der Mordent und der Prall-Triller zwey entgegengesetzte Manieren sind. Der letzte kan nur auf eine Art, nehmlich bey einer fallenden Secunde angebracht werden, wo gar niemahls ein Mordent statt hat. Das eintzige haben sie mit einander gemein, daß sie beyderseits in die Secunde hineinschleiffen, der Mordent im hinaufsteigen, und der Prall-Triller im heruntergehen" (Bach 1753, S. 102).
Bach unterschied zwischen einem langen und einem kurzen Mordent: "Er ist bald lang, bald kurtz. Sein Zeichen im erstern Falle ist Tab. V. bey Fig. LXXII. nebst der Ausführung abgebildet; jenes wird niemahls verlängert, diese aber wohl, wenn es nöthig ist (a). Der kurtze Mordent nebst seiner Würckung ist bey (b) zu sehen" (ebd. S. 98; vgl. Türk 1789, S. 275).
Der lange Mordent wurde von Bach vor allem "zur Ausfüllung" langer Noten verwendet (ebd. S. 99). In seiner Ausführung ähnelte er einem umgekehrten Triller. Allerdings nahm er nicht wie der Triller die ganze Dauer der Hauptnote ein: "Man muß also bey Gelegenheit des langen Mordenten weder die Schönheit des Nachklangs verhindern, und denselben, so wie die übrigen, weder über jeder etwas langen Note anbringen, noch zu lange aushalten. Bey allen Ausfüllungen durch Mordenten muß allezeit noch ein kleiner Zeit-Raum übrig bleiben und der am besten angebrachte Mordent wird eckelhafft, wenn er sich wie der Triller, in einer geschwinden Verbindung an die folgende Note anschließt" (ebd. S. 100; vgl. Türk 1789, S. 277; Müller 1815, S. 283). Nach Daniel Gottlob Türk unterscheidet sich der lange Mordent vom Triller auch dadurch, dass er "seinen Anfang mit der Hauptnote selbst, und nicht mit dem Hülfstone" nimmt und "nie mit einem Nachschlage" endet (Türk 1789, S. 278).
Bach setzte den kurzen Mordent auf kurze Noten, vorzugsweise auf aufsteigende Sekunden, aufsteigende und springende Noten oder am Anfang oder Ende eines Stückes: "Diese Manier liebt hinaufgehende oder springende Noten vorzüglich; bey herunter springenden kommt sie nicht so offt, bey fallenden Secunden gar nicht vor. Sie läßt sich am Anfange, in der Mitte, und am Ende eines Stückes finden. Sie hängt die geschleiften Noten, sie mögen gehen oder springen, ohne oder mit einem Vorschlage zusammen Fig. LXXIII. Dieses Verbinden geschiehet am öfftersten bey einer steigenden Secunde." Stand vor dem Mordent ein Vorschlag, so führte Bach diesen leiser als üblich aus: "Der Mordent nach einem Vorschlage wird nach der Regel des Vortrags der Vorschläge leise gemacht" (ebd. S. 99; vgl. Türk 1789, S. 276f.). Der kurze Mordent wurde, unabhängig vom Tempo eines Stückes, immer schnell ausgeführt (Türk 1789, S. 275; Müller 1815, S. 283).
Unter den Verzierungen nahm der Mordent eine Sonderstellung ein, da er nicht nur zur Ausschmückung der Melodie, sondern auch des Basses verwendet werden konnte: "Unter allen Manieren, kommt der Mordent im Basse, ohne daß man ihn andeutet, am öfftersten vor, und zwar über Noten, welche in die Höhe gehen (h), oder springen (i), bey und ausser Cadenzen, besonders wenn der Baß nachhero eine Octave herunter springt (k)" (Bach 1753, S. 101; vgl. Türk 1789, S. 276).
In der Romantik verschwand der Mordent als Verzierung, obwohl der Begriff "Mordent" weiterhin verwendet wurde. In Hummels Klavierschule wird er nicht mehr als Verzierung erwähnt. In Spohrs Violinschule dient "Mordent" als Bezeichnung für den den Doppelschlag (Spohr 1832, S. 168). Anton Bernhard Fürstenau hatte eine Erklärung für diese ungewöhnliche Entwicklung: "Der jetzige Doppelschlag wird häufig auch Mordent genannt, unter welchen Namen, seiner älteren ursprünglichen Bedeutung nach, eigentlich freilich diejenige Verzierung zu verstehen ist, wo man den Haupt- und dessen unteren oder oberen Ton, je nach auf- oder absteigenden Stellen des Musikstücks, einmal schnell nach einander ausführt, und dann ersteren (den Hauptton) als Schlussnote der Bewegung wieder anhängt. In das Gebiet dieses früheren Mordents gehört daher recht eigentlich der Pralltriller". Der Mordent habe aber "in neuerer Zeit ganz aufgehört, als eine besondere Gattung unter den Verzierungen zu bestehen, wogegen sein Name auf den jetzigen Doppelschlag oder Variirtriller übertragen worden ist, in welchem er sich gewissermassen auch wiederfindet, indem er eigentlich nur eine Abkürzung desselben, oder umgekehrt dieser (jetzige Doppelschlag) ein nur noch mehr ausgeschmückter Mordent ... ist" (Fürstenau 1844, S. 65).
In den Gitarrenschulen des frühen 19. Jahrhunderts spielte der Mordent als Verzierung eine sehr geringe Rolle. Nicht selten wurde der Begriff "Mordent" als Bezeichnung für Pralltriller und Doppelschlag verwendet.
Anton Gräffer stellte den Mordent in seiner Gitarrenschule unter dem Titel "Pralltriller" vor. Er verwendete das Mordentzeichen sowohl für den Mordent als auch für den Pralltriller. Offensichtlich überließ er es dem Spieler, wie er die Verzierung ausführen wollte: "Mordent, wird gespielt mit den Fingern der linken Hand, wovon der erste auf F fest aufgedrückt wird" (Gräffer 1811, S. 30).
August Harder und Franz Gregor Seegner stellten den Mordent ganz klassisch als Gegenstück zum Pralltriller dar (Seegner 1828, S. 4). Harder kannte aber noch einen langen Mordent, der für Noten von längerer Dauer verwendet werden konnte (vgl. Harder 1819, S. 29).
Francesco Bathioli unterschied ähnlich wie Harder zwischen einem langen und einem kurzen Mordent: "Unter Mordent oder Beißer im weitern Sinne versteht man jene Manier, wo der wesentliche Ton mit der nächstfolgenden höhern oder tiefern Stufe ein- oder einpaarmal, je nachdem es entweder die Dauer der Note oder das Tempo zuläßt, schnell umwechselt. In einem engern Sinne hingegen begreift man bloß die Manier, wo der wesentliche Ton mit seiner nächst tiefern Stufe schnell umwechselt" (Bathioli 1825 Theil II/1, S. 27).