Vorschläge gehörten im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert zu den am häufigsten verwendeten Verzierungen. C. P. E. Bach hob ihre Bedeutung hervor: "Die Vorschläge sind eine der nöthigsten Manieren. Sie verbessern so wohl die Melodie als auch die Harmonie. Im erstern Falle erregen sie eine Gefälligkeit, indem sie die Noten gut zusammen hängen; indem sie die Noten, welche wegen ihrer Länge oft verdrießlich fallen könnten, verkürtzen, und zugleich auch das Gehör füllen, und indem sie zuweilen den vorhergehenden Ton wiederholen (...). Im andern Falle verändern sie die Harmonie, welche ohne diese Vorschläge zu simple würde gewesen seyn" (Bach 1753, S. 62f.; vgl. Türk 1789, S. 201).
In der Regel wurden die Vorschläge als kleine Noten vor die Hauptnoten geschrieben, entweder eine halbe oder eine ganze Stufe darüber oder darunter. Sie konnten aber auch ausgeschrieben und im Takt verteilt sein. Bei Bach heißt es: "Die Vorschläge werden theils andern Noten gleich geschrieben und in den Tackt mit eingetheilt, theils werden sie durch kleine Nötgen besonders angedeutet, indem die grössern ihre Geltung den Augen nach behalten, ob sie schon bey der Ausübung von derselben allezeit etwas verlieren" (Bach 1753, S. 63; vgl. Türk 1789, S. 207; Koch 1802, Sp. 1720f.).
Die Länge eines Vorschlags konnte variieren. Es gab veränderlich lange und unveränderlich kurze Vorschläge. Lange Vorschläge waren veränderlich, weil ihre Dauer von der Länge der Hauptnote abhing. Kurze Vorschläge waren dagegen unveränderlich, weil sie immer die gleiche, nämlich die kürzest mögliche Dauer hatten: "Diese kleinen Nötgen sind entweder in ihrer Geltung verschieden, oder sie werden allezeit kurtz abgefertiget" (ebd. S. 63; vgl. Türk 1789, S. 207f.; Müller 1815, S. 272; Hummel 1828, S. 391). Für die veränderlich langen Vorschläge galt die Regel, dass die Länge des Vorschlags die Hälfte der Länge der Hauptnote betrug, bzw. zwei Drittel davon, wenn es sich um eine punktierte Note handelte: "Nach der gewöhnlichen Regel wegen der Geltung dieser Vorschläge finden wir, daß sie die Hälffte von einer folgenden Note, welche gleiche Theile hat (a), und bey ungleichen Theilen (b) zwey Drittheile bekommen" (ebd. S 65). Stand der Vorschlag vor einer Note, an die sich eine andere mit gleicher Tonhöhe anschloss oder auf die eine Pause folgte, so erhielt er die ganze Dauer derselben (ebd.; vgl. Quantz 1752, S. 79f.; Mozart 1756, S. 194-197; Türk 1789, S. 210-212; Koch 1802, Sp. 1721f.; Müller 1815, S. 272; Hummel 1828, S. 391f; Spohr 1832, S. 170; Fürstenau 1844, S. 76).
Ob es sich bei einer kleinen Vorschlagsnote um einen kurzen oder einen langen Vorschlag handelte, war nicht immer aus dem Notenbild ersichtlich. Daniel Gottlieb Türk (1750-1813) stellte deshalb eine Liste der Fälle auf, "in welchen ein Vorschlag kurz werden muß":
"Unveränderlich oder von kurzer Dauer sind alle Vorschläge:
1) Welche vor einer mehrmals wiederholten Note (c, c, c, sc.) stehen
2) Vor einer (besonders etwas kurzen) Note, nach welcher mehrere von gleicher Geltung folgen
3) Vor kurz abzusetzenden (gestoßenen) Tönen
4) Vor springenden Intervallen
5) Zu Anfang eines Satzes, oder eines einzelnen Gedankens sc. desgleichen nach einer Pause
6) Vor Rückungen (synkopirten Noten) ...
7) Wenn vorher eine ähnliche Eintheilung verlangt worden ist
8) Vor punktirten Noten in etwas geschwinder Bewegung (a), besonders zwischen Sprüngen (b)
9) Vor Einschnitten (a), besonders wenn durch einen etwas längern Vorschlag in diesem Falle eine Monotonie (fehlerhafte Eintönigkeit) entstände, wie bey (b)
10) Wenn der Gesang eine Stufe steigt, und sogleich wieder in den vorigen Ton zurück tritt" (Türk 1789, 220-222; vgl. Müller 1815, S. 275-277; Fürstenau
1844, S. 77).
Was die Ausführung der Vorschläge betrifft, so wurde die Vorschlagsnote in der Regel auf der Zählzeit gespielt und grundsätzlich immer an die Hauptnote gebunden. Beim Vortrag langer Vorschläge war zu beachten, dass "alle Vorschläge stärcker, als die folgende Note sammt ihren Zierathen, angeschlagen und an diese gezogen werden, es mag nun ein Bogen dabey stehen oder nicht" (Bach 1753, S. 64; vgl. Türk 1789, S. 217f; Koch 1802, Sp. 1721; Spohr 1832, S. 171; Fürstenau 1844, S. 76). Bei kurzen Vorschlägen wurde dagegen die Hauptnote betont. Zwar formulierte Türk noch vorsichtig: "Da diese unveränderlichen Vorschläge meistentheils durchgehend sind und, nach Sulzers Ausdruck, in der Harmonie nicht in Betrachtung kommen, ... so würde ich die kurzen Vorschläge, im Ganzen genommen, lieber schmeichelnd, als zu stark, vortragen, und den Nachdruck auf den folgenden Ton legen" (Türk 1789, S. 219). Aber schon Koch stellte die Regel auf, dass "der Accent nicht auf den Vorschlag, sondern auf die Hauptnote selbst fällt" (Koch 1802, Sp. 1725; vgl. Hummel 1828, S. 392; Fürstenau 1844, S. 77).
Vorschläge konnten entweder von unten oder von oben ausgeführt werden. Johann Joachim Quantz führte dazu aus: "Die Vorschläge sind eine Aufhaltung der vorigen Note. Man kann sie also, nach Befinden der Stelle wo die vorige Note steht, sowohl von oben, als von unten nehmen. Wenn die vorhergehende Note um eine oder zwo Stufen höher steht, als die folgende, vor welcher sich der Vorschlag befindet: so wird der Vorschlag von oben genommen. Steht aber die vorhergehende Note tiefer als die folgende: so muß auch der Vorschlag von unten genommen werden; und wird mehrentheils zur None, welche sich in die Terze; oder zur Quarte, welche sich in die Quinte über sich, auflöset" (Quantz 1752, S. 77f.).
Quantz fasste alle Vorschläge, ob von unten oder von oben kommend, als "Dissonanzen" auf, die "durch die folgende Note ... ihre gehörige Auflösung" erhielten (ebd.). Leopold Mozart hingegen forderte die Auflösung der absteigenden Dissonanzen und betrachtete daher nur von oben kommende Vorschläge als natürliche Vorschläge: "Die aufsteigenden Vorschläge sind überhaupts nicht so natürlich, als die absteigenden; sonderheitlich die, welche aus dem nächsten, und zwar aus einem ganzen Tone herfliessen: weil sie allezeit Dissonanten sind. Wer weis aber nicht, daß die Dissonanten nicht aufwärts, sondern abwärts müssen gelöset werden? Man handelt demnach sehr vernünftig, wenn man einige Zwischennötchen dazu spielet, die durch die richtige Auflösung der Dissonanten das Gehör vergnügen, und sowohl die Melodie als die Harmonie bessern" (Mozart 1756, S. 201). Für das Violinspiel stellte er die Regel auf, "daß man bey den absteigenden Vorschlägen niemal die leere Seyte zum Vorschlag brauche: sondern daß man, wenn ein Vorschlag auf eine solche fällt, selben allemal mit dem vierten Finger auf der neben liegenden tiefern Seyte nehme" (ebd. S. 199).
Die Vorschläge wurden in der Regel in der Partitur notiert. Fehlten sie, mussten sie improvisatorisch ergänzt werden (Bach 1753, S. 64; vgl. Quantz 1752, S. 80; Türk 1789, S. 202). C. P. E. Bach hat in seiner Klavierschule eine Reihe von Stellen angegeben, an denen Vorschläge angebracht werden konnten.
Lange Vorschläge konnten nach Bach an folgenden Stellen angebracht werden: "Bey gleichem Tacte im Niederschlage Fig. II. (a), und Aufheben (b); bey ungleichem Tacte aber im Niederschlage alleine, Fig. III. allezeit vor einer etwas langen Note. Man findet sie ferner vor den Schluß-Trillern Fig. IV. (a). Vor den halben Cadentzen (b), vor den Einschnitten (c), vor den Fermaten (d), und vor der Schluß-Note nach (e) und ohne vorhergegangenen Triller (f). Wir sehen bey dem Exempel (e), daß nach dem Triller der Vorschlag von unten besser thut, als der von oben, deßwegen würde der Fall bey (g) nicht gut klingen. Langsame punctirte Noten vertragen diese Art von Vorschlägen ebenfals (h). Wenn diese Art von Noten auch schon geschwänzt wären, so muß doch die Zeit-Maaß gemäßiget seyn. Diese veränderlichen Vorschläge von unten kommen nicht leicht anders vor, als wenn sie die vorige Note wiederholen; die aber von oben trifft man auch ausserdem an" (ebd. S. 64f.).
Zu den kurzen Vorschlägen bemerkte Bach: "Es ist gantz natürlich, daß die unveränderlichen kurtzen Vorschläge am häuffigsten bey kurtzen Noten vorkommen, Fig. VIII. (a). Sie werden ein, zwey, dreymahl oder noch öffter geschwäntzt und so kurtz abgefertiget, daß man kaum merckt, daß die folgende Note an ihrer Geltung etwas verliehret. Dem ohngeacht kommen sie auch vor langen Noten vor, zu weilen wenn ein Ton einige mahl angeschlagen wird (b), auch ausser dem (c). Man findet sie ebenfalls vor Einschnitten bey einer geschwinden Note (d), bey Rückungen (e), Bindungen (f) und bey Schleiffungen (g); Die Natur dieser Noten bleibt dadurch unverletzt. Das Exempel bey (h) mit Vorschlägen von unten thut besser, wenn die Vorschläge als Achttheile gespielt werden. Uebrigens müssen bey allen Exempeln über die kurtzen Vorschläge, diese letztern kurtz bleiben, wenn auch die Exempel langsam gespielt werden" (ebd. S. 65f.).
Quantz versuchte, eine Regel für das Anbringen von Vorschlägen zu formulieren: "Wenn nach einer, oder etlichen kurzen Noten, im Niederschlage, oder Aufheben des Tactes, eine lange Note folget, und in consonirender Harmonie liegen bleibt; so muß vor der langen, um den gefälligen Gesang beständig zu unterhalten, ein Vorschlag gemachet werden. Die vorhergehende Note wird zeigen, ob er von oben oder unten genommen werden müsse. (...) Zugleich wird man aus diesem Exempel ersehen, daß die Vorschläge meistentheils vor solchen Noten stehen, welche geschwindere Noten entweder vor, oder nach sich haben: und daß auch, bey dem größten Theile der Triller, Vorschläge erfodert werden. Ich will ein klein Exempel geben, welches die meisten Arten der Vorschläge in sich hält, s. Fig. 26" (Quantz 1752, S. 80).
Türk hat in seiner Klavierschule ebenfalls "einige Fälle nahmhaft" gemacht, "worin Vorschläge statt finden können" (Türk 1789, S. 202): "Wenn nach mehreren kurzen Noten eine etwas lange folgt, die auf einen guten Takttheil fällt und ein konsonirendes Intervall bezeichnet, so kann vor diesem länger auszuhaltenden Tone ein Vorschlag angebracht werden, und zwar von oben, wenn die vorige Note höher (a), von unten, wenn sie tiefer steht (b). Eben so findet ein Vorschlag statt zwischen absteigenden Terzen (c), ..."
"... vor einer wiederholten Note (d), bey auf- und absteigenden Sekunden (e), vor dem sogenannten Schlußtriller (f), vor der Schlußnote ganzer (g) und halber Tonschlüsse (h), besonders wenn ... kürzere Noten vorher gegangen sind (i), vor Fermaten (k) u.s.w. Außer diesen Fällen giebt es noch eine Menge anderer, in welchen Vorschläge angebracht werden können. Jedoch wird dabey nicht nur ein geübtes Ohr, sondern auch Einsicht in die Setzkunst oder wenigstens Kenntniß vom Generalbasse und ein gebildeter Geschmack vorausgesetzt" (ebd. S. 203).
Im 19. Jahrhundert ging man dazu über, kurze und lange Vorschläge optisch zu unterscheiden. Der kurze Vorschlag wurde als kleine Note mit einem Querstrich durch den Notenhals dargestellt: "Er wird geschrieben als Achtel, oder öfter als Sechszehntheil, wodurch noch ein kurzer Queerstrich gehet; z. B." (Müller 1815, S. 275; vgl. Hummel 1828, S. 392; Spohr 1832, S. 171; Fürstenau 1844, S. 77).
Ein Vorschlag von unten und ein Vorschlag von oben konnten zu einem "Anschlag" oder "Doppelvorschlag" kombiniert werden. Türk führte dazu aus: "Wenn man zwey Vorschläge, einen von unten und den andern von oben, zusammensetzt, so entsteht hieraus der so genannte Anschlag, welchen verschiedene Tonlehrer, in Rücksicht seiner Entstehung, nicht unschicklich den Doppelvorschlag nennen. Er wird auf zweyerley Art, nämlich kurz und lang, gebraucht" (Türk 1789, S. 241; vgl. Müller 1815, S. 277).
"Der kurze oder unpunktirte Anschlag hat am gewöhnlichsten den Ton unter und über der (folgenden) Hauptnote zu Vorschlägen a); wenigstens bleibt der zweyte Vorschlag immer unverändert, nämlich die Sekunde über der Hauptnote. Nur der erste Vorschlag ist in Ansehung seines Standortes veränderlich, und wiederholt dann und wann die vorhergehende Hauptnote b); daher entsteht in diesem Falle oft ein Anschlag von der bey c) sc. angezeigten Art. Der unter der zweyten Notenreihe beygefügte Vortrag zeigt, daß diese Anschläge insgesammt schwächer angegeben werden, als die folgende Hauptnote. Die geschwindere oder etwas langsamere Ausführung dieser Manier hängt größtentheils von dem Standorte des ersten kleinen Nötchens ab. Verhält sich dieses zu der folgenden Hauptnote nur wie eine Sekunde, so wird der Anschlag immer unverändert, nämlich geschwind, gespielt. Etwas langsamer trägt man diese Manier vor, wenn das erste kleine Nötchen von der folgenden Hauptnote mehrere Stufen entfernt ist, wie bey c) d) e) und f)" (ebd. S. 241f.; vgl. Müller 1815, S. 278; Hummel 1828, S. 393).
"Der lange oder punktirte Anschlag, welcher aus einem veränderlich langen und unveränderlich kurzen Vorschlage zusammengesetzt ist, kann nur in langsamer oder sehr gemäßigter Bewegung vorkommen, weil er jederzeit eine mehr oder weniger langsame Ausführung erfordert, je nachdem der in einem Tonstücke herrschende Affekt mehr oder weniger zärtlich, traurig sc. ist. Die eigentliche Dauer dieser Manier läßt sich daher nicht immer ganz genau bestimmen; indeß habe ich die gewöhnlichste Geltung derselben unten bey b) angezeigt" (ebd. 243f.; vgl. Müller 1815, S. 278).
Gleichartige Vorschläge konnten ebenfalls kombiniert werden. Türk sprach in diesem Fall von "Schleifern": "Der Schleifer (Coulé) besteht aus zwey oder drey stufenweise steigenden oder fallenden Vorschlägen, welche - wie schon die Benennung sagt - jederzeit an ihre Hauptnote geschleift werden, diese mag eine Stufe höher oder tiefer stehen, als der letzte Ton der erwähnten Manier. Der Unterschied zwischen dem Anschlage und dem (ihm ähnlichen) Schleifer von zwey Nötchen besteht hauptsächlich darin, daß der Letztere jederzeit stufenweise fortschreitet a), da hingegen der Anschlag allemal aus einem Sprunge zusammengesetzt ist b). Füllt man diesen Sprung aus, so entsteht der Schleifer von drey Vorschlägen c). Die Zusammensetzung des Schleifers und Anschlages bey d) e ) und f) gehört bis jetzt mehr zu den willkührlichen Verzierungen, als zu den wesentlichen Manieren. Es giebt zwey Hauptarten von Schleifern, nämlich kurze oder unpunktirte, und lange oder punktirte" (ebd. S. 245).
"Der unpunktirte Schleifer von zwey Tönen kommt im Auf- a) und Absteigen b) vor; doch ist die letztere Art etwas seltener. In beyden Fällen wird er gebraucht, um dadurch vorzüglich die Lebhaftigkeit zu vermehren; daher muß diese Manier, ohne Rücksicht der folgenden längern oder kürzern Note, geschwind gespielt werden c)" (ebd. S. 246).
Einen aufsteigenden Schleifer, dessen mittlerer Ton auf der gleichen Tonhöhe wie der Hauptton liegt, bezeichnete Türk als "umgekehrten Doppelschlag": "Der Schleifer von drey Tönen oder der umgekehrte (aufsteigende) Doppelschlag erfordert eine dem jedesmaligen Affekte angemessene, und folglich sehr verschiedene Ausführung. Hat das Tonstück einen muntern Charakter, so wird dieser Schleifer geschwind und stark vorgetragen a); je trauriger aber der Affekt ist, je matter und langsamer führt man die erwähnte Manier aus b). Doch darf sie der folgenden Hauptnote nicht leicht mehr als ungefähr die Hälfte von ihrer Dauer entziehen, daher wäre die Ausführung bey c) zu langsam" (ebd. S. 247; vgl. Müller 1815, S. 278f.; Hummel 1828, S. 394; Spohr 1832, S. 174).
"Der lange oder punktirte Schleifer wird gewöhnlich nur in Tonstücken von einem gefälligen oder zärtlichen sc. Charakter in ziemlich langsamer Bewegung gebraucht" (ebd. S. 248; vgl. Müller 1815, S. 279).
Die Gitarrenschulen des frühen 19. Jahrhunderts beschränkten sich in der Regel auf kurze, spieltechnische Hinweise zum Vorschlag. Weitergehende Kenntnisse wurden bei den Spielern vorausgesetzt. Dies behauptete zumindest Heinrich Christian Bergmann: "Von den verschiedenen Arten der Vorschläge, von ihrer Länge oder Kürze und dergl., geschieht hier keine Erwähnung, weil man diese Kenntniß zum voraus setzt; aber von ihrer Behandlung, wie sie auf der Guitarre müssen vorgetragen werden, ist es nöthig, einige Worte zu sagen" (Bergmann 1802, S. 54). Der eigentliche Grund für den Verzicht auf theoretische Ausführungen dürfte darin gelegen haben, die Zielgruppe der Gitarrenamateure nicht zu überfordern und den Umfang der Gitarrenschulen zu begrenzen.
Bergmann stellte die Regel auf, einen Vorschlag von oben mit zwei Fingern auszuführen, damit die Vorschlagsnote nicht auf einer leeren Saite liegt: "Eine bekannte Regel ist die: daß der Vorschlag und die Note, wovor er steht, nicht dürfen getrennt werden. Folglich darf auf keiner bloßen Saite ein Vorschlag kommen, wenn die Hauptnote tiefer steht. Indes können allerdings Vorschläge statt finden, wozu die bloße Saite verlangt wird; nur muß dafür, auf der tiefer liegenden Saite eine Stufe gleichen Tones gegriffen werden, nemlich: Hier wird der Vorschlag e auf der fünften Stufe der h Saite genommen, wo man beym Eintritt der Note, den Finger von dem Vorschlag abnimmt, und der Note d weiter keinen besondern Anschlag, mit der rechten Hand, giebt" (Bergmann 1802, S. 54f.).
Die Hauptnote, an die die Vorschlagsnote gebunden war, durfte dagegen auf einer leeren Saite liegen: "Dies gilt auch von dem Vorschlag, wenn die Hauptnote auf einer bloßen Saite liegt, z. B. [siehe Abb.] Das fis bekömmt einen eigenen Anschlag, und beym Eintritt der Note e, wird der Finger aufgehoben, wo die bloße Saite alsdenn den Ton schon von selbst angiebt" (ebd. S. 55; vgl. N. N. 1802, S. 13). In diesem Fall wurde der Vorschlag mit nur einem Greiffinger ausgeführt. Dass dies zu einem anderen klanglichen Ergebnis führte, spielte für Bergmann keine Rolle. In der Zeit um 1800 wurden leere Saiten beim Gitarrenspiel wesentlich häufiger verwendet als später, als man sich um klangliche Homogenität bemühte.
Francesco Molino empfahl, für die Ausführung von Vorschlägen immer zwei Finger zu verwenden: "So oft ein Vorschlag über einer Note steht, muss man, ehe man ihn anschlägt, den Finger auf die Hauptnote gesetzt haben, damit man jenen um so schneller abfertigen kann. Vorschläge müssen, um gut zu klingen, mit der Hauptnote immer auf derselben Saite gemacht werden" (Molino 1813, S. 27f.; ders. 1817, S. 37f.; vgl. Blum 1818, S. 22). Auf diese Weise konnten leere Saiten vermieden werden. Auch Anton Gräffer empfahl die Ausführung mit zwei Fingern: "Diese werden gewöhnlich geschliffen und stärker angeschlagen, und es müssen besonders jene Noten, auf welche der Vorschlag fallen soll, rein und fest am Ende des Bundes aufgedrückt werden, damit der Ton leichter ansprechen könne" (Gräffer 1811, S. 28).
Für den Fall, dass ein benachbarter Finger für die Ausführung eines Vorschlags nicht zur Verfügung stand, hatte Johann Jakob Staehlin eine besondere Lösung parat. In diesem Fall sollte der Vorschlag wie bei einem Glissando mit nur einem Greiffinger ausgeführt werden: "Es ist daher besser in diesem Fall den Vorschlag und die Hauptnote ... mit dem nemlichen Finger zu greiffen. Nachdem der 4te Finger hier gis gegriffen hat, schiebt man denselben einen Bund weiter auf a. Die linke Hand behält dadurch eine ruhigere Lage, und das Spiel wird fließender" (Staehlin 1811, S. 36; vgl. Giuliani 1812, S. 32; Kníže 1820, S. 27).
Bei mehreren Vorschlagsnoten musste die Abzieh- oder Aufschlagbindung mit drei Greiffingern erfolgen: "Bey mehreren Vorschlägen, wird der erste blos angeschlagen, und die andern gehen durch, nemlich so: [siehe Abb.]" (Bergmann 1802, S. 56; vgl. N. N. 1802, S. 13; Pelzer 1835, S. 48). Eine Verzierung, die aus zwei oder drei Vorschlägen bestand, wurde als "doppelter Vorschlag" oder "Doppelvorschlag" bezeichnet (vgl. Gräffer 1811, S. 28; Molino 1813, S. 27; Blum 1818, S. 24; Kníže 1820, S. 27; Bathioli 1825 Theil I/2, S. 24; Bruni 1834, S. 16; Aguado 1843, § 136). Nur selten differenzierte man genauer und bezeichnete eine Verzierung, die aus zwei oder drei stufenweise ansteigenden oder abfallenden Vorschlägen bestand, als "Schleifer" (Doisy 1802, S. 65; Bathioli 1825 Theil I/2, S. 24f.) und eine Verzierung, die sich aus einem Vorschlag von unten und einem von oben zusammensetzte, als "doppelten Anschlag" (Bathioli 1825 Theil I/2, S. 24f.). Eine klare begriffliche Unterscheidung zwischen Doppelvorschlag, Schleifer und Schneller findet sich in Harders Gitarrenschule (Harder 1819, S. 27).
Während in den deutschsprachigen Gitarrenschulen der Begriff "Vorschlag" verwendet wurde, gab es in den französischen Gitarrenschulen keine einheitliche Terminologie. Jean-Baptiste Phillis bezeichnete den Vorschlag von unten als "Chûte" (dt. Fall) und den Vorschlag von oben als "Tirade" (Phillis 1799, S. 7f.). François Doisy hingegen nannte den Vorschlag von oben "Chûte" und den Vorschlag von unten "Son-porté" (Doisy 1801, S. 61). Antoine Lemoine wiederum bezeichnete den Vorschlag als "Coulé" (Lemoine 1799, S. 17). In den 1810er Jahren setzten sich drei Begriffe durch, die fortan verwendet wurden. Zum einen wurde das Lehnwort "Appoggiature" aus dem Italienischen übernommen (Giuliani 1812, S. 32; Molino 1813, S. 27; Aguado 1826, § 329; Varlet 1827, S. 10; Defrance 1834, S. 32; Carcassi 1836, S. 41; Meissonnier 1839, S. 13). Zum anderen wurden die eher allgemeinen Begriffe "petite note" (Carulli 1819, S. 35; Joly 1819, S. 39; Mure 1825, S. 10; Mathieu 1825, S. 12; Henry 1826, S. 39; Defrance 1834, S. 32; Carcassi 1836, S. 41; Roy 1840, S. 12) und "note d'agrément" verwendet (vgl. Bédard 1807, S. 7; Aubert 1813, S. 6; Marescot 1825 I, S. 13; Aubery du Boulley 1828, S. 39; Varlet 1827, S. 10; Ledhuy 1828, S. 15; Meissonnier 1828, S. 34; Noriéga 1833, S. 27; Defrance 1834, S. 32; Lagoanere 1835, S. 14; Plouvier 1836, S. 50).
Die Bevorzugung unspezifischer Begriffe wie "petit note" oder "note d'agrément" gegenüber klar definierten Begriffen wie Appoggiatura oder Vorschlag, lag in ihrer flexibleren Verwendbarkeit begründet. So wurden im Französischen auch Verzierungen, die aus zwei, drei oder vier Vorschlägen bestanden, als "agréments" oder "notes d'agrément" bezeichnet (vgl. Carulli 1819, S. 35; 1822, S. 37; Mathieu 1825, S. 12; Ledhuy 1828, S. 15; Aubery du Boulley 1828, S. 39; Meissonnier 1828, S. 34; Defrance 1834, S. 32; Lagoanere 1835, S. 14; Plouvier 1836, S. 50), als "petites notes simples, doubles ou triples & c." (Joly 1819, S. 39) oder "petits groupes" (Aguado 1826, § 335). Für die französischen Gitarristen bestand also nur ein gradueller, kein prinzipieller Unterschied zwischen einem Vorschlag, einem Doppelvorschlag, einem Schleifer und einem Doppelschlag. Nur selten wurde der "Vorschlag" (appoggiatura) begrifflich vom "Doppelschlag" (gruppetto) abgegrenzt, wie bei Pierre Joseph Plouvier (Plouvier 1816, S. 18).
Die Frage nach der Dauer eines Vorschlags wurde von den Gitarrenschulen unterschiedlich beantwortet. Nach Jean-Baptiste Phillis konnten die Vorschläge lang oder kurz ausgeführt werden. In beiden Fällen begannen sie auf der Taktposition der Hauptnote: "Sie werden oft mit einer Bassnote ausgeführt, die gleichzeitig mit der ersten Note der Chûte [= Vorschlag von unten] gezupft werden muss, ob diese Note einen Wert hat oder nicht" (Phillis 1799, S. 7 übers.). François Doisy hingegen stellte die Vorschläge als unveränderliche kurze Vorschläge ohne Wert im Takt dar: "Der Son-porté [= Vorschlag von unten] wird gewöhnlich durch eine oder mehrere kleine Noten ohne Wert angegeben, die von einer Bindung mit der ersten Note, die einen Wert hat, umschlossen sind" (Doisy 1801, S. 61 übers.). Viele Gitarristen folgten dieser Entscheidung und führten in ihren Gitarrenschulen Vorschläge als kurze Vorschläge ein. In Molinos Nouvelle Méthode pour la Guitare (1813) heißt es beispielsweise: "Ihre sehr kurze Dauer muss man im Spielen von der Hauptnote abziehn" (Molino 1813, S. 27; ders. 1817, S. 37; vgl. Giuliani 1812, S. 32f.; Blum 1818, S. 22; Marescot 1825, S. 13; Henry 1826, S. 39; Aubery du Boulley 1828, S. 39; Meissonnier 1828, S. 34; Bruni 1834, S. 16; Hamilton 1834, S. 5; Pelzer 1835, S. 48; Aguado 1843, § 132; Legnani 1847, S. 20). Andere Gitarristen hingegen definierten Vorschläge als veränderlich lange Vorschläge. So stellte Carulli in seiner Méthode Complette pour Guitare ou Lyre (1819) fest: "Die kleine Note ist eine Verzierungsnote in der Musik, die keinen Wert hat, sondern die Hälfte des Wertes der Note annimmt, die auf sie folgt, und man bindet sie an diese" (Carulli 1819, S. 35 übers.; vgl. Lemoine 1803, S. 17; Gräffer 1811, S. 28; Lehmann 1820, S. 12; Molino 1823, S. 37; Bathioli 1825 Theil I/2, S. 23; Mathieu 1825, S. 12; Aguado 1825, § 329; Ledhuy 1828, S. 15; Seegner 1828, S. 4; Defrance 1834, S. 32; Roy 1840, S. 12). August Harder unterschied dagegen klar zwischen veränderlichen und unveränderlichen Vorschlägen und empfahl, veränderliche Vorschläge ohne Bindung zu spielen (Harder 1819, S. 25f.78).
Einige Gitarristen verzichteten darauf, die Dauer der Vorschlagsnoten festzulegen, und machten sie vom musikalischen Kontext abhängig, wie z. B. Bénigne Henry: „Wenn die Gitarre singt, macht sie oft kleine Verzierungsnoten, die der Musik Anmut und Ausdruck verleihen und die gewöhnlich mit einer Hauptnote verbunden sind. Diese kleinen Noten haben keinen wirklichen Wert, da die mehr oder weniger kurze Zeit, die man für sie braucht, vom Wert der großen Note abgezogen wird, die auf sie folgt“ (Henry 1823, S. 27 übers.). Noch deutlicher formulierte es Pierre Joseph Plouvier: "Diese kleine Note nimmt gewöhnlich die Hälfte des Wertes der großen Note an. Das hängt vom Charakter des Musikstücks oder vom Ausdruck ab, den man einer Phrase geben will, vor allem in der Instrumentalmusik, wo die Appoggiatura nicht immer diesen Wert beibehält" (Plouvier 1836, S. 50 übers.).
In den 1820er Jahren ging man in den Gitarrenschulen dazu über, sowohl kurze als auch lange Vorschläge zu berücksichtigen und sie durch unterschiedliche Zeichen im Notentext kenntlich zu machen. In Carcassis Vollständige[r] Guitareschule (1836) heißt es beispielsweise: "Vorschläge sind klein geschriebene Noten die den gewöhnlich geschrieben[en] vorgesetzt werden, und die Hälfte der letzteren gelten. In diesem Falle hat der Vorschlag seine bestimmte Dauer, dagegen gibt es auch Vorschläge von kurzer Dauer. Um deren längere oder kürzere Dauer zu unterscheiden, bezeichnet man erstere durch eine kleine Achttheil Note und letztere durch eine dergleichen quer durchstrichene" (Carcassi 1836, S. 41; vgl. Bathioli 1825 Theil II/1, S. 23; Varlet 1827, S. 10; Mertz 1848, S. 22). Die Gitarristen folgten den musikalischen Konventionen und schlugen lange Vorschläge stärker an als die folgende Note. Bei kurzen Vorschlägen hingegen betonten sie die Hauptnote (Bathioli 1825 Theil II/1, S. 23; Carcassi 1836, S. 41).