Der Pralltriller war das Gegenstück zum Mordent. Er bestand aus einem einmaligen, kurzen Wechsel der Hauptnote mit der oberen Nebennote. C. P. E. Bach charakterisierte ihn folgendermaßen: "Der halbe oder Prall-Triller, welcher durch seine Schärffe oder Kürtze sich von den übrigen Trillern unterscheidet, wird von den Clavier-Spielern der bey Fig. XLV. befindlichen Abbildung gemäß bezeichnet" (Bach 1753, S. 81).
In der Zeit vor 1800 wurde der Pralltriller mit einem Vorschlag von oben eingeleitet: "Durch diesen Triller wird die vorhergehende Note an die folgende gezogen, also kömmt er niemahls bey gestossenen Noten vor. Er stellt in der Kürtze einen durch einen Vorschlag oder durch eine Haupt-Note an die folgende angeschlossenen Triller ohne Nachschlag vor" (ebd. S. 82; vgl. Hiller 1780, S. 69). Seinen charakteristischen Klang erhielt er dadurch, dass er mit größerer Schärfe und Geschwindigkeit als der gewöhnliche Triller ausgeführt wurde: "Dieser Triller (...) muß recht prallen; der zuletzt angeschlagene oberste Ton von diesem Triller wird geschnellt; dieses Schnellen allein macht ihn würcklich und geschiehet mit ... einer ausserordentlichen Geschwindigkeit, so, daß man Mühe hat, alle Noten in diesem Triller zu hören. Hieraus entsteht eine gar besondere Schärffe, gegen welche auch der schärffste Triller von anderer Art in keinen Vergleich kommt. Dieser Triller kan dahero eben so wohl, wie die kurtzen Vorschläge über einer geschwinden Note vorkommen, (...). Er macht den Vortrag besonders lebhaft und gläntzend" (ebd.; vgl. Hiller 1780, S. 70; Türk 1789, S. 271).
Im Gegensatz zum gewöhnlichen Triller konnte der Pralltriller auch über kurzen Noten stehen. Bach gibt in seiner Klavierschule einige Notenbeispiele für den Pralltriller: "Dieser Prall-Triller kan nicht anders als vor einer fallenden Secunde vorkommen, sie mag nun durch einen Vorschlag oder eine grosse Note entstehen Fig. XLVII. Man findet ihn über kurtzen Noten (a), oder solchen welche durch einen Vorschlag kurtz werden (b). Deswegen wenn er auch über fermirenden Noten vorzukommen pflegt, so hält man den Vorschlag gantz lang, und schnappt hernach gantz kurtz mit diesem Triller ab, indem man den Finger von der Taste entfernt (c)" (ebd. S. 83).
"Man findet ihn oft ausser den Cadentzen und Fermaten, bey Passagien, wo drey oder auch mehrere Noten herunter steigen Fig. XLVIII, und, weil er die Natur eines Trillers ohne Nachschlag hat, welcher sich herunter neiget, so ist er, wie dieser, in Fällen anzutreffen, wo auf lange Noten kurtze hinter her folgen" (ebd. S. 83f.).
Auch Daniel Gottlob Türk nennt in seiner Klavierschule eine Reihe von Stellen, an denen ein Pralltriller eingesetzt werden kann: "Obgleich der Pralltriller, (wie Agricola und Bach lehren,) nie anders vorkommen sollte, als nach einer vorhergegangenen höhern Sekunde, sie mag nun durch eine gewöhnliche a) oder kleine Note b) angedeutet seyn: ... "
"... so erlauben sich doch auch die besten Komponisten hierin zuweilen eine oder die andere Ausnahme, wie in den Beyspielen c) d) und e). Ins besondere findet der Pralltriller bey viergliedrigen Figuren, nach einem Sprunge, über der mittlern stufenweise absteigenden Note f) und bey Einschnitten g) statt" (Türk 1789, S. 273).
Nach 1800 wurde der Pralltriller ohne Vorschlag gespielt. Die Jahrhundertwende markiert eine Übergangszeit, in der der Pralltriller sowohl mit als auch ohne Vorschlag gespielt werden konnte. In Kochs "Musikalischem Lexikon" (1802) heißt es dazu: "Ueber diese Spielmanier, die mit ~ bezeichnet wird, sind die Tonlehrer der praktischen Musik nicht einerley Meinung. Einige verstehen darunter die vier ersten Noten des gewöhnlichen Trillers, der mit dem Hülfstone angefangen wird; z. E." (Koch 1802, Sp. 1168).
"... andere erklären ihn für eine Manier, die mit der Hauptnote anfängt, die darüber liegende Stufe durchgehend berühret, und wieder in den Hauptton zurück gehet, z. E.
Die Ursache dieses Unterschiedes liegt darinne, daß jene den gewöhnlichen Triller mit dem Hülfstone, oder mit dem über der Hauptnote liegenden Tone, diese aber denselben mit dem Haupttone selbst, anfangen. Man mag sich bedienen welcher von den beyden angezeygten Arten des Pralltrillers man wolle, so müssen die beyden abwechselnden Töne desselben mit mehr Schärfe und Geschwindigkeit ausgeübt werden, als bey dem gewöhnlichen Triller" (Koch 1802, Sp. 1168f.; vgl. Müller 1815, S. 282f.).
In der Romantik verschwand der Mordent als Verzierung. Dagegen konnte sich der Pralltriller in Form des Schnellers behaupten: "Das Zeichen des Schnellers ist: (~) Er erscheint a) auf längern, wie b) auf kürzern Noten, ist bei letztern von besonders guter Wirkung; fängt ebenfalls mit der Hauptnote, über der er steht, an, und wird nebst seiner obern Hülfsnote mit den Fingern gleichsam herausgeschnellt; z. B." (Hummel 1828, S. 390; vgl. Spohr 1832, S. 160f.). Der Schneller wurde etwas anders ausgeführt als der Pralltriller, obwohl die Noten gleich waren (vgl. Türk 1789, S. 251f.272; Müller 1815, S. 279).
In der Romantik galt der Pralltriller nicht mehr als Gegenstück zum Mordent, sondern als die kürzeste Form des Trillers. Anton Bernhard Fürstenau führte dazu aus: "Wo gar nur eine einzige Bewegung zulässig, also schon kein eigentlicher Triller mehr möglich, tritt der s. g. Pralltriller oder Schneller ein, welcher seinem Wesen und Ursprunge nach, streng genommen, wohl zu einer anderen, früher sehr gebräuchlichen, jetzt aber im Ganzen veralteten Gattung von Verzierungen, nämlich zu der des Mordents ..., von dem er sich noch als Überbleibsel erhalten hat (...); während er indessen seiner ganzen Ausführung, sowohl der Applicatur, wie dem Vortrage und Klange nach, als eine Trillerspecies erscheint, und jetzt auch allgemein zum Triller gerechnet wird" (Fürstenau 1844, S. 48). "Er dient dazu, gewissen Stellen einen besonders energischen, lebendigen und pikanten Ausdruck zu geben, und die Bewegung, worin er besteht, muss daher feurig, mit vorzüglicher Schnellkraft und Schärfe, und zu dem Ende mit etwas hoch herabfallendem Finger ausgeführt werden" (ebd. S. 51).
In den Gitarrenschulen des frühen 19. Jahrhunderts wurde der Pralltriller nur selten behandelt, und wenn, dann nur in umfangreicheren und anspruchsvolleren Lehrbüchern. Hinsichtlich der Ausführung des Pralltrillers lassen sich zwei Musiktraditionen unterscheiden, eine deutsch-österreichische und eine italienische. Beide Traditionen werden im Folgenden getrennt dargestellt.
Der Begriff "Pralltriller" stammt aus dem deutschen Sprachraum. In seiner klassischen Form war der Pralltriller vor allem in deutschsprachigen Gitarrenschulen zu finden.
Johann Traugott Lehmann stellte in seiner "Neue[n] Guitarre-Schule" (1. Aufl. 1806) eine ganze Reihe von Pralltrillern vor, die sowohl auf einer als auch auf zwei Saiten ausgeführt werden konnten: "g) h) i) k) enthalten Pralltriller, die ebenfalls, wie vorgeschrieben, gespielt werden" (Lehmann 1820, S. 12).
Anton Gräffer präsentierte eine sehr spezielle Lösung für den Fall, dass der Hauptton auf eine leere Saite fiel. Er spielte den Pralltriller nicht auf, sondern über dem Hauptton: "Der erste Finger muß besonders fest und rein aufgedrückt werden, wodurch er im Stande ist, die Saite nach dem Vorschlag gleichsam mitzunehmen" (Gräffer 1811, S. 30).
August Harder, Franz Gregor Seegner und Johann Kaspar Mertz stellten den Pralltriller ganz klassisch, ohne spieltechnische Besonderheiten vor (Harder 1819, S. 29; Seegner 1828, S. 4; Mertz 1848, S. 22). Harder und Seegner unterscheiden sogar zwischen Pralltriller und Schneller - eine feine Unterscheidung, auf die in den Gitarrenschulen meist nicht geachtet wurde. Der Pralltriller wurde etwas kürzer und schärfer gespielt als der Schneller.
In der italienischen Musiktradition wurde der Pralltriller, wie der Mordent, als mordente bezeichnet. Im Unterschied zum Pralltriller in seiner klassischen Form bestand er aus einem mehrfachen Wechsel von Hauptnote und oberer Nebennote. Der für den Pralltriller charakteristische Aspekt des Prallens fehlte hier. Er war gewissermaßen das Gegenstück zum langen Mordent, ein langer Pralltriller sozusagen, der nicht 'prallte'.
Mauro Giuliani definierte den "Mordant" (Mordente) als "kurzen Triller", der aus einem mehrmaligen Wechsel mit der oberen Nebennote besteht: "Der Mordant ist nichts anders als ein kurzer Triller, und wird auf dieselbe Art behandelt" (Giuliani 1812, S. 40). Ferdinando Carulli hingegen bezeichnete den kurzen Triller als "Trille", während er für den eigentlichen Triller den veralteten Begriff "Cadence" verwendete. Im Gegensatz zum Kadenztriller leitete er den kurzen Triller mit der oberen Nebennote ein: "Der Triller dient als Verzierung und wird ausgeführt, indem man die Note, auf die er gesetzt wird, und die darüber liegende Note so oft mit Schnelligkeit schleift, wie es nötig ist, um den Wert der genannten Note auszufüllen, aber man beginnt immer mit der darüber liegenden Note" (Carulli 1819, S. 36f. übers.).
Matteo Carcassi bezeichnete den kurzen Triller als "getrillerte Note" (note trillée) und den eigentlichen Triller als "Triller" (trille). Wahrscheinlich bezog er sich dabei auf Hummels Ausführungen über den "uneigentlichen Triller" bzw. die "getrillerten Noten" und den "eigentlichen Triller" (Hummel 1828, S. 389). Wie Hummel weist auch Carcassi darauf hin, dass die "getrillerte Note" im Gegensatz zum Triller keinen Nachschlag hat: "Steht der Triller über einer Note von kurzer Dauer oder darauf folgende lässt keinen Schluss desselben zu, so nennt man dieses nicht Triller sondern Praller (Pralltriller)“ (Carcassi 1836, S.44). Die Tatsache, dass in der deutschen Ausgabe von Carcassis Gitarrenschule der Begriff "Pralltriller" für die Note trillée verwendet werden konnte, zeigt, wie unscharf der Begriff inzwischen geworden war.
Nach dem Triller stellt Carcassi den "Mordent" (Mordente) vor: „Der Mordent ist ein abgebrochener Triller [un fragment du trille]. Man wendet ihn bei Noten von längerer oder kürzerer Dauer an, bei den letzteren besonders macht er eine gute Wirkung“ (ebd. S.45). Wie das Notenbeispiel zeigt, handelte es sich bei dem Mordente um einen Pralltriller. Der Begriff "Pralltriller" war in der deutschen Übersetzung bereits vergeben. So blieb nur die wörtliche Übersetzung mit "Mordent" übrig.
Francesco Bathioli war sich der uneinheitlichen Verwendung der Begriffe "Mordent" und "Pralltriller" bewusst. Er versuchte daher, eine einheitliche Terminologie zu entwickeln, die sowohl der italienischen als auch der deutsch-österreichischen Musiktradition gerecht wird. Bathioli fasste die Verzierungen Pralltriller und Mordent unter dem Oberbegriff "Mordent" zusammen. Unter "Mordent" im weiteren Sinne verstand er einen kurzen Triller, der aus einem ein- oder mehrmaligen Wechsel mit der nächsthöheren Nebennote bestand: "Unter Mordent oder Beißer im weitern Sinne versteht man jene Manier, wo der wesentliche Ton mit der nächstfolgenden höhern oder tiefern Stufe ein- oder einpaarmal, je nachdem es entweder die Dauer der Note oder das Tempo zuläßt, schnell umwechselt" (Bathioli 1825 Theil II/1, S. 27). Diese Definition traf z. B. auf Giulianis Begriff von "Mordent" zu.
Unter "Mordent" und "Pralltriller" im engeren Sinne verstand Bathioli den einmaligen Wechsel der Hauptnote mit der tieferen oder höheren Nebennote: "In einem engern Sinne hingegen begreift man bloß die Manier, wo der wesentliche Ton mit seiner nächst tiefern Stufe schnell umwechselt. Die andere Manier, wo man den wesentlichen Ton mit der nächstfolgenden höhern Stufe schnell umwechselt, nennt man dann insbesondere: den Pralltriller oder Schneller. (...) Beide führt man auf der Guitare stets nur auf einer Saite durch das wechselweise Legato des Auffallens und Abziehens aus, und meistens ... bloß mit einer Umwechslung" (ebd.). Diese Definition entsprach weitgehend den klassischen Begriffen von Mordent und Pralltriller.
Da der Pralltriller im Notentext auch mit der Abkürzung tr. bezeichnet werden konnte, bestand die Gefahr der Verwechslung mit dem eigentlichen Triller. Bathioli gab daher einen Hinweis, in welchen Fällen ein Pralltriller zu spielen sei: "Wenn daher bei auf- oder absteigenden Noten über mehrere ein Triller angezeigt ist, so bedeutet dieß ganz eigentlich einen bloßen Pralltriller oder Schneller" (ebd.).
In den französischen und spanischen Gitarrenschulen spielte der Pralltriller kaum eine Rolle. Dennoch ist davon auszugehen, dass auch in Frankreich und Spanien der Triller flexibel an die Tondauer angepasst wurde. Hinweise auf diese Praxis finden sich in einigen Lehrwerken.
François Doisy zum Beispiel stellt in seiner Gitarrenschule das "Martellement" (dt. Hämmern) vor, eine Verzierung, die noch aus der Barockzeit stammt: "Das Martellement besteht aus einem Vorschlag von unten [Son-porté] und einem Vorschlag von oben [Chute]. Man kann es auf verschiedene Weise ausführen. Es wird durch einen zitternden Strich (~) oder durch kleine Noten ohne Wert angezeigt" (Doisy 1801, S. 62 übers.). Die deutsche Ausgabe übersetzte martellement mit "Pralltriller" (ders. 1802, S. 67).
Antoine Lemoine stellte in seiner Schule neben dem langen Kadenztriller auch einen kurzen "Triller" (Tril) bzw. eine "kleine Kadenz" (petit cadence) vor (Lemoine 1799, S. 18). Der kurze Triller wurde als Pralltriller ausgeführt: "Der Triller: besteht aus der Verbindung von drei Tönen, von denen die ersten beiden kurz und der dritte lang sind; er wird so gekennzeichnet (tr)" (ders. 1807a, S. 13 übers.). Auch Antoine Meissonnier stellte einen "kurzen Triller" (Trille bref) als Alternative zum eigentlichen Triller vor. Dieser bestand jedoch aus einem mehrfachen Wechsel mit der oberen Nebennote. Meissonnier benutzte dafür den Begriff "Mordant" (Meissonnier 1839, S. 14).
Der Spanier Antonio Martinez schließlich verwendete den Begriff "Trino" sowohl für den eigentlichen Triller als auch für den Pralltriller. Letzteren verwendete er für kurze Töne und in absteigenden Tonleitern (Martinez 1831, S. 7).